
Wir vollziehen den digitalen Lückenschluss bei der Erfassung und Verarbeitung von Daten. Welche Rolle Formate wie das PDF in Zukunft dabei spielen, erklären wir in diesem Beitrag.
Die Digitalisierung hat viele Verwaltungsprozesse transformiert, doch der Ansatz, klassische Formulare einfach in digitale Formate zu überführen, ist in vielen Bereichen noch weitverbreitet. Diese Praxis, bei der digitale Formulare in Form von Word- oder PDF-Dateien oft nur eine direkte Abbildung ihrer papierbasierten Vorlagen sind, erfüllt nicht die Ansprüche moderner IT-Systeme. Formulare, ob in Papierform oder digitalisiert, sind statische Vorlagen, die den Anforderungen komplexer Vergabeverfahren nicht gerecht werden.
I. Funktionale Erweiterungen zur Prozessinnovation
In unserem Vergabemanagementsystem werden die wesentlichen Angaben zu Vergabeverfahren in bereits mithilfe dynamischer Benutzeroberflächen, sogenannter User Interfaces, erfasst. Sie bieten eine flexible und anpassungsfähige Datenerfassung, die auf die gewählte Vergabeordnung, Verfahrensart, den Verfahrensstand und die Rechte des Nutzers zugeschnitten ist. Trotz dieser innovativen Ansätze verblieben einige klassische Formularelemente, vor allem bei der Ausgabe von PDFs wie Absage- und Zusagemitteilungen oder Angebotsschreiben.
Mit funktionalen Erweiterungen gehen wir einen entscheidenden Schritt weiter: Wir verabschieden uns schrittweise von klassischen Formularen und optimieren die Art und Weise, wie Daten verarbeitet werden. Mithilfe neuer Funktionen wie konfigurierbaren Datenfeldern, WebForms für den strukturierten Datenaustausch und einer dynamischen Bieterkommunikation gestalten wir die Verarbeitung von Daten effizienter und flexibler. Dabei lösen wir uns endgültig von der starren Struktur klassischer Formulare und schaffen einen nahtlosen, automatisierten Datenfluss.
Diese Weiterentwicklung stellt eine Prozessinnovation dar: Die Kernprozesse des Vergabeverfahrens bleiben zwar bestehen, aber die Art, wie Daten erfasst, validiert und ausgetauscht werden, wird radikal verbessert. Wir ersetzen an den letzten verbleibenden Stellen starre Formularstrukturen durch dynamische, interaktive User Interfaces, die sich in Echtzeit an die spezifischen Anforderungen anpassen und so für eine höhere Effizienz und Benutzerfreundlichkeit sorgen.

Der Autor
Carsten Klipstein ist Geschäftsführer der cosinex GmbH sowie der GovTech GmbH und CEO der GovTech Gruppe. Als Projektleiter hat er unterschiedlichste E-Government-Projekte geleitet. Er ist Autor zahlreicher Fachbeiträge zu den Themen Vergaberecht, E-Government und Verwaltungsmodernisieurng.
II. Erste Fortschritte durch eForms
Die Herausforderungen hinsichtlich der wachsenden Komplexität zu erfassender Daten machen diese nächste Stufe erforderlich. Das ist vielerorts schon lange bekannt und wurde auch bereits umgesetzt:
So hat sich auch die EU mit den eForms endgültig von einer formularbasierten Darstellung der zu veröffentlichenden Daten verabschiedet. Der Standard stellt auf die rein technische Beschreibung der zu übermittelnden Informationen im Rahmen EU-weiter Bekanntmachungen ab – also auf die Loslösung von Daten und Struktur.
eForms sind – allen bekannten Widrigkeiten zum Trotz – ein wesentlicher Schritt bei der digitalen Transformation der öffentlichen Auftragsvergabe. Dass und welche Daten erfasst werden müssen, hat nur bedingt mit der Form und Struktur zu tun, in der das passiert.
III. Das sagen die Vergabehandbücher
Die Idee einer Trennung von inhaltlichen Vorgaben und Erfassungsstrukturen im Rahmen einer Abbildung in digitalen Lösungen wird seit Längerem auch von den wesentlichen Vergabehandbüchern gestützt. So hält das Vergabehandbuch des Bundes in den Allgemeinen Richtlinien Vergabeverfahren und Zuständigkeiten fest:
Alternativ zu den Formblättern des VHB können die Vergabestellen elektronisch generierte Formulare verwenden, welche lediglich die für das jeweilige Vergabeverfahren relevanten Angaben und Regelungen enthalten und insoweit optisch von den Formblättern des VHB abweichen. Inhaltliche Abweichungen und Änderungen sind nicht zulässig.
Die Inhalte elektronisch generierter Formulare müssen also mindestens die im VHB VOB Bund genannten Angaben enthalten, sie müssen aber nicht unbedingt auch so aussehen. Eine Erweiterung um mehr Angaben zur Ausschreibung wird zudem nicht ausgeschlossen und ist im Einzelfall auch notwendig.
