
Seit dem 1. Oktober 2020 besteht die Meldepflicht zur Vergabestatistik. Wir nehmen das anstehende Jubiläum zum Anlass, um unser FAQ zu aktualisieren und aktuelle Entwicklungen von der Vergabebeschleunigung bis hin zu Direktaufträgen in den Blick zu nehmen.
Rechtsgrundlage der Vergabestatistik
Im Rahmen der Reform der Oberschwellenvergaben im Jahr 2016 wurde mit der Vergabestatistikverordnung (VergStatVO) die Grundlage für den Aufbau einer allgemeinen bundesweiten Vergabestatistik geschaffen.
Erstmals sollten so die grundlegenden Daten zu öffentlichen Aufträgen flächendeckend statistisch erfasst werden. Diese Daten gelten als wichtig, um die volkswirtschaftliche Bedeutung der Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen besser einschätzen zu können. Zudem bestehen Monitoringpflichten gegenüber der EU-Kommission, die nur auf der Grundlage gesicherter Daten erfüllt werden können.
Mit der VergStatVO werden öffentliche Auftraggeber und Konzessionsgeber verpflichtet, bestimmte in der jeweiligen Anlage zur VergStatVO aufgelistete Informationen über vergebene Aufträge und Konzessionen oberhalb der Wertgrenze von 25.000 Euro an das zum Empfang und zur Verarbeitung der Daten durch das BMWK beauftragte Statistische Bundesamt zu übermitteln.
Die Vergabedaten sollen vollelektronisch und soweit wie möglich automatisch erfasst und analysiert werden, um repräsentative Aussagen zur öffentlichen Beschaffung in Deutschland treffen zu können.
Mit dem Gesetz zur beschleunigten Beschaffung im Bereich der Verteidigung und Sicherheit und zur Optimierung der Vergabestatistik hat der Bund 2020 verschiedene technische und rechtliche Anforderungen umgesetzt, die sich im Zuge des Aufbaus der Vergabestatistik ergeben haben. Dazu zählte die Klarstellung, dass Datenmeldungen unmittelbar an das Statistische Bundesamt zu erfolgen hatten, ebenso wie die Einführung des Begriffs der Berichtsstellen. Bei ihnen handelt es sich um Stellen, die die Informationen über vergebene Aufträge und Konzessionen an das Statistische Bundesamt melden. Sie werden hier näher beschrieben. Den Gesetzentwurf haben wir hier umfänglich vorgestellt.
Was ist im Rahmen der Vergabestatistik zu melden?
Die Vergabestatistik für öffentliche Aufträge und Konzessionen ist grundsätzlich als Vollerhebung konzipiert. Die Meldepflicht umfasst Informationen zu vergebenen öffentlichen Aufträgen und Konzessionen oberhalb sowie zu vergebenen öffentlichen Aufträgen unterhalb der EU-Schwellenwerte.
Meldungen unterhalb von 25.000 Euro können auf freiwilliger Basis erfolgen. Meldungen unterhalb von 1.001 Euro sind aus technischen Gründen nicht möglich.
Wann muss gemeldet werden?
Die Meldung an die Vergabestatistik erfolgt frühestens direkt nach Vergabe des öffentlichen Auftrages oder der Konzession und spätestens 60 Tage nach dieser Vergabe. Danach ist die Meldung der betreffenden Vergabe nicht mehr möglich.
Wo werden die gemeldeten Daten veröffentlicht?
Die Daten werden im amtlichen Statistikportal von Destatis, GENESIS-Online, veröffentlicht. Sie sind dort über den Code 79994 recherchierbar und sind aufgeteilt in derzeit 21 verschiedene Tabellen, die beispielsweise zur Zahl der EU-Angebote, zum Sitz des Auftrags- oder Konzessionsnehmers oder zu den Zuschlagskriterien Auskunft erteilen. Inzwischen decken die Daten die Kalenderjahre 2021 bis 2023 vollständig ab. Die Daten für das Berichtsjahr 2024 werden aktuell noch plausibilisiert, wie die Bundesregierung erklärte.
Vergabestatistik: Anzahl nach Auftragsarten
Wie verlässlich sind die Daten?
Im August 2023 erklärte das Wirtschaftsministerium in einem zweiten Halbjahrsbericht, dass die Statistik unter dem Vorbehalt einer „uneinheitlichen“ Datenqualität stehe. So seien im damaligen Berichtszeitraum noch nicht alle Vergabestellen über Berichtsstellen registriert worden. Auch habe sich anhand der auch im Jahr 2023 noch eingehenden Rückfragen und Unsicherheiten der Berichtsstellen gezeigt, dass die Meldepraxis nicht überall etabliert sei.
Noch im November 2024 räumte die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Gruppe Die Linke im Bundestag ein, dass die Vergabestatistik nach wie vor keine vollständigen Daten aufweise. Es gebe Hinweise darauf, dass nicht alle Auftraggeber alle Vergaben gemeldet hätten.
Destatis erklärt seinerseits, dass die Daten mittels eines Plausibilisierungsprogramms unterschiedlichen Prüfungen unterzogen werden. Dabei erfolgen zum einen maschinelle Prüfungen, zum anderen müssen Änderungen am Datensatz auf der Grundlage der Angaben der meldenden Berichtseinheit manuell von den Sachbearbeitern vorgenommen werden.
Auftraggebernamen
Mögliche Fehlerquellen umfassen den Auftraggebernamen. Hier könne es zu Doppelzählungen kommen, da nicht alle Namen bereinigt werden konnten und durch Schreibfehler oder andere Schreibweisen möglicherweise Untereinheiten des Auftraggebers enthalten sind. Auch können durch einen Auftraggebernamen mehrere Auftraggeber repräsentiert werden, wenn es sich um eine zentrale Vergabestelle (z.B. Beschaffungsamt des BMI oder Kaufhaus des Bundes) handelt.
