Welche Vorschriften gelten in den Bundesländern bei der medienbruchfreien Vergabe? In diesem Beitrag geben wir einen Überblick über die Regelungen und ergänzen diesen um praxistaugliche Hinweise zum Umgang mit den divergierenden Anforderungen.

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Bei der papiergebundenen Abwicklung von Vergabeverfahren kam Formularen und Unterschriften eine entscheidende Bedeutung zu. Die Formulare dienten der strukturierten Erfassung von Informationen, die Unterschriften unter den jeweiligen Dokumenten begründeten die Rechtsverbindlichkeit.

Im Zuge der Digitalisierung trat die Bedeutung der Formulare zurück, da die entsprechenden Softwarelösungen informationsgetrieben und kontextabhängig Daten erfassen und gerade nicht nach Formularfeldern funktionieren. Die Unterschrift wurde durch die Textform nach § 126 b BGB abgelöst.

Allerdings ist die E-Vergabe eingebettet in vor- und nachgelagerte Prozesse. Sie können anderen Formvorschriften unterliegen, die bislang nicht mit den Bestimmungen zur E-Vergabe synchronisiert wurden, nach der für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren grundsätzlich elektronische Mittel zu verwenden sind. Selbst für die Form des Vergabevermerks genügt die Textform.

Darüber hinaus können aber kommunalrechtliche oder haushaltsrechtliche Formvorgaben greifen. Das wohl praxisrelevanteste Beispiel ist der Zuschlag bzw. das Auftragsschreiben, welches im Hinblick auf die Formvorschriften unter vergabe- wie kommunalrechtlichen Gesichtspunkten bewertet werden kann.

I. Vergaberechtliche Formvorschriften bei Auftragsschreiben

Beschaffungsverträge kommen – wie andere Verträge auch – durch Angebot und Annahme zustande. Der öffentliche Auftraggeber muss das Angebot des Bieters annehmen. Juristisch betrachtet ist die Annahme eine empfangsbedürftige Willenserklärung, in der die vorbehaltlose Akzeptanz des Angebots ausgesprochen werden muss. In der Vergabepraxis erfolgt dies, indem dem Bieter die Erteilung des Zuschlags mit einem Zuschlags- oder Auftragsschreiben übermittelt wird.

Zivilrechtlich betrachtet ist das „Auftragsschreiben“ eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Sie wird erst zu dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie dem Bieter zugeht (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB). Zugegangen ist eine Willenserklärung erst, wenn sie so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen und wenn damit zu rechnen ist, dass er tatsächlich Kenntnis erlangen wird. Dies ist bei Nutzung einer Vergabeplattform regelmäßig dann der Fall, wenn der öffentliche Auftraggeber die Zuschlagsmitteilung abgesandt hat und sie dergestalt im digitalen Projektraum oder Postfach des Bieters auf der Vergabeplattform eingegangen ist, dass der Bieter sie abrufen kann (vgl. hierzu auch Spruchpraxis zum Absenden nach § 134 GWB über Vergabeplattformen verdichtet sich).

Anders als die inzwischen überholte Regelung nach § 21 EG Abs. 2 und Abs. 3 VOL/A sieht die VgV keine bestimmte Form der Zuschlagserteilung vor. Während also nach altem Recht im Fall des elektronischen Zuschlags noch eine qualifizierte elektronische Signatur gefordert war, schreiben die heute gültigen vergaberechtlichen Spezialregelungen für elektronische Angebote, Interessenbekundungen und Teilnahmeanträge lediglich die Textform explizit vor (vgl. § 53 VgV, 38 UVgO).

In Ermangelung einer heute gültigen Spezialregelung finden die grundlegenden Bestimmungen des § 9 VgV Anwendung. Demnach sind für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren grundsätzlich elektronische Mittel zu verwenden. Eine mündliche Zuschlagserteilung ist nach § 9 Abs. 2 UVgO ausgeschlossen. Darüber hinausgehende Vorgaben an das Zuschlagsschreiben bestehen in vergaberechtlicher Hinsicht nicht.

