
In der vergangenen Woche haben wir die Neufassungen von GWB, VgV und weiteren Normen vorgestellt, die im Referentenentwurf zur Vergabetransformation vorgesehen sind. Heute richten wir den Blick auf den Entwurf der novellierten UVgO, den das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gemeinsam mit dem Referentenentwurf versendet hat.
Das BMWK hat den Referentenentwurf mitsamt den weiteren Unterlagen wie einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift Sozial und umweltbezogen nachhaltige Beschaffung inzwischen veröffentlicht. Die Dokumente stehen hier zum Download zur Verfügung.
Die Neufassung der UVgO ist auch im Referentenentwurf erklärtes Ziel der Bundesregierung: Die Novelle soll „in einem parallelen Prozess“ und unter Einbeziehung der Länder erarbeitet und von diesen weitestmöglich in ihre Landesvergaberegelungen übernommen werden. Entsprechendes folge für den ersten Abschnitt der VOB/A. Eine Novellierung der Unterschwellenvergabeordnung ist zwar Bestandteil des Transformationspakets, jedoch nicht des Referentenentwurfs selbst.
Auch mit den Anpassungen an der UVgO verfolgt die Bundesregierung die wesentlichen Ziele des Transformationspakets, nämlich die Vereinfachung, Professionalisierung, Digitalisierung und Beschleunigung öffentlicher Vergabeverfahren.
I. Vereinfachung und Bürokratieabbau
1. Erhöhung der allgemeinen Direktauftragswertgrenze
Mit der Neufassung von § 14 UVgO soll den Auftragswert, bis zu dem ein Direktauftrag möglich ist, von bisher 1.000 Euro auf einen noch festzulegenden Betrag erhöht werden. Der Entwurf sieht derzeit 15.000 Euro vor, weist in einer Fußnote jedoch darauf hin, dass der Betrag im Rahmen der Länder- und Verbändeanhörung festzulegen sein werde. Das solle „auch in Abgleich mit den sehr unterschiedlichen Beträgen in den Ländern“ geschehen. Der Auftraggeber soll dabei zwischen den beauftragten Unternehmen wechseln und regelmäßig auch junge sowie kleine und mittlere Unternehmen berücksichtigen.
2. Erleichterte Dokumentationspflichten
Die Pflicht zur Dokumentation gem. § 6 UVgO soll dergestalt überarbeitet werden, dass in dieser „die Stufen des Verfahrens, die getroffenen Maßnahmen sowie die Begründung der grundlegenden Entscheidungen im Wesentlichen und in einem angemessenen Verhältnis zum Auftragswert“ festgehalten werden.
Bei einem Auftragswert unter 25.000 Euro soll die Dokumentation grundsätzlich auf die Namen der berücksichtigten Bewerber oder Bieter und die Gründe für ihre Auswahl sowie den Namen des erfolgreichen Bieters und die Gründe für die Auswahl seines Angebotes beschränkt werden können.
3. Losaufteilung
Analog zur Anpassung von § 97 Absatz 4 GWB soll auch § 22 UVgO (Aufteilung nach Losen) dahingehend angepasst werden, dass auf die Losaufteilung verzichtet werden kann, wenn neben den wirtschaftlichen und technischen auch zeitliche Gründe dies rechtfertigen und nicht, wie laut der geltenden Norm erfordern.
4. Leistungsbeschreibung
Die in § 121 GWB vorgesehene Streichung des Wortlauts „und erschöpfend“ soll auch in § 23 UVgO mit dem Ziel einer Vereinfachung der Leistungsbeschreibung nachvollzogen werden.
5. Eigenerklärungen, Eignungskriterien und Nachweise
Bei den Anforderungen hinsichtlich der Eignungskriterien (§ 33 UVgO) sowie bei Eigenerklärungen und weiteren Nachweisen (§ 35 UVgO) soll ausdrücklich auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hingewiesen werden. Wurde die Eignung innerhalb des vorangegangenen Jahres bei vergleichbaren Aufträgen festgestellt, so soll zudem keine Eignungsprüfung erfolgen müssen.
6. Vereinfachter Wertungsvorgang als Regelfall bei offenen Verfahren
Analog zur Anpassung von § 42 Absatz 4 VgV soll der Auftraggeber bei Verfahren ohne Teilnahmewettbewerb die Angebotsprüfung vor der Eignungsprüfung durchführen.
7. Nachforderung von Unterlagen
§ 41 UVgO soll hinsichtlich der Nachforderung von Unterlagen gestrafft und kürzer gefasst werden. Dafür soll insbesondere der ausdrückliche Hinweis in Absatz 5 entfallen, wonach die Entscheidung zur und das Ergebnis der Nachforderung zu dokumentieren sind.
