Die Europäische Kommission hat ein FAQ-Dokument veröffentlicht, das Klarstellungen zu den Auswirkungen der EuGH-Urteile in den Fällen Kolin (C-652/22) und Qingdao (C-266/22) bietet. Die Leitlinien sollen öffentlichen Auftraggebern dabei helfen, die rechtlichen und verfahrenstechnischen Auswirkungen der Urteile zu verstehen.

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Mit den beiden Urteilen hat der Europäische Gerichtshof die Regeln für die Teilnahme von Unternehmen aus Drittstaaten an EU-Vergabeverfahren geschärft: Nur wenn das Drittland europäischen Unternehmen vergleichbaren Marktzugang gewährt, genießen dessen Unternehmen Gleichbehandlung im EU-Beschaffungsmarkt.

Die EuGH-Urteile im Detail

Im Fall Kolin (C-652/22) ging es um ein türkisches Bauunternehmen, das sich an einer kroatischen Ausschreibung zum Eisenbahnbau beteiligt hatte. Das Unternehmen verlor den Zuschlag und focht die Vergabeentscheidung an. Der EuGH stellte klar, dass Unternehmen aus Drittstaaten ohne einschlägiges Abkommen keinen unionsrechtlichen Anspruch auf Teilnahme zu gleichen Bedingungen haben.

Das Urteil Qingdao (C-266/22) betraf ein rumänisches Vergabeverfahren für die Lieferung von Zügen, an dem ein chinesisches Unternehmen im Konsortium mit einer rumänischen Firma teilnahm. Während des Verfahrens wurde das Konsortium aufgrund einer neuen rumänischen Gesetzesnorm ausgeschlossen, weil das führende Unternehmen seinen Sitz in China hatte.

Der Gerichtshof bestätigte, dass chinesische Unternehmen keine Gleichbehandlungsrechte nach EU-Recht genießen, da China nicht Vertragspartner des WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen ist. Gleichzeitig beanstandete er die rumänische Rechtsnorm: Die Zugangsregelung zum EU-Beschaffungsmarkt unterliege der ausschließlichen Zuständigkeit der Union im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik.

Kommissions-FAQ als praktische Hilfestellung

Das FAQ-Dokument der Kommission entstand als „Non-Paper“ in Reaktion auf Anfragen verschiedener Interessengruppen. Sie betrafen die Bedingungen für eine mögliche Teilnahme von Bietern aus nicht erfassten Drittländern am EU-Vergabemarkt.

Das Dokument behandelt sechs Themenbereiche mit insgesamt 19 Fragen:

  1. Anwendungsbereich (5 Fragen)
  2. Konsortien/Subunternehmer/Kapazitätsgebende Unternehmen (3 Fragen)
  3. Gesetzgebung zu Zugang und Behandlung (3 Fragen)
  4. Entscheidungskriterien für Vergabestellen (2 Fragen)
  5. Behandlung von Bietern aus Drittländern (4 Fragen)
  6. Rechte von Wirtschaftsteilnehmern aus nicht abgedeckten Ländern (5 Fragen)

Zentrale Klärungen für die Vergabepraxis

Geklärt wird unter anderem, welche Drittländer als „nicht abgedeckt“ gelten und wie Vergabestellen diese identifizieren können. Es erläutert, ob Vergabestellen Ermessen bei der Zulassung von Bietern aus solchen Ländern haben und ob nationale Gesetze nach den EuGH-Urteilen geändert werden müssen. Darüber hinaus behandelt es, welche Kriterien bei Entscheidungen angewandt werden sollen und welche rechtlichen Schutzmaßnahmen betroffenen Bietern zur Verfügung stehen.

Das neunseitige PDF liegt gegenwärtig nur in englischer Sprache vor und steht auf den Seiten der Public Buyers Community zum Download bereit.

Titelbild: Guillaume Périgois – Unsplash