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VgV § 56 Prüfung der Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträge und Angebote; Nachforderung von Unterlagen
(1) Die Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträge und Angebote sind auf Vollständigkeit und fachliche Richtigkeit, Angebote zudem auf rechnerische Richtigkeit zu prüfen.
(2) Der öffentliche Auftraggeber kann den Bewerber oder Bieter unter Einhaltung der Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung auffordern, fehlende, unvollständige oder fehlerhafte unternehmensbezogene Unterlagen, insbesondere Eigenerklärungen, Angaben, Bescheinigungen oder sonstige Nachweise, nachzureichen, zu vervollständigen oder zu korrigieren, oder fehlende oder unvollständige leistungsbezogene Unterlagen nachzureichen oder zu vervollständigen. Der öffentliche Auftraggeber ist berechtigt, in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen festzulegen, dass er keine Unterlagen nachfordern wird.
(3) Die Nachforderung von leistungsbezogenen Unterlagen, die die Wirtschaftlichkeitsbewertung der Angebote anhand der Zuschlagskriterien betreffen, ist ausgeschlossen. Dies gilt nicht für Preisangaben, wenn es sich um unwesentliche Einzelpositionen handelt, deren Einzelpreise den Gesamtpreis nicht verändern oder die Wertungsreihenfolge und den Wettbewerb nicht beeinträchtigen.
(4) Die Unterlagen sind vom Bewerber oder Bieter nach Aufforderung durch den öffentlichen Auftraggeber innerhalb einer von diesem festzulegenden angemessenen, nach dem Kalender bestimmten Frist vorzulegen.
(5) Die Entscheidung zur und das Ergebnis der Nachforderung sind zu dokumentieren.
§ 56 regelt neben der Prüfung der Teilnahmeanträge und Angebote insbesondere die Nachforderung von Unterlagen. Die Bestimmung dient der Umsetzung von Artikel 56 Absatz 3 der Richtlinie 2014/24/EU und überführt Teile der bisherigen §§ 19 EG und 7 EG Absatz 13 VOL/A in die Vergabeverordnung.
Zu Absatz 1
Absatz 1 stellt klar, dass die Teilnahmeanträge und Angebote zunächst durch den öffentlichen Auftraggeber auf Vollständigkeit sowie auf fachliche Richtigkeit zu prüfen sind. Angebote sind zudem auch auf die rechnerische Richtigkeit hin zu prüfen. Die Prüfung dient der Vorbereitung der Wertung und ist notwendige Voraussetzung für eine mögliche Nachforderung von Unterlagen durch den öffentlichen Auftraggeber.
Zu Absatz 2
Absatz 2 dient der Umsetzung von Artikel 56 Absatz 3 der Richtlinie 2014/24/EU und überführt Teile des bisherigen § 19 EG Absatz 2 Satz 1 VOL/A in die Vergabeverordnung. Die Vorschrift regelt die grundsätzliche Möglichkeit des öffentlichen Auftraggebers, bestimmte Unterlagen unter Berücksichtigung des Transparenz- und des Gleichbehandlungsgrundsatzes nachzufordern. Der Begriff der Erklärungen und Nachweise wird durch den Begriff Unterlagen ersetzt.
Grundsätzlich kann der öffentliche Auftraggeber nur Unterlagen nachfordern, die wirksam gefordert wurden. Die Nachforderungsmöglichkeit scheidet jedoch aus, wenn das Angebot nach § 57 zwingend auszuschließen ist. Das erstmalige Anfordern von Unterlagen, deren spätere Anforderung sich der öffentliche Auftraggeber in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen zunächst vorbehalten hat, stellt zudem keine Nachforderung im Sinne dieser Vorschrift dar.
