Vergaberecht & Öffentlicher Einkauf

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VgV § 75 Eignung

(1) Wird als Berufsqualifikation der Beruf des Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten oder Stadtplaners gefordert, so ist zuzulassen, wer nach dem für die öffentliche Auftragsvergabe geltenden Landesrecht berechtigt ist, die entsprechende Berufsbezeichnung zu tragen oder in der Bundesrepublik Deutschland entsprechend tätig zu werden.

(2) Wird als Berufsqualifikation der Beruf des „Beratenden Ingenieurs“ oder „Ingenieurs“ gefordert, so ist zuzulassen, wer nach dem für die öffentliche Auftragsvergabe geltenden Landesrecht berechtigt ist, die entsprechende Berufsbezeichnung zu tragen oder in der Bundesrepublik Deutschland entsprechend tätig zu werden.

(3) Juristische Personen sind als Auftragnehmer zuzulassen, wenn sie für die Durchführung der Aufgabe einen verantwortlichen Berufsangehörigen gemäß Absatz 1 oder 2 benennen.

(4) Eignungskriterien müssen gemäß § 122 Absatz 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und zu diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen. Sie sind bei geeigneten Aufgabenstellungen so zu wählen, dass kleinere Büroorganisationen und Berufsanfänger sich beteiligen können.

(5) Die Präsentation von Referenzprojekten ist zugelassen. Verlangt der öffentliche Auftraggeber geeignete Referenzen im Sinne von § 46 Absatz 3 Nummer 1, so lässt er hierfür Referenzobjekte zu, deren Planungs- oder Beratungsanforderungen mit denen der zu vergebenden Planungs- oder Beratungsleistung vergleichbar sind. Für die Vergleichbarkeit der Referenzobjekte ist es in der Regel unerheblich, ob der Bewerber bereits Objekte derselben Nutzungsart geplant oder realisiert hat.

(6) Erfüllen mehrere Bewerber an einem Teilnahmewettbewerb mit festgelegter Höchstzahl gemäß § 51 gleichermaßen die Anforderungen und ist die Bewerberzahl auch nach einer objektiven Auswahl entsprechend der zugrunde gelegten Eignungskriterien zu hoch, kann die Auswahl unter den verbleibenden Bewerbern durch Los getroffen werden.

Zu Absatz 1
Absatz 1 entspricht der Regelung des bisherigen § 19 Absatz 1 VOF und wurde lediglich aktualisiert. Dabei handelt es sich um keine abschließende Qualifikationsregelung; der weitere Eignungsnachweis über entsprechende Erfahrungen soll damit nicht beschränkt werden. Gleichwertige Bescheinigungen anderer Mitgliedstaaten sind anzuerkennen.

Zu Absatz 2
Absatz 2 entspricht der Regelung des bisherigen § 19 Absatz 2 VOF und wurde lediglich aktualisiert. Dabei handelt es sich um keine abschließende Qualifikationsregelung; der weitere Eignungsnachweis über entsprechende Erfahrungen soll damit nicht beschränkt werden. Gleichwertige Bescheinigungen anderer Mitgliedstaaten sind anzuerkennen.

Zu Absatz 3
Absatz 3 entspricht der Regelung des bisherigen § 19 Absatz 3 VOF.

Zu Absatz 4
Absatz 4 Satz 1 betont den Grundsatz des § 122 Absatz 4 GWB, wonach Eignungskriterien mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und zu diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen müssen. Weil in der Praxis häufig gegen die Angemessenheit der Anforderungen verstoßen und damit der Wettbewerb ohne sachlichen Grund einschränkt wird, ist dieser Grundsatz gerade bei der Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen von einer derart überragenden Bedeutung, dass in diesem Abschnitt gesondert darauf hingewiesen wird.

