Das Umweltbundesamt hat Hinweise zur Erarbeitung und Überprüfung stofflicher Anforderungen beim Umweltzeichen Blauer Engel veröffentlicht. Sie bieten Antragstellern, Prüfern und Vergabepraktikern eine Orientierungshilfe in der komplexen Materie der stoffbezogenen Produktanforderungen.

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Der Blaue Engel zeichnet Produkte aus, die besondere Umwelt- und Gesundheitsvorteile bieten. Ein zentraler Aspekt ist dabei der bewusste Verzicht auf problematische Chemikalien bei der Herstellung, um schädliche Freisetzungen während der Nutzung, Wiederverwendung und Entsorgung zu vermeiden.

Die Handreichung „Stoffliche Anforderungen beim Umweltzeichen Blauer Engel – Hinweise zur Erarbeitung und Überprüfung von Vergabekriterien“ richtet sich an drei Hauptzielgruppen:

  1. Ersteller von Vergabekriterien: Fachleute und Experten, die an der Entwicklung und Formulierung der stofflichen Anforderungen für neue oder zu überarbeitende Produktgruppen des Blauen Engels beteiligt sind.
  2. Antragsteller, die eine Auszeichnung mit dem Blauen Engel für ihre Produkte anstreben und verstehen möchten, wie sie die stofflichen Anforderungen erfüllen und nachweisen können. Dies sind in der Regel Hersteller oder Inverkehrbringer von Produkten.
  3. Prüfer von Anträgen, die die eingereichten Nachweise auf Einhaltung der Vergabekriterien überprüfen müssen. Dies können Mitarbeiter der RAL gGmbH sein, die als Zeichenvergabestelle für den Blauen Engel fungiert, oder externe Experten.

Allgemeine und spezielle stoffliche Anforderungen

Die Vergabekriterien für den Blauen Engel arbeiten mit zwei Arten von stofflichen Anforderungen:

Allgemeine stoffliche Anforderungen gelten produktgruppenübergreifend und beziehen sich auf Stoffe, die grundsätzlich in keinem Produkt mit dem Blauen Engel enthalten sein sollten. Dazu gehören:

  • Stoffe mit kritischen Einstufungen gemäß CLP-Verordnung
  • Besonders besorgniserregende Stoffe der REACH-Kandidatenliste
  • Stoffe, die das hormonelle System schädigen können
  • Persistente, bioakkumulative und toxische Stoffe (PBT-Stoffe)
  • Persistente, mobile und toxische Stoffe (PMT-Stoffe)

Spezielle stoffliche Anforderungen sind produktbezogen und adressieren besondere Stoffe oder Stoffgruppen für einzelne Produktgruppen, wie beispielsweise Flammschutzmittel bei elektronischen Geräten oder Biozide bei Lacken.

Nachweisführung und Datensuche

Die Handreichung bietet detaillierte Anleitungen zur Nachweisführung und Datensuche, um die Einhaltung der stofflichen Anforderungen zu überprüfen. Bei Gemischen sind Herstellererklärungen und Sicherheitsdatenblätter die wichtigsten Nachweise. Bei Erzeugnissen spielen neben Herstellererklärungen auch Prüfberichte eine entscheidende Rolle.

Für die Datensuche empfiehlt das Umweltbundesamt ein schrittweises Vorgehen, bei dem zunächst geprüft wird, ob ein Stoff auf Problemstofflisten wie der REACH-Kandidatenliste oder der Beschränkungsliste aufgeführt ist. Hierbei können Tools wie das REACH Radar oder die ECHA-Infocard genutzt werden.

Ausnahmen und besondere Regelungen

Die Hinweise berücksichtigen auch spezielle Situationen, in denen trotz kritischer Stoffeigenschaften Ausnahmen möglich sind. Entscheidend ist dabei, ob eine problematische Freisetzung in die Umwelt oder eine Exposition des Menschen stattfindet.

Bei Stoffen mit umweltgefährdenden Eigenschaften kann eine Gesamtfreisetzung unter 5% in die Umweltbereiche Wasser, Boden und Luft als gering angesehen werden und muss nicht zwingend zum Ausschluss führen. Dies gilt besonders, wenn der Stoff unverzichtbar ist und keine Alternativen auf dem Markt existieren.

Bedeutung für die Vergabepraxis

Die stofflichen Anforderungen des Blauen Engels gehen deutlich über die gesetzlichen Bestimmungen hinaus und sollen von etwa 20-30% aller am Markt verfügbaren Produkte erfüllbar sein. Sie bilden damit einen wichtigen Qualitätsmaßstab, der die umwelt- und gesundheitsfreundlichsten Produkte auszeichnet.

Für Vergabepraktiker bieten die Hinweise eine Grundlage, um stoffliche Anforderungen nachvollziehbar zu formulieren und zu überprüfen. Antragsteller erhalten Klarheit darüber, welche Nachweise sie erbringen müssen, um ihr Produkt mit dem Blauen Engel auszeichnen zu lassen.

Ausblick: Erweiterung der CLP-Verordnung

Mit der im Frühjahr 2023 erfolgten Erweiterung der CLP-Verordnung um Gefahrenklassen für endokrine Disruptoren sowie PBT- und PMT-Stoffe wird künftig die Einstufung und Kennzeichnung dieser problematischen Stoffeigenschaften verpflichtend. Ab Mai 2025 beginnen gestufte Übergangsfristen für die Kennzeichnung, was die Identifikation solcher Stoffe vereinfachen wird.

Die neuen Hinweise des Umweltbundesamtes stellen einen wichtigen Beitrag zur Stärkung des Umweltzeichens Blauer Engel dar und fördern damit nachhaltigere Produktentscheidungen sowohl in der öffentlichen Beschaffung als auch im privaten Konsum.

Bezug der Handreichung

Das Dokument „Stoffliche Anforderungen beim Umweltzeichen Blauer Engel – Hinweise zur Erarbeitung und Überprüfung von Vergabekriterien“ kann hier kostenfrei als PDF bezogen werden.

Titelbild: Michal Jarmoluk – Pixabay