
Seit dem 28. März sind in Thüringen neue Wertgrenzen in Kraft. Begleitet werden sie durch Erleichterungen bei Dokumentation, Preisvergleich und Eigenerklärung.
Die Wertgrenzen zur Vergabe von Direktaufträgen wurden von bislang 7.000 Euro auf 30.000 Euro bei Liefer-, Dienst- und freiberuflichen Leistungen sowie 75.000 Euro bei Bauleistungen angehoben.
Bei Bauaufträgen steigen die Wertgrenzen für eine Freihändige Vergabe von bislang 250.000 Euro und für eine Beschränkte Ausschreibung von 500.000 auf jeweils eine Million Euro.
Die Wertgrenzen zur Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen durch eine Beschränkte Ausschreibung werden von zuvor 100.000 Euro und durch eine Verhandlungsvergabe von zuvor 50.000 Euro jeweils auf den EU-Schwellenwert von derzeit 221.000 Euro erhöht.
Erleichterungen bei Dokumentation, Preisvergleich und Eigenerklärung
Die Verwaltungsvorschrift sieht zudem eine erleichterte Dokumentationspflicht vor, laut der bei Vergabeverfahren bis zu einem geschätzten Auftragswert in Höhe von 50.000 Euro bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen sowie 150.000 Euro bei Bauleistungen folgende Angaben mindestens zu dokumentieren sind:
- die hinreichend beschriebene zu beschaffende Leistung,
- die Namen und Angebote der beteiligten Bewerber oder Bieter,
- die maßgebliche Kommunikation mit den Bewerbern oder Bietern,
- die Beachtung des Rotationsprinzips bei der Auswahl der Bewerber oder Bieter in der Verhandlungsvergabe und in der Beschränkten Ausschreibung,
- das Datum und die Uhrzeit von Angeboten, die nach Angebotsfrist eingehen,
- das Ergebnis der Abfrage beim Wettbewerbsregister ab einem Auftragswert in Höhe von 30.000 Euro,
- die Gründe für nicht berücksichtigte Bewerber oder Bieter oder die Gründe für einen etwaigen Ausschluss,
- eine Begründung für die getroffene Auswahlentscheidung, soweit es sich nicht um einen reinen Preiswettbewerb handelt,
- die Gründe, warum der Gegenstand des Auftrags die Vorlage von Eignungsnachweisen erfordert und ggf. warum in diesen Fällen Nachweise verlangt werden müssen, die über die Eigenerklärungen hinausgehen.
Dies gilt nur, soweit andere Regelungen keine umfangreichere Dokumentation vorschreiben.
Die Verwaltungsvorschrift umfasst außerdem Regelungen zum vereinfachten Preisvergleich bei Lieferleistungen, die gegenüber der bisherigen Regelung ausgeweitet wurden, so dass bis zu einem geschätzten Auftragswert von 50.000 Euro auch Angebote aus Katalogen, von Online-Händlern oder Preisvergleichsportalen herangezogen werden können.
Schließlich wird auch der Vorrang der Eigenerklärung gestärkt. Nachweise sollen zukünftig nur noch bei berechtigten Zweifeln an den Angaben in der Eigenerklärung nachgefordert werden.
Inkraft- und Außerkrafttreten
Die Verwaltungsvorschrift trat am 28. März 2025, dem Tag nach ihrer Unterzeichnung, in Kraft und tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2030 außer Kraft. Für vor ihrem Inkrafttreten begonnene Vergabeverfahren finden die Vergabebestimmungen Anwendung, die zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens galten.
Bis zu drei Viertel aller Aufträge vereinfacht
Die Änderung des Vergaberechts ist eine Maßnahme aus dem 100-Tage-Sofortprogramm der Thüringer Landesregierung. Wirtschaftsministerin Colette Boos-John erklärte dazu:
Wir machen Ernst mit dem Bürokratieabbau und verschlanken die Vergabeprozesse der öffentlichen Hand. Eine schnellere und einfache Auftragsvergabe ist ein wichtiger Beitrag dazu, die Wirtschaft in der momentan schwierigen Konjunkturlage wieder anzukurbeln.
Das Land und die Kommunen in Thüringen haben nach eigenen Angaben im Jahr 2023 insgesamt 3.733 Bau-, Dienstleistungs- oder Lieferaufträge mit einem Gesamtwert von gut 1,1 Milliarden Euro an Unternehmen vergeben.
Nach Schätzung des Wirtschaftsministeriums könnten drei Viertel dieser Aufträge künftig nach den geplanten einfacheren Regularien vergeben werden, ein Viertel davon sogar ganz unbürokratisch als Direktauftrag. „Das macht die enorme Dimension der geplanten Änderungen deutlich“, so die Ministerin.
Quelle und Links
- Thüringer Verwaltungsvorschrift zur Vergabe öffentlicher Aufträge (ThürVVöA) vom 27.03.2025
- Presseerklärung: Thüringen erleichtert Vergabe von öffentlichen Aufträgen
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Titelbild: Michael Sander – CC BY-SA 3.0