Der folgende Absatz 4 Satz 2 greift den Grundsatz des bisherigen § 2 Absatz 4 VOF auf. Der Grundsatz der Angemessenheit von Eignungskriterien wird bei geeigneten Projekten dahingehend konkretisiert, dass sie so zu wählen sind, dass kleinere Büroorganisationen und Berufsanfänger sich am Wettbewerb beteiligen können. In der Praxis ist immer wieder festzustellen, dass der Grundsatz des bisherigen § 2 Absatz 4 VOF bisher ins Leere läuft. Zu wenige kleinere Büroorganisationen und Berufsanfänger können sich an den Vergabeverfahren beteiligen, weil sie z. B. die Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers an Referenzprojekte nicht erfüllen können. Es entsteht ein Kreislauf, der den zwangsläufigen Ausschluss von kleineren Büros bedeutet: sie können kein Referenzprojekt erarbeiten und demnach in der Folge bei den nächsten Ausschreibungen kein Referenzprojekt vorweisen.

Zu Absatz 5
Absatz 5 Satz 1 entspricht dem bisherigen § 20 Absatz 2 VOF. Bei der Vergabe von Planungsleistungen spielt die Vorlage und Beurteilung von Referenzprojekten eine herausragende Rolle. Dabei soll es in der Verhandlung mit den Bietern weiterhin möglich bleiben, über die Referenzprojekte jenseits der vorher festgestellten Erfüllung der Eignungskriterien zu diskutieren.

Auch Absatz 5 Satz 2 greift das vorgenannte Praxisproblem der überzogenen Anforderungen an Referenzprojekte auf. Es wird festgelegt, dass die Vergleichbarkeit der Planungsanforderung gegeben sein muss. Der Begriff „Planungsanforderungen“ weist auf die Definition in § 5 HOAI hin und gibt der Praxis insoweit eine Hilfestellung. Die Honorarstufen der Referenzprojekte müssen in Beziehung gesetzt werden zu den Planungsanforderungen der ausgeschriebenen Planungsleistung. Weitere, die Vergleichbarkeit eingrenzende Regelungen im Sinne von „höchstens eine Stufe darunter“, „genau die gleiche Schwierigkeitsstufe“ etc., wurden ausdrücklich nicht aufgenommen, weil der Ermessensspielraum des öffentlichen Auftraggebers im Einzelfall erhalten bleiben muss.

Absatz 5 Satz 2 gibt darüber hinaus dem Auftraggeber eine Hilfestellung im Hinblick auf die oft geforderte Vergleichbarkeit in Bezug auf die Nutzungsart der Referenzprojekte. Für die Vergleichbarkeit der Referenzprojekte ist es nicht zwangsläufig erforderlich, dass das Referenzprojekt die gleiche Nutzungsart wie das zu planende Projekt aufweist. Beispielsweise ist es in den meisten Fällen unerheblich, ob die zu planende Baumaßnahme für einen öffentlichen Auftraggeber erfolgte oder für einen privaten Bauherrn. Genauso wenig ist für die Vergabe der Planung eines Kindergartens erforderlich, dass das Referenzobjekt ebenfalls ein Kindergarten war. Jedenfalls müssten dann zusätzlich Umstände gegeben sein, die dies rechtfertigen. Mit der Regelung soll ein Signal an die Praxis erfolgen, das häufig zu beobachtenden „gedankenlose“ Fordern der gleichen Nutzungsart, zumindest zu überdenken. Im Übrigen sind die öffentlichen Auftraggeber frei in Ihrer Entscheidung, welche Anforderungen an Referenzprojekte sie als angemessen und für notwendig erachten.

Zu Absatz 6
Absatz 6 entspricht weitgehend dem bisherigen § 10 Absatz 3 VOF, er wurde lediglich präzisiert. In der Praxis kommt es häufig vor, dass trotz objektiver Auswahl an Hand qualitativer Kriterien zu viele gleich geeignete Bewerber übrig bleiben. Wenn es dem öffentlichen Auftraggeber aus objektiv nachvollziehbaren Gründen nicht möglich ist, den Kreis der Bewerber auf die vorgesehenen Zahl zu begrenzen, muss eine Losentscheidung möglich sein, damit der Auftraggeber mit einer noch handhabbaren Anzahl von Bewerbern die Verhandlungen aufnehmen kann. Die Begrenzung der Anzahl der Bewerber (Höchst- und Mindestzahl), die zu Verhandlungen aufgefordert werden, erfolgt nach § 51.


Quelle: Verordnung zur Modernisierung des Vergaberechts (Vergaberechtsmodernisierungsverordnung – VergRModVO)

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