II. Kommunalrechtliche und haushaltsrechtliche Formvorschriften bei Auftragsschreiben

Über die vergaberechtlichen Vorgaben hinausgehende Formvorschriften können sich hingegen aus kommunalrechtlichen Vorgaben ergeben. Vor dem Hintergrund der föderalen Struktur der Bundesrepublik Deutschland verwundert es nicht, dass diese ausgesprochen heterogen sind.

Aufgrund der Unterschiedlichkeit fällt schon eine Bildung von fachgerechten Fallgruppen schwer. Beispielsweise gibt es in Bayern eine Sonderregelung für die Vergabe öffentlicher Aufträge, und in Berlin erfasst die Sonderregelung der LHO explizit den Zuschlag. In anderen Bundesländern dürfte die übliche Differenzierung in Geschäfte der laufenden Verwaltung und darüber hinausgehende Geschäfte von Bedeutung sein (bspw. Brandenburg). In Mecklenburg-Vorpommern bedürfen entsprechende Verpflichtungen einer Gemeinde der eigenhändigen Unterschrift des Bürgermeisters und eines Dienstsiegels, wobei Ausnahmen nach Wertgrenzen festgelegt werden können.

Die ganze Bandbreite der Regelungen ergibt sich aus der folgenden, nicht abschließenden Übersicht:

Baden-Württemberg

Baden-Württemberg Mustererklärungen

Gemeindeordnung für Baden-Württemberg (Gemeindeordnung – GemO) in der Fassung vom 24. Juli 2000

§ 54 Verpflichtungserklärungen

(1) Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, bedürfen der Schriftform oder müssen in elektronischer Form mit einer dauerhaft überprüfbaren Signatur versehen sein. Sie sind vom Bürgermeister zu unterzeichnen.

(2) Im Fall der Vertretung des Bürgermeisters müssen Erklärungen durch dessen Stellvertreter, den vertretungsberechtigten Beigeordneten oder durch zwei vertretungsberechtigte Gemeindebedienstete unterzeichnet werden.

(3) Den Unterschriften soll die Amtsbezeichnung und im Fall des Absatzes 2 ein das Vertretungsverhältnis kennzeichnender Zusatz beigefügt werden.

(4) Die Formvorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Erklärungen in Geschäften der laufenden Verwaltung oder auf Grund einer in der Form der Absätze 1 bis 3 ausgestellten Vollmacht.

Bayern

Gemeindeordnung (GO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. August 1998 (GVBl. S. 796, BayRS 2020-1-1-I), die zuletzt durch die §§ 2, 3 des Gesetzes vom 24. Juli 2023 (GVBl. S. 385, 586) geändert worden ist

Art. 38 Verpflichtungsgeschäfte; Vertretung der Gemeinde nach außen

(1) Die erste Bürgermeisterin oder der erste Bürgermeister vertritt die Gemeinde nach außen. Der Umfang der Vertretungsmacht ist auf ihre Befugnisse beschränkt.

(2) Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, bedürfen der Schriftform; das gilt nicht für ständig wiederkehrende Geschäfte des täglichen Lebens, die finanziell von unerheblicher Bedeutung sind. Die Erklärungen sind durch die erste Bürgermeisterin oder den ersten Bürgermeister oder ihre Stellvertretung unter Angabe der Amtsbezeichnung zu unterzeichnen. Sie können auf Grund einer den vorstehenden Erfordernissen entsprechenden Vollmacht auch von Gemeindebediensteten unterzeichnet werden. Bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen genügt die Textform, soweit eine andere Rechtsvorschrift nichts Abweichendes bestimmt.

Berlin

Ausführungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung (AV LHO) in der Fassung vom 9. Februar 2023

11 Auftragserteilung

11.1 Der Inhalt der Verträge sowie der Inhalt der mit anderen Stellen der unmittelbaren oder mittelbaren Landesverwaltung über entgeltliche Lieferungen und Leistungen getroffenen Vereinbarungen sind schriftlich oder elektronisch in Textform gemäß § 126b BGB festzulegen. Dies gilt auch bei unveränderter Annahme eines Angebots (Zuschlag). Bei voraussichtlichen Kosten bis zu 150 Euro können Aufträge mündlich vereinbart werden. Lässt sich bei voraussichtlichen Kosten von mehr als 150 Euro ein mündlicher Auftrag nicht vermeiden, so ist er unverzüglich schriftlich oder elektronisch in Textform gemäß § 126b BGB zu bestätigen. Die Verfügung über einen schriftlichen, mündlichen oder elektronisch in Textform erteilten Auftrag muss alle Angaben enthalten, die für die Eintragung der Festlegung in der Haushaltsüberwachungsliste nach den Nrn. 2.4 oder 3.4 Anlage 1 AV § 34 erforderlich sind.