Zuordnung zu Ober- und Unterschwelle
Ferner sei die Zuordnung von Aufträgen zu ober- oder unterschwelligen Vergaben anhand der tatsächlichen Auftragswerte zum Zeitpunkt des Zuschlags zu melden, welche in der Datenmeldung als Nettoauftragswerte anzugeben sind. Diese Zuordnung wird vom Statistischen Bundesamt nachträglich korrigiert, wenn Melder die Zuordnung der Aufträge nach geschätztem Auftragswert oder gewählter Verfahrensart vorgenommen hatten, statt der VergStatVO folgend den tatsächlichen Auftragswert zum Zeitpunkt des Zuschlages als Basis ihrer Einordnung des vergebenen Auftrags zu nutzen.
Losweise Vergaben
Bei losweisen Vergaben wird in der Vergabestatistik nach Vergabe des letzten Loses der Gesamtauftrag in einer einmaligen Meldung erfasst. Teilweise ist jedoch für jedes Los eine Meldung als eigenständiger Auftrag erfolgt. Hierdurch stelle sich die Anzahl an Aufträgen, insbesondere im Baubereich, überhöht dar.
Auf Herausforderungen im Fall von Losaufteilungen ging Carsten Klipstein in einem Beitrag für das cosinex Blog ebenfalls bereits ein:
So sind diverse Angaben, wie z.B. zum Auftragswert oder der Anzahl der Angebote, nicht je Los, sondern losübergreifend (für die Gesamtvergabe) zu erfassen. Bei Angaben zum Herkunftsland des Auftragnehmers, oder ob der Auftragnehmer ein KMU ist, kann jedoch nur ein einziger Auftragnehmer gemeldet werden, und zwar der, der im Fall der Losaufteilung den größten Anteil am Gesamtauftragswert hat. Bei Aufträgen, die an einen Zusammenschluss von mehreren Wirtschaftsteilnehmern vergeben werden, muss der Auftragnehmer angegeben werden, der den größten Anteil am Gesamtauftragswert ausmacht.
Vergabestatistik und Direktaufträge
Im Zuge der teils deutlichen Erhöhungen von Wertgrenzen für Direktaufträge wurde und wird auch die Pflicht zur Meldung zur Vergabestatistik relevant.
Zuletzt hatte das Land Brandenburg in einem Rundschreiben erläutert, welche rechtlichen Vorgaben für Direktaufträge gelten und welche nicht. Keine Pflicht besteht demnach zur Meldung an die Vergabestatistik. Auch der Freistaat Bayern sieht keine Pflicht zur Datenmeldung an die Vergabestatistik bei Direktaufträgen.
Damit fallen in beiden Ländern Beschaffungen von bis zu 250.000 Euro Auftragswert aus der Erfassung.
Vergabestatistik und Vergabebeschleunigung
Mit dem Gesetzentwurf zur Vereinfachung des Vergaberechts soll die Pflicht zur Abfrage der Vergabestatistik von bisher 25.000 auf 50.000 Euro erhöht werden.
Dabei gelte es, wie das Wirtschaftsministerium erklärt, die Aussagekraft der Vergabestatistik, die ein wichtiges Instrument einer evidenzbasierten Wirtschaftspolitik sei und wichtige Erkenntnisse zur Vergabepraxis in Bund, Ländern und Kommunen liefere, weitestmöglich zu erhalten. Daher wird die freiwillige Nutzung bei geringeren Auftragswerten angeregt.
Nach Beschluss und Verkündung soll das Gesetz am Datum des ersten Tages des auf die Verkündung folgenden Quartalsanfangs in Kraft treten, voraussichtlich also am 1. Januar oder am 1. April 2026.
Wie aussagekräftig die Statistik dann noch wäre, lässt sich schwer beziffern. Laut Auskunft der Bundesregierung vom 22. April 2025 hatten von insgesamt 22.155 öffentlichen Aufträgen und Konzessionen auf Bundesebene 16.022 einen Nettoauftragswert größer 50.000 Euro. Die Angabe bezieht sich ausschließlich auf Vergaben des Bundes im Berichtsjahr 2023.
Freiwillige Angaben bei Vergaben unter 25.000 Euro finden statt, jedoch stets mit niedrigen Fallzahlen im dreistelligen Bereich:
- 144 Bauaufträge
- 151 Lieferaufträge
- 530 Dienstleistungsaufträge
Meldung über die cosinex Lösungen
Schon seit dem Start der Meldepflicht am 1. Oktober 2020 unterstützen der cosinex Vergabemarktplatz und das Vergabemanagementsystem die Meldung an Destatis. Dabei erfolgt eine automatische Vorbefüllung aus den bestehenden Angaben der Bekanntmachungen bzw. den Verfahrensangaben.
Innerhalb der Vergabeakte haben Nutzer unter dem neuen Menüpunkt Vergabestatistik nach Zuschlag die Möglichkeit, die bereits vorliegenden Daten zu überprüfen oder zu korrigieren und um solche Angaben zu ergänzen, die nicht im Rahmen der Vergabeakte erfasst worden sind.
In den für die VergStatVO potenziell relevanten Vergabeakten werden Eingabemasken zur Verfügung gestellt, die bereits mit den bekannten Inhalten vorbefüllt und bei Bedarf vor der Übermittlung verändert werden können. Es werden sowohl Erstmeldungen als auch Korrekturmeldungen (innerhalb der 60-Tage-Frist) unterstützt.
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