
Die Markterkundung – auch als Marktanalyse vor der Vergabe oder vorbereitende Marktsondierung bezeichnet – ist ein zentrales Instrument der öffentlichen Auftragsvergabe. Dieses FAQ beantwortet die wichtigsten Fragen rund um ihre Funktion, ihre Durchführung und die rechtlichen Rahmenbedingungen.
Was ist eine Markterkundung?
Die Markterkundung dient der systematischen Informationsgewinnung über den Markt vor Beginn eines Vergabeverfahrens. Öffentliche Auftraggeber nutzen sie, um sich über verfügbare Leistungen, technische Entwicklungen, Preisniveaus und Anbieterstrukturen zu informieren. Sie bildet die Grundlage für eine fundierte Bedarfsklärung, die Entwicklung von Ausschreibungsstrategien und die zielgerichtete Ausgestaltung der Vergabeunterlagen.
Welche rechtlichen Grundlagen hat die Markterkundung?
Die Markterkundung ist geregelt in § 28 VgV, § 20 UVgO sowie § 2 Abs. 5 VOB/A. Sie darf vor der Einleitung eines Vergabeverfahrens durchgeführt werden, sofern die Grundsätze von Transparenz, Gleichbehandlung und Wettbewerb eingehalten werden. Wichtig: Ein Vergabeverfahren darf nicht nur zur Markterkundung oder Preisermittlung erfolgen (§ 28 Abs. 2 VgV).
Fachbeiträge zum Thema Markterkundung
Ob das technische Alleinstellungsmerkmal „hält“, kann von der Markterkundung abhängen
Der Markterkundung kommt im Vorfeld eines auf ein Alleinstellungsmerkmal gestützten Vergabeverfahrens eine besondere Bedeutung zu.
Das technische Alleinstellungsmerkmal richtig begründen
Ein technisches Alleinstellungsmerkmal rechtssicher zu begründen, ist mit hohem Aufwand verbunden. Norbert Dippel stellt einen Beschluss der VK Südbayern vor, der die Folgen nach einer unzureichenden Begründung aufzeigt.
Das „technische Alleinstellungsmerkmal“: oft gebraucht, selten zu bejahen
Die Berufung auf ein technisches Alleinstellungsmerkmal ist nur unter sehr strengen Voraussetzungen zulässig.
Warum sollte eine Markterkundung durchgeführt werden?
Eine Markterkundung hilft, den tatsächlichen Beschaffungsbedarf präzise zu erfassen. Sie liefert Erkenntnisse über wirtschaftliche, technische und nachhaltige Aspekte potenzieller Lösungen. Zudem verbessert sie die Qualität der Leistungsbeschreibung, erleichtert die Ausschreibungsvorbereitung, erhöht die Attraktivität des Verfahrens für den Markt und beugt Fehlplanungen vor.
Die Markterkundung trägt also wesentlich dazu bei, Ausschreibungen marktkonform, wettbewerbsorientiert, wirtschaftlich und innovationsfreundlich zu gestalten. Insbesondere bei komplexen oder seltenen Leistungen sowie bei strategisch bedeutsamen Beschaffungen ist sie ein unverzichtbares Instrument.
Welche Methoden stehen zur Verfügung?
Typische Methoden der Markterkundung sind:
- Internetrecherchen und Auswertung von Fachportalen
- Gespräche mit Fachverbänden, Kammern und Beratungsstellen
- Messen, Tagungen und Informationsveranstaltungen
- Lieferantendialoge und Einzelgespräche
- Nutzung von digitalen Plattformen (z. B. KOINNOvationsplatz)
- Versand strukturierter Fragebögen
- Auswertung von Bekanntmachungsdiensten (TED, bund.de)
- Benchmarking und Nutzung von Warengruppensteckbriefen
Zur Informationsbeschaffung eignen sich vielfältige Wege: Internetrecherchen, Gespräche mit Fachverbänden, Messebesuche, strukturierte Fragebögen, Lieferantendialoge, Workshops, Nutzung digitaler Plattformen (z. B. KOINNOvationsplatz) sowie Marktanalysen und Benchmarking.
Markterkundung mit dem DTVP Bieterverzeichnis
Das neue DTVP Bieterverzeichnis ist die Plattform für nicht förmliche Verfahren und die Markterkundung. Es ermöglicht die Suche unter nahezu allen in Deutschland registerlich geführten Unternehmen – ergänzt um strukturierte, beschaffungsrelevante Informationen.
Was darf im Rahmen der Markterkundung abgefragt werden?
Zulässig ist die informatorische Einholung von Angaben zu Preisen, Produkten, Leistungen, Serviceangeboten, Zertifizierungen, technischen Lösungen, Referenzen, Lieferketten oder Nachhaltigkeitskriterien. Verbindliche Angebote dürfen dagegen nicht angefordert werden.
Welche Informationen sind besonders relevant?
Für eine fundierte Markterkundung sind unter anderem folgende Inhalte von Interesse:
- Verfügbarkeit und Variantenvielfalt relevanter Produkte oder Dienstleistungen
- Preisspannen und marktübliche Vergütungsmodelle
- Technologische Entwicklungen und Innovationspotenziale
- Anbieterstruktur und Wettbewerbsintensität
- Nachhaltigkeitsmerkmale (z. B. Umweltzertifikate, Lebenszykluskosten)
- Risiken in Lieferketten, Lieferzeiten und Serviceleistungen
- Referenzen und Erfahrungswerte der Anbieter
Besonders wichtig sind Informationen zu Marktstruktur, Leistungsportfolio der Anbieter, Preisgefüge, technologischen Alternativen, Nachhaltigkeitspotenzialen, Lebenszykluskosten sowie zu Risiken und Störungen in der Lieferkette.
Leitfäden zur Markterkundung
Wie wird die Markterkundung dokumentiert?
Die Markterkundung muss vollständig dokumentiert werden. Dazu gehören eingesetzte Methoden, beteiligte Marktakteure, eingeholte Informationen und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen. Die Dokumentation gehört in die Vergabeakte und bildet die Grundlage für spätere Entscheidungen.
Was ist bei der Beteiligung von Unternehmen zu beachten?
Unternehmen, die im Rahmen der Markterkundung eingebunden waren, dürfen grundsätzlich auch am späteren Vergabeverfahren teilnehmen. Um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, sind etwaige Informationsvorsprünge auszugleichen – etwa durch Offenlegung relevanter Inhalte oder Verlängerung von Fristen.
Worin liegt der Unterschied zur Marktforschung?
Marktforschung – oft auch als systematische Marktanalyse bezeichnet – ist langfristig angelegt und nutzt wissenschaftliche Methoden. Die Markterkundung hingegen ist projektbezogen, pragmatisch und dient der konkreten Vorbereitung einer Vergabe. Sie ist kein Ersatz für umfassende Studien, sondern eine gezielte, praxisnahe Maßnahme.
Titelbild: Dmitry Ganin – Unsplash