Ähnlich auch das Vergabehandbuch des Landes Nordrhein-Westfalen:
Formulare, die über das Vergabemanagementsystem generiert werden, brauchen nicht der Form der in diesem Handbuch dargestellten Formulare entsprechen. Sie müssen jedoch das Verfahren vollständig dokumentieren.
IV. Den digitalen Lückenschluss vollziehen
Trotz dieser Fortschritte stellt sich das anachronistische digitale Formular in der Anmutung eines Papierformulars im Vergabeprozess als durchaus langlebig heraus: Kommunikation mit den Bietern, etwa die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots, findet zwar über die Vergabeplattform, dort aber oft mittels generierter PDF-Dateien statt. Bieter sind wiederum aufgefordert, Unterlagen wie das Angebotsschreiben oder Eigenerklärungen ihrerseits per Word oder PDF einzureichen.
Für uns ist dies Anlass, den digitalen Lückenschluss zu vollziehen und an so vielen Stellen wie möglich und dort so weit wie möglich die vollelektronische, dynamische und teilautomatische digitale Erfassung von Daten in strukturierter Form zu ermöglichen.
Diese Datenerfassung reagiert auf Nutzereingaben durch Hinweise, Fehlermeldungen sowie durch das Ein- oder Ausblenden weiterer Datenfelder abhängig von den Nutzereingaben. Mit ihr werden redundante Datenerfassungen wie die mehrfache Eingabe von Angebotspreisen obsolet. Sie ermöglicht die unmittelbare Validierung der Daten sowie vielfältige Auswertungs-, Verarbeitungs- und Darstellungsformen. Auch werden durch sie mandantenindividuelle Konfigurationen einfacher und schneller möglich.
1. Verzicht auf PDF: Ein notwendiger Schritt zur Effizienz
Traditionelle PDF-Dokumente spielen im Vergabeprozess noch eine große Rolle, besonders bei der Bieterkommunikation und der Angebotsabgabe. Diese Praxis behindert jedoch die vollständige Digitalisierung. PDFs, die als „Elektrifizierung von Papier“ betrachtet werden, verursachen Medienbrüche und bieten keine dynamischen Möglichkeiten zur sofortigen Validierung oder Bearbeitung der Daten.
Daher verabschieden wir uns von PDFs und setzen stattdessen auf dynamische WebForms, die redundante Dateneingaben vermeiden und eine sofortige Validierung ermöglichen. Das PDF-Format bleibt dort erhalten, wo es eine Rolle bei der Archivierung spielt, wie im Gesamtvermerk für das Verfahren oder bei Anfragen nach Informationsfreiheitsgesetzen.
2. Schrittweiser Ersatz von PDF-Formularen
Für alle anderen Zwecke ersetzen wir PDFs durch konfigurierbare Nachrichten und dynamische Schnittstellen.
- Bieterkommunikation: Vorgaben zur Kommunikation mit Bietern wie die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots, Absagemitteilungen und der Zuschlag werden zukünftig über konfigurierbare Nachrichten abgewickelt, die direkt über die Vergabeplattform übermittelt werden. Dies ersetzt den bisherigen PDF-Anhang.
- Interne Vermerke: Vorgaben aus Vergabehandbüchern, die als interne Vermerke zur Dokumentation dienen, werden künftig über vergabehandbuchspezifische Konfigurationen abgebildet und im „cosinex-Gesamtvermerk“ exportiert.
- Angebotsabgabe: Zukünftig erfolgen Angebotsschreiben und Eigenerklärungen über WebForms, die dynamisch auf die spezifischen Anforderungen des Verfahrens reagieren.
V. Ausnahme Zuschlagsschreiben?
Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren sind grundsätzlich elektronische Mittel zu verwenden. Darüberhinausgehende Vorgaben bestehen in vergaberechtlicher Hinsicht nicht.
Allerdings können sich über die vergaberechtlichen Vorgaben hinausgehende Formvorschriften aus anderen Rechtsgrundlagen – etwa dem Haushaltsrecht – ergeben. Einen Überblick über die Vorgaben haben wir in diesem Beitrag gegeben.
VI. Fazit: Formulare – Überholt im digitalen Zeitalter?
Formulare waren lange ein unverzichtbares Werkzeug zur Standardisierung von Verwaltungsprozessen, sind jedoch heute nicht mehr ausreichend. Daher ersetzen wir diese starren Strukturen durch dynamische User Interfaces, die den Kernprozess des Vergabeverfahrens effizienter, flexibler und benutzerfreundlicher gestalten. Statt statischer Formulare ermöglichen WebForms und dynamische User Interfaces einen flexiblen Datenaustausch, der die Art und Weise, wie Daten erfasst und verarbeitet werden, grundlegend verbessert.
Durch diese Prozessinnovationen wollen wir unsere Lösungen für die Vergabestellen auf das nächste Level heben und für eine effizientere und zukunftsorientierte Verwaltung sorgen. Wie das konkret aussieht, erfahren Sie in den nächsten Tagen, wenn wir hier im Blog die Version 12 des cosinex Vergabemanagementsystems vorstellen.
Titelbild: Nikita Gonin – stock.adobe.com