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VgV § 53 Form und Übermittlung der Interessensbekundungen, Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträge und Angebote
(1) Die Unternehmen übermitteln ihre Interessensbekundungen, Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträge und Angebote in Textform nach § 126b des Bürgerlichen Gesetzbuchs mithilfe elektronischer Mittel gemäß § 10.
(2) Der öffentliche Auftraggeber ist nicht verpflichtet, die Einreichung von Angeboten mithilfe elektronischer Mittel zu verlangen, wenn auf die zur Einreichung erforderlichen elektronischen Mittel einer der in § 41 Absatz 2 Nummer 1 bis 3 genannten Gründe zutrifft oder wenn zugleich physische oder maßstabsgetreue Modelle einzureichen sind, die nicht elektronisch übermittelt werden können. In diesen Fällen erfolgt die Kommunikation auf dem Postweg oder auf einem anderen geeigneten Weg oder in Kombination von postalischem oder einem anderen geeigneten Weg und Verwendung elektronischer Mittel. Der öffentliche Auftraggeber gibt im Vergabevermerk die Gründe an, warum die Angebote mithilfe anderer als elektronischer Mittel eingereicht werden können.
(3) Der öffentliche Auftraggeber prüft, ob zu übermittelnde Daten erhöhte Anforderungen an die Sicherheit stellen. Soweit es erforderlich ist, kann der öffentliche Auftraggeber verlangen, dass Interessensbekundungen, Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträge und Angebote zu versehen sind mit
- einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur,
- einer qualifizierten elektronischen Signatur,
- einem fortgeschrittenen elektronischen Siegel oder
- einem qualifizierten elektronischen Siegel.
(4) Der öffentliche Auftraggeber kann festlegen, dass Angebote mithilfe anderer als elektronischer Mittel einzureichen sind, wenn sie besonders schutzwürdige Daten enthalten, die bei Verwendung allgemein verfügbarer oder alternativer elektronischer Mittel nicht angemessen geschützt werden können, oder wenn die Sicherheit der elektronischen Mittel nicht gewährleistet werden kann. Der öffentliche Auftraggeber gibt im Vergabevermerk die Gründe an, warum er die Einreichung der Angebote mithilfe anderer als elektronischer Mittel für erforderlich hält.
(5) Auf dem Postweg oder direkt übermittelte Interessensbekundungen, Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträge und Angebote sind in einem verschlossenen Umschlag einzureichen und als solche zu kennzeichnen.
(6) Auf dem Postweg oder direkt übermittelte Interessensbekundungen, Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträge und Angebote müssen unterschrieben sein. Bei Abgabe mittels Telefax genügt die Unterschrift auf der Telefaxvorlage.
(7) Änderungen an den Vergabeunterlagen sind unzulässig. Die Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträge und Angebote müssen vollständig sein und alle geforderten Angaben, Erklärungen und Preise enthalten. Nebenangebote müssen als solche gekennzeichnet sein.
(8) Die Unternehmen haben anzugeben, ob für den Auftragsgegenstand gewerbliche Schutzrechte bestehen, beantragt sind oder erwogen werden.
(9) Bewerber- oder Bietergemeinschaften haben in der Interessensbestätigung, im Teilnahmeantrag oder im Angebot jeweils die Mitglieder sowie eines ihrer Mitglieder als bevollmächtigten Vertreter für den Abschluss und die Durchführung des Vertrags zu benennen. Fehlt eine dieser Angaben, so ist sie vor der Zuschlagserteilung beizubringen.
§ 53 dient der Umsetzung von Artikel 22 der Richtlinie 2014/24/EU und entspricht in Teilen den früheren §§ 13, 14 und 16 EG VOL/A.
Zu Absatz 1
Nach Absatz 1 haben die Unternehmen ihre Angebote, Teilnahmeanträge, Interessensbekundungen und Interessensbestätigungen mittels elektronischer Mittel in Textform nach § 126b BGB einzureichen.
Außer für den Fall, dass die Verwendung elektronischer Mittel bereits ab Inkrafttreten der Vergabeverordnung verbindlich vorgeschrieben ist (wie z. B. bei der Beschaffung im Rahmen dynamischer Beschaffungssysteme, bei elektronischen Auktionen und bei Angeboten in Form eines elektronischen Katalogs) findet diese Vorschrift aufgrund der nach Artikel 90 Absatz 2 der Richtlinie 2014/24/EU eingeräumten Übergangsfristen für zentrale Beschaffungsstellen erst ab dem 18.04.2017 und im Übrigen ab dem 18.10.2018 Anwendung.