Hinsichtlich der Nachforderung ist zunächst zwischen in Absatz 3 behandelten leistungsbezogenen Unterlagen, die die Wertung der Angebote anhand der Zuschlagskriterien betreffen, und den in Absatz 2 geregelten Erklärungen zu anderen Punkten zu unterscheiden. Nach Absatz 2 Satz 1 ist bei den Erklärungen zu anderen Punkten wiederum zwischen unternehmensbezogenen und leistungsbezogenen Unterlagen zu unterscheiden. Unternehmensbezogene Unterlagen betreffen die Eignungsprüfung. Die Vorschrift nennt dazu beispielhaft Eigenerklärungen, Angaben, Bescheinigungen oder sonstige Nachweise. Es wird klargestellt, dass fehlende oder unvollständige unternehmensbezogene Unterlagen nachzureichen oder zu vervollständigen sein können. Darüber hinaus besteht die in Artikel 56 Absatz 3 der Richtlinie 2014/24/EU ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit, fehlerhafte unternehmensbezogene Unterlagen korrigieren zu lassen.
Bei leistungsbezogenen Unterlagen soll diese Möglichkeit nach dem Willen des Verordnungsgebers zur Sicherstellung des Wettbewerbs- und Nichtdiskriminierungsgrundsatzes nicht bestehen. Leistungsbezogene Unterlagen, die beispielsweise für die Erfüllung der Kriterien der Leistungsbeschreibung vorzulegen sind, können lediglich nachgereicht oder vervollständigt werden. Dies gilt jedoch ausdrücklich nicht für solche leistungsbezogenen Unterlagen, die in die Wirtschaftlichkeitsbewertung nach den Zuschlagskriterien eingehen und damit die Wertungsreihenfolge beeinflussen können.
Die Möglichkeit der Nachforderung von Unterlagen steht im Ermessen des öffentlichen Auftraggebers. Er kann die Nachforderung auf diejenigen Bieter oder Bewerber beschränken, deren Teilnahmeanträge oder Angebote in die engere Wahl kommen. Er ist nicht verpflichtet, von allen Bietern oder Bewerbern gleichermaßen Unterlagen nachzufordern.
Absatz 2 stellt keine Ausnahme von der Vorschrift des § 42 Absatz 2 dar: In mehrstufigen Verfahren dürfen nur solche Bewerber zur Angebotsabgabe aufgefordert werden, die ihre Eignung im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbs nachgewiesen haben und bei denen keine Ausschlussgründe vorliegen. Die Möglichkeit zur Nachforderung von bieterbezogenen Unterlagen, die Aspekte der Eignung betreffen, besteht also nur bis zum Abschluss des Teilnahmewettbewerbs.
Wenn öffentliche Auftraggeber grundsätzlich keinen Gebrauch von der Nachforderungsmöglichkeit machen wollen, können sie dies nach Absatz 2 Satz 2 bereits in der Auftragsbekanntmachung mitteilen.
Zu Absatz 3
Absatz 3 überführt den Regelungsgehalt des bisherigen § 19 EG Absatz 2 Satz 2 VOL/A in die Vergabeverordnung. Unterlagen, die die Zuschlagskriterien betreffen, dürfen grundsätzlich nicht nachgefordert werden; dies gilt insbesondere für Preisangaben, es sei denn, es handelt sich um unwesentliche Einzelpositionen, bei denen die Nachholung der Einzelpreise den Gesamtpreis nicht verändert oder die Wertungsreihenfolge und den Wettbewerb nicht beeinträchtigt.
Zu Absatz 4
Nach Absatz 4 bestimmt der öffentliche Auftraggeber für das Nachreichen von Unterlagen eine angemessene Frist nach dem Kalender. Die Länge der Frist ist dabei dem Ermessen des öffentlichen Auftraggebers überlassen, weil der Zeitaufwand je nach nachzureichender Unterlage verschieden ausfallen kann.
Zu Absatz 5
Nach Absatz 5 sind die Entscheidung zur Nachforderung und das Ergebnis der Nachforderung zu dokumentieren.
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