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VgV § 65 Ergänzende Verfahrensregeln
(1) Neben dem offenen und dem nicht offenen Verfahren stehen dem öffentlichen Auftraggeber abweichend von § 14 Absatz 3 auch das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb, der wettbewerbliche Dialog und die Innovationspartnerschaft nach seiner Wahl zur Verfügung. Ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb steht nur zur Verfügung, soweit dies nach § 14 Absatz 4 gestattet ist.
(2) Die Laufzeit einer Rahmenvereinbarung darf abweichend von § 21 Absatz 6 höchstens sechs Jahre betragen, es sei denn, es liegt ein im Gegenstand der Rahmenvereinbarung begründeter Sonderfall vor.
(3) Der öffentliche Auftraggeber kann für den Eingang der Angebote und der Teilnahmeanträge unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen Dienstleistung von den §§ 15 bis 19 abweichende Fristen bestimmen. § 20 bleibt unberührt.
(4) § 48 Absatz 3 ist nicht anzuwenden.
(5) Bei der Bewertung der in § 58 Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 genannten Kriterien können insbesondere der Erfolg und die Qualität bereits erbrachter Leistungen des Bieters oder des vom Bieter eingesetzten Personals berücksichtigt werden. Bei Dienstleistungen nach dem Zweiten und Dritten Buch Sozialgesetzbuch können für die Bewertung des Erfolgs und der Qualität bereits erbrachter Leistungen des Bieters insbesondere berücksichtigt werden:
- Eingliederungsquoten,
- Abbruchquoten,
- erreichte Bildungsabschlüsse und
- Beurteilungen der Vertragsausführung durch den öffentlichen Auftraggeber anhand transparenter und nichtdiskriminierender Methoden.
Vor dem Hintergrund des von der Richtlinie 2014/24/EU vorgesehenen Spielraums der Mitgliedstaaten der Europäischen Union bei der Ausgestaltung des Vergabeverfahrens im Bereich der sozialen und anderen besonderen Dienstleistungen stellt § 65 ergänzende Verfahrensregelungen auf, um das Vergabeverfahren weiter zu vereinfachen.
Zu Absatz 1
Absatz 1 stellt klar, dass der öffentliche Auftraggeber bei der Vergabe von sozialen und anderen besonderen Dienstleistungen entsprechend § 130 Absatz 1 GWB frei zwischen dem offenen Verfahren, dem nicht offenen Verfahren, dem Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb, dem wettbewerblichen Dialog und der Innovationspartnerschaft wählen kann.
Zu Absatz 2
Mit Absatz 2 wird den Besonderheiten personenbezogener Dienstleistungen Rechnung getragen und der Abschluss von Rahmenvereinbarungen mit einer Laufzeit von bis zu sechs Jahren ermöglicht.
Bei typisierter Betrachtung liegt im Hinblick auf personenbezogene Dienstleistungen ein abweichender Sonderfall im Sinne des Artikels 33 Absatz 1 Unterabsatz 3 der Richtlinie 2014/24/EU vor. Die Abweichung liegt im Rahmen der von Artikel 76 Absatz 1 der Richtlinie 2014/24/EU vorgesehenen Verfahrensgestaltung durch die Mitgliedstaaten im Bereich der sozialen und anderen besonderen Dienstleistungen.
Entsprechend der allgemeinen Regelung in § 21 Absatz 6 kann im Sonderfall die Laufzeit der Rahmenvereinbarung mehr als sechs Jahre betragen, wenn der Gegenstand der Rahmenvereinbarung eine längere Laufzeit rechtfertigt. Ein solcher Sonderfall besteht zum Beispiel bei Modellvorhaben im Sinne der §§ 63 ff. Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V), die gemäß § 63 Absatz 5 Satz 2 SGB V im Regelfall auf längstens acht Jahre zu befristen sind.
Zu Absatz 3
Mit Absatz 3 werden im Interesse beschleunigter und effizienter Verfahren die Fristen für die Teilnahme am Vergabeverfahren flexibilisiert. Die vom öffentlichen Auftraggeber festgelegten Fristen müssen angemessen sein.
Zu Absatz 4
Mit Absatz 4 wird die Akzeptanzpflicht der Einheitlichen Europäischen Eigenerklärung im Bereich der sozialen und anderen besonderen Dienstleistungen aufgehoben.
Zu Absatz 5
Absatz 5 Satz 1 sieht im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH (EuGH, Urteil vom 26. März 2015, C-601/13 – „Ambisig“) die Möglichkeit vor, bestimmte, personen- oder bieterbezogene Kriterien mit Bezug zum Auftragsgegenstand bei der Vergabe von sozialen und anderen besonderen Dienstleistungen zu berücksichtigen. Hiermit wird der Regelungsgehalt des § 4 Absatz 2 Satz 3 sowie § 5 Absatz 1 Satz 3 der bisherigen Vergabeverordnung überführt. Die Gewichtung der genannten Zuschlagskriterien wird – wie in der allgemeinen Regelung in § 58 Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 – nicht mehr auf 25 Prozent begrenzt.
Mit Absatz 5 Satz 2 wird im Hinblick auf Leistungen nach dem SGB II und III beispielhaft hervorgehoben, welche Kriterien für die Bewertung des Erfolgs und der Qualität in Betracht kommen. So können in die Bewertung der Angebote für personenbezogene Dienstleistungen wie beispielsweise Arbeitsmarktdienstleistungen und Schulungs- oder Weiterbildungsdienstleistungen insbesondere Integrationsergebnisse, erreichte Bildungsabschlüsse oder die Beurteilung der Vertragsausführung durch den öffentlichen Auftraggeber einfließen. Der öffentliche Auftraggeber hat dabei einen Ermessensspielraum, ob und inwieweit er Erfolg und Qualität bereits erbrachter Leistungen bei der Bewertung von Organisation, Qualifikation und Erfahrung berücksichtigen will. Die Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung sind dabei einzuhalten.
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