Weitere Änderungen im Bereich der Vereinfachung und des Bürokratieabbaus umfassen die Möglichkeit, in Verhandlungsvergaben mit Teilnahmewettbewerb das Verhandlungsverfahren per Bekanntmachung zu starten (§ 12 UVgO), die vereinfachte Verlängerung von Rahmenvereinbarungen und vereinfachte Auftragsänderungen (§§ 15, 47 UVgO), die Begrenzung der Anzahl der Bewerber durch ein Losverfahren (§ 36 UVgO) sowie die Veröffentlichung der Abweichungen von der UVgO in Länderregelungen auf den Internetseiten des BMWK (§ 1 UVgO).
II. Synopsen der Änderungen in UVgO, VgV und GWB
III. Beschleunigung und Digitalisierung
1. eForms-Standard in der Unterschwelle
Das Vorhaben, eForms auch im Unterschwellenbereich einzuführen, findet an mehreren Stellen (§§ 7, 28, 30) der novellierten UVgO Niederschlag. Im Zuge dessen wird überdies der Datenservice Öffentlicher Einkauf als zentrale Bekanntmachungsplattform in der Ober- wie Unterschwelle vorgeschrieben.
2. Online-Marktplätze
Ein neuer § 14a UVgO soll die Beschaffung bis zu einem voraussichtlichen Auftragswert von 50.000 Euro ohne Umsatzsteuer per Direktauftrag auf Online-Marktplätzen ermöglichen. Diese haben den Bezug von Liefer- und Dienstleistungen im transparenten und fairen Wettbewerb unter Berücksichtigung sozialer und umweltbezogener Aspekte zu vermitteln.
Die Grundsätze zur Kommunikation in § 7 UVgO sollen so neu gefasst werden, dass der Auftraggeber die Einreichung von Teilnahmeanträgen und Angeboten auch per einfacher E-Mail zulassen kann, soweit er angemessene Vorkehrungen gegen einen vorfristigen Zugriff durch die Berechtigten trifft.
3. Krisenvergaberecht
Mit dem neuen § 14c UVgO soll der rechtliche Rahmen für die erleichterte Beschaffung im Fall einer besonderen Krisensituation geschaffen werden. Er umfasst unter anderem die Möglichkeit zur Beschränkten Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb und zum Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb abweichend von § 8 Absatz 3 und 4, verkürzte Fristen, die Möglichkeit zur Anhebung der Wertgrenze für die Anwendung des Direktauftrags durch Bundes- oder Landesministerien und Erleichterungen bei der Anwendung von Rahmenvereinbarungen.
IV. Mittelstand, Start-ups und Innovation
Ähnlich wie die novellierte VgV soll auch die UVgO die Umstände kleiner und mittlerer Unternehmen sowie junger Unternehmen besonders berücksichtigen, so etwa bei Eignungskriterien und -nachweisen (§ 33 UVgO). In den Vertragsunterlagen (§ 21 UVgO) sollen zu diesem Zweck zudem geeignete Zahlungsmodalitäten vereinbart werden. Das „junge Alter“ eines Unternehmens soll gem. § 35 zudem als „berechtigter Grund“ für die Vorlage alternativer Nachweise dienen.
Aufträge, die innovative Lösungen umfassen, sollen einem ebenfalls neuen § 14b zudem bis zu einem voraussichtlichen Auftragswert von 100.000 Euro ohne Umsatzsteuer als Direktauftrag beschafft werden können. Liefernde Unternehmen sollen entweder gemäß Alter, Größe und Umsatz in die Kategorie von Start-ups fallen oder gemeinwohlorientiert sein.
V. Regionalität bei Gemeinschaftsverpflegung
Diverse Paragrafen wurden zudem um die Möglichkeit zur Berücksichtigung regionaler Aspekte bei öffentlichen Aufträgen im Bereich der Gemeinschaftsverpflegung ergänzt. Dieses Thema schwelt schon seit Jahren in der Vergabewelt. So haben sich bereits 2021 die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags mit der Frage auseinandergesetzt, welche Möglichkeiten das Vergaberecht eröffnet, um in öffentlichen Einrichtungen wie Kindertagesstätten oder Schulen die Gemeinschaftsverpflegung nach dem Kriterium der Bio-Regionalität auszuschreiben.
VI. Nächste Schritte
Wie eingangs beschrieben, ist die Novellierung der UVgO nicht Bestandteil des Gesetzgebungsprozesses im Kontext der Vegabetransformation. Sie soll „in einem parallelen Prozess“ und unter Einbeziehung der Länder erarbeitet und von diesen weitestmöglich in ihre Landesvergaberegelungen übernommen werden. Näheres ist dazu aktuell nicht bekannt. Soweit (Zwischen)ergebnisse aus diesem Prozess zutage treten, werden wir über diese im cosinex Blog berichten.
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