Das europäische Binnenmarkt-Notfall- und Resilienzgesetz soll dazu beitragen, besser auf künftige Krisen vorbereitet zu sein. Die Verordnung umfasst Regelungen zur Auftragsvergabe im Krisenfall.
Ende September hat der Rat der Europäischen Union seine Zustimmung für eine Verordnung zur Schaffung eines Rahmens von Maßnahmen für Binnenmarkt-Notfälle und ‑Resilienz gegeben: das Binnenmarkt-Notfall- und Resilienzgesetz (internal market emergency and resilience act – IMERA).
Die Verordnung geht auf Schlussfolgerungen zurück, die der Europäische Rat infolge der COVID-19-Pandemie gezogen hatte. Darin wurde auf eine bestehende Fragmentierung des Binnenmarkts sowie Hindernisse und Schwachpunkte bei der Bewältigung von Krisensituationen verwiesen, auf die mit dem Binnenmarkt-Notfall- und Resilienzgesetz nun reagiert wird. Durch die Verordnung sollen sich künftige „Notfälle“ besser vorhersagen lassen, was die Vorbereitung und Reaktion darauf verbessern soll.
Mit dem IMERA wird eine Beratungsgruppe gebildet, deren Mitglieder von der Kommission und von den Mitgliedstaaten ausgewählt werden. Sie beurteilt bestimmte Situationen und empfiehlt Reaktionen, wenn der Wachsamkeits- oder der Notfallmodus aktiviert wird. Maßnahmen, die das IMERA vorsieht, umfassen gezielte Auskunftsersuchen an Wirtschaftsteilnehmer, vorrangige Anforderungen krisenrelevanter Produkte, ein beschleunigtes Verfahren zur Markteinführung bestimmter Produkte und Ausnahmen von produktspezifischen Vorschriften. Die Verordnung regelt überdies die Vergabe öffentlicher Aufträge. Die entsprechenden Abschnitte nehmen wir im folgenden in den Blick.
Vergabe öffentlicher Aufträge durch die Kommission
Der Titel V Vergabe öffentlicher Aufträge der Verordnung umfasst in drei Kapiteln Notfallmaßnahmen im Krisenfall.
Kapitel I zur Vergabe öffentlicher Aufträge durch die Kommission für Rechnung oder im Namen von Mitgliedstaaten während eines Wachsamkeitsmodus für den Binnenmarkt oder eines Notfallmodus für den Binnenmarkt sieht vor, dass zwei oder mehr Mitgliedstaaten die Kommission ersuchen können, im Namen der Mitgliedstaaten, Waren und Dienstleistungen von entscheidender Bedeutung oder krisenrelevante Waren und Dienstleistungen zu beschaffen. Die Kommission prüft das Ersuchen und übt im Fall ihrer Zustimmung ein entsprechendes Verhandlungsmandat aus.
Gemeinsame Auftragsvergabe
Kapitel II sieht eine gemeinsame Auftragsvergabe vor, die während des Wachsamkeitsmodus und im Notfallmodus greift. Demnach können die Kommission und ein oder mehrere öffentliche Auftraggeber ein gemeinsames Vergabeverfahren für die Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen von entscheidender Bedeutung oder für krisenrelevante Waren und Dienstleistungen durchführen. Die Mitgliedstaaten können die gemeinsam beschafften Kapazitäten vollständig erwerben, mieten oder leasen.
Auftragsvergabe durch die Mitgliedstaaten im Notfallmodus
Kapitel III regelt die Auftragsvergabe durch die Mitgliedstaaten im sogenannten „Notfallmodus“. Wurde dieser Notfallmodus für den Binnenmarkt gemäß Artikel 18 der Verordnung aktiviert, so sind die Mitgliedstaaten aufgefordert, sich „nach besten Kräften, gegenseitig und die Kommission über die laufenden Vergabeverfahren für krisenrelevante Waren und Dienstleistungen zu informieren“.
Zudem haben sie die übrigen Mitgliedstaaten und die Kommission zu der am besten geeigneten Art und Weise der Auftragsvergabe zu konsultieren und ihre Vergabeverfahren bei einem Binnenmarkt-Notfall „im Geiste der Solidarität“ zwischen den Mitgliedstaaten zu koordinieren.
Inkrafttreten
Mit der Billigung durch den Rat ist der Rechtsakt angenommen. Die Verordnung wird nach der Unterzeichnung durch die Präsidentin des Europäischen Parlaments und den Präsidenten des Rates im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und tritt 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung in Kraft. Die Mitgliedstaaten haben nach Inkrafttreten der Verordnung 18 Monate Zeit, um die neuen Vorschriften umzusetzen.
Quelle und Links
- Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Rahmens von Maßnahmen für einen Binnenmarkt-Notfall und die Resilienz des Binnenmarkts und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2679/98 Des Rates (Verordnung über Binnenmarkt-Notfälle und die Resilienz des Binnenmarkts)
- Rat der Europäischen Union: Krisenvorsorge: Rat nimmt Binnenmarkt-Notfall- und Resilienzgesetz an
- EU Legislation in Progress: Internal Market Emergency and Resilience Act (IMERA)
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