
Mit der Umsetzung der EU-Vergaberichtlinien durch die Vergaberechtsnovelle 2016 seien die gesetzgeberischen Ziele zu großen Teilen erreicht worden. Zu diesem Schluss kommt eine Evaluierung der Novelle, die das BMWK Mitte Februar veröffentlicht hat.
Die Bundesregierung kommt mit der Evaluierung dem im Vergaberechtsmodernisierungsgesetz (VergRModG) und in der Vergaberechtsmodernisierungsverordnung (VergRModVO) festgeschriebenen Auftrag nach, die Auswirkungen der Novellierung zu prüfen und erforderlichenfalls Änderungen vorzuschlagen.
Die Evaluierung gliedert sich in die folgenden sieben Themenschwerpunkte, zu denen jeweils Indikatoren bzw. qualitative Erkenntnisquellen sowie der Grad der Zielerreichung benannt werden.
Bürokratieabbau und Strukturvereinfachung
Im Bereich des Bürokratieabbaus wurden zwar Einsparungen erzielt worden, diese fielen jedoch geringer aus als ursprünglich geschätzt.
Für die Verwaltung (Vergabestellen) wurde hohes Einsparpotenzial ex ante vor allem bei den Auftragsbekanntmachungen gesehen, was sich jedoch ex post als nicht zutreffend erwiesen habe. Bereits vor der Reform sei die Möglichkeit genutzt worden, sämtliche Bekanntmachungen mit Hilfe elektronischer Mittel vorzunehmen.
Das Einsparpotential für die Wirtschaft (Bieter) in Bezug auf die Zeitaufwände und Sachkosten für das Aufbereiten der Angebote wurde ex ante als sehr hoch angesehen, was jedoch im Rahmen von Befragungen des Statistischen Bundesamtes ebenfalls nicht in vollem Umfang bestätigt worden sei.
Die Komplexität des Vergaberechts habe man durch die Angleichung verschiedener Strukturen (VgV, SektVO, KonzVgV und UVgO) sowie die Einführung einer zweistufigen statt dreistufigen Kaskade bei Liefer- und Dienstleistungen reduzieren können.
Während dies zu mehr Rechtssicherheit in der Vergabepraxis führte, scheiterte der Versuch einer Vereinheitlichung von Bau- und weiterem Vergaberecht. Die Anwender wünschen sich hier weitere Vereinheitlichungen.
E-Vergabe und Digitalisierung
Die mit der Digitalisierung angestrebten Effizienzgewinne seien erreicht und kontinuierlich ausgebaut worden, blieben jedoch ebenfalls hinter den ursprünglichen Erwartungen zurück.
Der Digitalisierungsprozess sei jedoch noch nicht abgeschlossen und biete weiteres Potenzial für Verbesserungen. Diese reichen von weiteren Erleichterungen für die elektronische Übermittlung von Anträgen und Dokumenten bis zur verbesserten Digitalisierung der Nachprüfungsverfahren.
Vergabestatistik
Die Einführung der Vergabestatistik (VgS) als valide Datenlage über das Einkaufsverhalten der öffentlichen Hand erwies sich als weniger aufwendig als zunächst angenommen.
Inzwischen seien rund 11.300 Berichtsstellen registriert (Stand: Oktober 2024) und es gingen wöchentlich rund 3.000 – 4.500 Meldungen beim Statistischen Bundesamt ein.
Die gewonnenen Daten werden laut BMWK vielfältig genutzt, insbesondere für Monitoringpflichten gegenüber der EU und als Grundlage für eine evidenzbasierte Wirtschaftspolitik.
Hinsichtlich einer möglichen Weiterentwicklung gebe es sowohl Wünsche nach einer Ausweitung der Vergabestatistik, als auch nach einer Verschlankung der Berichtspflichten.
Effizientere, einfachere und flexiblere Vergabeverfahren
In diesem Bereich wurden zwar Vereinfachungen und Effizienzsteigerungen erreicht, jedoch besteht weiterhin Optimierungsbedarf. Dabei nimmt das BMWK insbesondere Bezug auf frühere Monitoringberichte, die regelmäßig an die Europäische Union zu senden sind (zuletzt im Juli 2024)-
Zu den strukturellen oder wiederkehrenden Problemen bei der Anwendung des Vergaberechts zählen unter anderem
- Fragen der Losbildung,
- die vergabefreie Auftragsänderung während der Vertragslaufzeit,
- Schwierigkeiten beim Nachfordern von Unterlagen,
- zu komplexe Anforderungen bei Inhouse-Vergaben,
- hohe Anforderungen für die Erbringung von Nachweisen (eng gefasste Tatbestandsmerkmale),
- die rechtssichere Durchführung von Dringlichkeitsvergaben,
- Hindernisse bei der Umsetzung von umweltbezogenen, innovationsbezogenen und sozialen Aspekten
- die Prüfung der Einheitlichen Europäischen Eigenerklärung (EEE)
Mittelstandsfreundlichkeit
Das BMWK bescheinigt der öffentlichen Auftragsvergabe in Deutschland eine „ausgesprochene Mittelstandsfreundlichkeit“.
Die Auswertung der Vergabestatistik und die Monitoringberichte belegen eine hohe Beteiligung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) an öffentlichen Aufträgen.
Dennoch werden weitere Verbesserungsmöglichkeiten für die Teilnahme von KMU und Start-ups identifiziert, die künftig umgesetzt werden können.
Strategische Beschaffung und Nachhaltigkeit
Die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten in der öffentlichen Auftragsvergabe erfolge noch zurückhaltend, wie Vergabestatistik und Monitoringberichte belegen sollen.
So würden lediglich bei gut jedem zehnten Auftrag Nachhaltigkeitskriterien gemeldet, was knapp 25 Prozent des Gesamtauftragsvolumens entspreche.
In der Konsultation zum Vergaberechtstransformationsgesetz habe sich gezeigt, dass von einem großen Teil der Stakeholder eine stärkere Verbindlichkeit nachhaltiger Kriterien in der öffentlichen Auftragsvergabe gewünscht wurde. Genannt werden gesetzliche Vorgaben, Mindeststandards und Mindestquoten.
Andere Stakeholder hätten wiederum Skepsis geäußert, ob dies mit dem Ziel des Bürokratieabbaus und der Vermeidung neuer Bürokratielasten vereinbar sei. Auch wurde vereinzelt darauf verwiesen, dass derlei Aspekte besser außerhalb des Vergaberechts zu fördern seien.
Korruptionsprävention
Das zentrale Wettbewerbsregister wurde als Instrument eingeführt, um die öffentliche Auftragsvergabe an rechtstreue Unternehmen zu vereinfachen. Es ermöglicht einen besseren Ausschluss von Unternehmen, die erhebliche Rechtsverstöße begangen haben, und trage damit zur Korruptionsprävention bei.
Quelle
Die Evaluierung des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes (VergRModG) und der Vergaberechtsmodernisierungsverordnung (VergRModVO) (PDF, 38 Seiten) ist auf der Seite Evaluationen des BMWK zu finden.
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