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VgV § 4 Gelegentliche gemeinsame Auftragsvergabe; zentrale Beschaffung
(1) Mehrere öffentliche Auftraggeber können vereinbaren, bestimmte öffentliche Aufträge gemeinsam zu vergeben. Dies gilt auch für die Auftragsvergabe gemeinsam mit öffentlichen Auftraggebern aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Die Möglichkeiten zur Nutzung von zentralen Beschaffungsstellen bleiben unberührt.
(2) Soweit das Vergabeverfahren im Namen und im Auftrag aller öffentlichen Auftraggeber insgesamt gemeinsam durchgeführt wird, sind diese für die Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren gemeinsam verantwortlich. Das gilt auch, wenn ein öffentlicher Auftraggeber das Verfahren in seinem Namen und im Auftrag der anderen öffentlichen Auftraggeber allein ausführt. Bei nur teilweise gemeinsamer Durchführung sind die öffentlichen Auftraggeber nur für jene Teile gemeinsam verantwortlich, die gemeinsam durchgeführt wurden. Wird ein Auftrag durch öffentliche Auftraggeber aus verschiedenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union gemeinsam vergeben, legen diese die Zuständigkeiten und die anwendbaren Bestimmungen des nationalen Rechts durch Vereinbarung fest und geben das in den Vergabeunterlagen an.
(3) Die Bundesregierung kann für Dienststellen des Bundes in geeigneten Bereichen allgemeine Verwaltungsvorschriften über die Einrichtung und die Nutzung zentraler Beschaffungsstellen sowie die durch die zentralen Beschaffungsstellen bereitzustellenden Beschaffungsdienstleistungen erlassen.
§ 4 dient der Umsetzung der Artikel 38 und 39 der Richtlinie 2014/24/EU. Die in Artikel 37 der Richtlinie 2014/24/EU enthaltenen Regelungen zu zentralen Beschaffungstätigkeiten und zentralen Beschaffungsstellen sind bereits durch § 120 Absatz 4 GWB umgesetzt und werden durch Absatz 3 im Hinblick auf Dienststellen des Bundes ergänzt. Die Stärkung der zentralen Beschaffungstätigkeit soll nicht die derzeitige Praxis einer gelegentlichen gemeinsamen Beschaffung verhindern. Gleiches gilt für die bisherige Praxis, dass öffentliche Stellen im Namen und auf Rechnung anderer öffentlicher Auftraggeber Beschaffungen durchführen. Die kartellrechtlichen Grenzen der Zusammenarbeit bleiben unberührt.
Zu Absatz 1
Absatz 1 regelt in Umsetzung von Artikel 38 Absatz 1 und Artikel 39 Absatz 4 der Richtlinie 2014/24/EU die ad-hoc-Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Auftraggebern. Die Regelung von Satz 1 ergänzt die Möglichkeit zur Nutzung von (dauerhaft eingerichteten) zentralen Beschaffungsstellen um die gemeinsame Auftragsvergabe in einzelnen Fällen. In Abgrenzung zur zentralen Beschaffungstätigkeit handelt es sich bei der gelegentlichen gemeinsamen Auftragsvergabe um eine punktuelle Zusammenarbeit bei der Vergabe einzelner öffentlicher Aufträge. Erforderlich ist insoweit nur eine diesbezügliche Vereinbarung der öffentlichen Auftraggeber.
Besonders hervorgehoben wird mit Satz 2 die Möglichkeit der Zusammenarbeit von öffentlichen Auftraggebern aus verschiedenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, wie sie in Artikel 39 Absatz 4 der Richtlinie 2014/24/EU vorgesehen ist.
Mit Satz 3 wird klargestellt, dass die Möglichkeit zur gelegentlichen gemeinsamen Auftragsvergabe nicht die Nutzung von zentralen Beschaffungsstellen beschränkt. Dies gilt insbesondere für die Inanspruchnahme zentraler Beschaffungstätigkeiten von zentralen Beschaffungsstellen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der EU. Die zentrale Beschaffung durch eine zentrale Beschaffungsstelle mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat erfolgt dabei gemäß den nationalen Bestimmungen des Mitgliedstaats, in dem die zentrale Beschaffungsstelle ihren Sitz hat.
Zu Absatz 2
Absatz 2 dient der Umsetzung von Artikel 38 Absatz 2 der Richtlinie 2014/24/EU und regelt die Verantwortlichkeit für die Einhaltung der vergaberechtlichen Anforderungen im Fall einer gelegentlichen gemeinsamen Auftragsvergabe. Datenschutzrechtliche Vorgaben bleiben dabei unberührt.
Sofern ein Auftrag durch öffentliche Auftraggeber aus verschiedenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union vergeben wird und die notwendigen Einzelheiten der Zusammenarbeit nicht in einem internationalen Übereinkommen geregelt sind, schließen die teilnehmenden öffentlichen Auftraggeber eine Vereinbarung über die Zuständigkeit der Parteien und die einschlägigen anwendbaren nationalen Bestimmungen sowie die interne Organisation des Vergabeverfahrens, einschließlich der Handhabung des Verfahrens, der Verteilung der zu beschaffenden Leistungen und des Abschlusses der Verträge. Ein teilnehmender öffentlicher Auftraggeber erfüllt dabei seine Verpflichtungen nach dieser Verordnung, wenn er Leistungen von einem öffentlichen Auftraggeber erwirbt, der für das Vergabeverfahren zuständig ist. Bei der Festlegung der Zuständigkeiten und des anwendbaren nationales Rechts können die teilnehmenden öffentlichen Auftraggeber Zuständigkeiten untereinander aufteilen und die anwendbaren Bestimmungen der nationalen Gesetze ihres jeweiligen Mitgliedstaats festlegen. Die Verteilung der Zuständigkeiten und die anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften müssen in den Vergabeunterlagen für die gemeinsam vergebenen öffentlichen Aufträge angegeben werden.
Zu Absatz 3
Absatz 3 stellt klar, dass die Bundesregierung für Dienststellen des Bundes in geeigneten Bereichen allgemeine Verwaltungsvorschriften über die Einrichtung und die Nutzung zentraler Beschaffungsstellen sowie die durch die zentralen Beschaffungsstellen bereitzustellenden Beschaffungsdienstleistungen erlassen kann. Zentrale Beschaffungsstellen und zentrale Beschaffungstätigkeiten sind bereits in § 120 Absatz 4 Satz 1 GWB definiert. Gemäß § 113 Nummer 3 GWB ist die Bundesregierung ermächtigt, Regelungen zu besonderen Methoden und Instrumenten in Vergabeverfahren und für Sammelbeschaffungen einschließlich der zentralen Beschaffung auf Verordnungsebene zu erlassen.
Um die Ziele einer hochwertigen und effektiven Beschaffung, insbesondere im Hinblick auf Beschaffungen im IT-Bereich, für alle Ressorts zu erreichen, ist die Verankerung von ressortabgestimmten Vereinbarungen in einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Einrichtung und zur Nutzung zentraler Beschaffungsstellen sowie der dort bereitgestellten Beschaffungsdienstleistungen und -verfahren zweckmäßig und geboten.
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