Nach Artikel 90 Absatz 2 Unterabsatz 3 der Richtlinie 2014/24/EU können die öffentlichen Auftraggeber bis zu diesem Zeitpunkt für den gesamten Informationsaustausch wählen, ob sie den Unternehmen die Übermittlung auf dem Postweg, einem anderen geeigneten Weg oder einer Kombination von postalischem oder einem anderen geeigneten Weg und Verwendung elektronischer Mittel vorgeben.
Zu Absatz 2
Absatz 2 setzt Artikel 22 Absatz 1 Unterabsatz 2 und 3 der Richtlinie 2014/24/EU um. Öffentliche Auftraggeber sind in bestimmten Fällen nicht verpflichtet, die Verwendung elektronischer Mittel zur Einreichung von Angeboten durch Unternehmen zu verlangen. Hierzu gehören Fälle, in denen spezielle Bürogeräte verwendet werden müssten, die öffentlichen Auftraggebern nicht generell zur Verfügung stehen. Davon sind beispielsweise Großformatdrucker oder so genannte Plotter umfasst. Ebenso gehören hierzu Fälle, in denen in den Vergabeunterlagen die Einreichung eines physischen oder maßstabsgetreuen Modells verlangt wird, das den öffentlichen Auftraggebern nicht auf elektronischem Weg übermittelt werden kann. Das physische oder maßstabsgetreue Modell kann dem öffentlichen Auftraggeber auf dem Post- oder auf einem anderen geeigneten Weg übermittelt werden.
Die Verwendung anderer als elektronischer Mittel ist auf die Angebotsbestandteile beschränkt, für die die Verwendung elektronischer Mittel nicht verlangt wird. In diesen Fällen werden diese Angebotsbestandteile dem öffentlichen Auftraggeber per Post oder auf einem anderen geeigneten Weg oder in Kombination des postalischen mit einem anderen geeigneten Weg und mit elektronischen Mitteln übermittelt.
Im Vergabevermerk müssen die öffentlichen Auftraggeber die Gründe angeben, aus denen Angebotsbestandteile oder Angebote mithilfe anderer als elektronischer Mittel eingereicht werden können.
Zu Absatz 3
Absatz 3 setzt Artikel 22 Absatz 6 Unterabsatz 1 Buchstabe b und c und Unterabsatz 2 der Richtlinie 2014/24/EU um und regelt die Verwendung elektronischer Signaturen sowie elektronischer Siegel bei der Einreichung von Angeboten, Teilnahmeanträgen, Interessensbekundungen und Interessensbestätigungen. Dabei ist ab dem 1. Juli 2016 die Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des europäischen Parlamentes und des Rates vom 23. Juli 2014 (eIDAS-Verordnung) zu beachten. Aufgrund der nach Artikel 90 Absatz 1 der Richtlinie 2014/24/EU eingeräumten Übergangsfristen für zentrale Beschaffungsstellen findet die Regelung für zentrale Beschaffungsstellen erst ab dem 18.04.2017 und im Übrigen am dem 18.10.2018 Anwendung, wobei diese Option schon vorher besteht.
Voraussetzung für die Anwendung der Vorschrift ist eine vorherige Festlegung des Sicherheitsniveaus, dem Daten, die in direktem Zusammenhang mit der Angebotseinreichung gesendet, empfangen, weitergeleitet oder gespeichert werden, genügen müssen, durch die öffentlichen Auftraggeber. Die Festlegung dieses Sicherheitsniveaus muss das Ergebnis einer Verhältnismäßigkeitsprüfung zwischen den zur Sicherung einer richtigen und zuverlässigen Authentifizierung der Datenquelle und der Unversehrtheit der Daten erforderlichen Maßnahmen einerseits und den von nicht berechtigten Datenquellen stammenden und/oder von fehlerhaften Daten ausgehenden Gefahren andererseits im Einzelfall sein.
Unter ansonsten gleichen Bedingungen wird beispielsweise das Sicherheitsniveau, dem eine E-Mail genügen muss, die ein Unternehmen an einen öffentlichen Auftraggeber sendet, um sich nach der Postanschrift des öffentlichen Auftraggebers zu erkundigen, deutlich niedriger einzuschätzen sein als das Sicherheitsniveau, dem das von einem Unternehmen eingereichte Angebot genügen muss. In gleicher Weise kann Ergebnis einer Einzelfallabwägung sein, dass bei der erneuten Einreichung elektronischer Kataloge oder bei der Einreichung von Angeboten im Rahmen von Kleinstwettbewerben bei einer Rahmenvereinbarung oder beim Abruf von Vergabeunterlagen nur ein niedriges Sicherheitsniveau zu gewährleisten ist.
Ist das zu gewährleistende Sicherheitsniveau so hoch, dass zur Authentifizierung der Datenquelle im Einzelfall elektronische Signaturen eingesetzt werden müssen, so können sowohl fortgeschrittene als auch qualifizierte elektronische Signaturen gemäß den Artikeln 25 und 26 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des europäischen Parlamentes und des Rates vom 23. Juli 2014 (eIDAS-Verordnung) verwendet werden.
Den öffentlichen Auftraggebern steht es frei, ihre Zuschlagserklärungen mit fortgeschrittenen elektronischen Signaturen oder mit fortgeschrittenen elektronischen Signaturen, die auf einem qualifizierten Zertifikat beruhen, zu versehen, soweit dies die Kenntnisnahme des Erklärungsinhaltes durch die Bieter nicht beeinträchtigt.
Schreiben öffentliche Auftraggeber vor, dass elektronisch zu signieren sind, so müssen sie die technischen Rahmenbedingungen so gestalten, dass gültige fortgeschrittene elektronische Signaturen und gültige qualifizierte Zertifikate, die von Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ausgestellt wurden, akzeptiert werden. Eine Diskriminierung von Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union aufgrund der Verwendung anderer als deutscher elektronischer Signaturen und qualifizierter Zertifikate ist nicht zulässig.
Zu Absatz 4
Absatz 4 setzt Artikel 22 Absatz 1 Unterabsatz 4 der Richtlinie 2014/24/EU um.
In Ausnahmefällen können die öffentlichen Auftraggeber die Einreichung von Angeboten oder Angebotsbestandteilen mittels anderer als elektronischer Mittel verlangen. Ein Ausnahmefall liegt vor, sofern die Sicherheit der zu verwendenden elektronischen Mittel verletzt ist oder sofern es zum Schutz der besonderen Empfindlichkeit bestimmter Daten erforderlich ist, die ein so hohes Schutzniveau verlangen, dass dieses weder bei Verwendung elektronischer noch bei Verwendung alternativer elektronischer Mittel gewährleistet werden kann.
Die Verwendung ausschließlich anderer als elektronischer Mittel ist auf die Angebotsbestandteile beschränkt, für die die Verwendung elektronischer Mittel nicht verlangt wird.
Im Vergabevermerk müssen die öffentlichen Auftraggeber die Gründe angeben, aus denen Angebotsbestandteile oder Angebote mithilfe anderer als elektronischer Mittel eingereicht werden müssen.
Zu Absatz 5
Nach Absatz 5 sind Angebote, Teilnahmeanträge, Interessensbekundungen oder Interessensbestätigungen, die direkt oder auf dem Postweg übermittelt werden, in einem verschlossenen Umschlag einzureichen und als solche zu kennzeichnen.
Zu Absatz 6
Abweichend von Absatz 1 stellt Absatz 6 an Angebote, Teilnahmeanträge, Interessensbekundungen und Interessensbestätigungen, die postalisch oder direkt übermittelt werden, aufgrund einer bewussten Wertungsentscheidung erhöhte Formanforderungen. Bei Telefax genügt die Unterschrift auf der Telefaxvorlage.
Zu Absatz 7
Absatz 7 dient der Vergleichbarkeit der eingereichten Informationen und beugt der Gefahr vor, dass öffentliche Auftraggeber ein Angebot bezuschlagen, dass nicht ihren Anforderungen entspricht.
Zu Absatz 8
Nach Absatz 8 haben Unternehmen von sich aus anzugeben, ob gewerbliche Schutzrechte bestehen, beantragt sind oder erwogen werden.
Zu Absatz 9
Absatz 9 regelt, dass Bietergemeinschaften jeweils ihre Mitglieder und eines ihrer Mitglieder als bevollmächtigten Vertreter benennen müssen.
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