Brandenburg

Kommunalverfassung des Landes Brandenburg (Brandenburgische Kommunalverfassung – BbgKVerf) vom 5. März 2024

§ 57 Abgabe von Erklärungen

(1) Der Hauptverwaltungsbeamte vertritt die Gemeinde in Rechts- und Verwaltungsgeschäften.

(2) Erklärungen, durch die die Gemeinde verpflichtet werden soll, bedürfen der Schriftform. Sie sind vom Hauptverwaltungsbeamten und einem seiner Stellvertreter nach § 56 abzugeben.

(3) Absatz 2 gilt nicht für Geschäfte der laufenden Verwaltung.

(4) Geschäfte, die ein für ein bestimmtes Geschäft oder einen Kreis von Geschäften ausdrücklich Bevollmächtigter abschließt, bedürfen nicht der Form nach Absatz 2, wenn die Vollmacht in dieser Form erteilt worden ist.

(5) Erklärungen, die nicht den Absätzen 2 und 4 entsprechen, sind schwebend unwirksam.

Bremen

Haushaltsordnung der Freien Hansestadt Bremen (Landeshaushaltsordnung – LHO) zuletzt geändert 13.07,2021

§ 55 Öffentliche Ausschreibung

(2) Für das Verfahren beim Abschluss von Verträgen kann der Senator für Finanzen einheitliche Richtlinien aufstellen.

Hamburg

Hamburgische Vergaberichtlinie (HmbVgRL) Stand 7/2024

7.1 Zuschlag (§ 43 UVgO bzw. § 58 VgV)

Der Zuschlag bewirkt den Vertragsschluss (Annahme des Angebots nach den §§ 147 ff. BGB: Der Zuschlag ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung und wird nach § 130 Abs. 1 BGB mit dem Zugang des Vordrucks Zuschlag beim Bieter innerhalb der Bindefrist wirksam). (…) Im Übrigen erfolgt eine Zuschlagsmitteilung an den Bestbieter in Schriftform, per Telefax oder in Textform mithilfe elektronischer Mittel wie folgt:

  • Bei Verhandlungsvergaben bis 100.000 Euro Gesamtauftragswert im elektronischen Bestellwesen der FHH oder anderen elektronischen Bestellanwendungen kann eine Zuschlagsmitteilung durch einfache E-Mail ergehen, aus der die Auftraggeberin (Absenderin) eindeutig hervorgeht (d.h. mindestens Textform nach § 126b BGB). Die haushalts- und kassenrechtlichen Vorgaben bleiben unberührt.
    (…)

Verwaltungs-, Kassen- und Haushaltsrecht

Neben den vergaberechtlichen Vorgaben muss eine Vergabestelle stets auch die geltenden verwaltungs-, kassen- und haushaltsrechtlichen Vorgaben beachten. Im Rahmen dieser Richtlinie wird nur auf zwei für Vergabeverfahren besonders relevante Vorgaben hingewiesen:

Zeichnungsberechtigungen und etwaige Schriftform: Mit der Mitteilung über den Zuschlag entsteht ein privatrechtlicher Vertrag. Ab einem Auftragswert von 20.000 Euro inklusive Umsatzsteuer bedarf es daher der Unterzeichnung zweier zur Vertretung der Freien und Hansestadt Hamburg befugten Personen, vgl. Abschnitt V der Anordnung über die Befugnis zur Vertretung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 19. April 2001, zuletzt geändert am 7. September 2021. Bei Verwendung des E-Vergabesystems bedarf es hingegen keiner gesonderten Unterzeichnung (vgl. Hinweise in den Vordrucken Zuschlag und Auftragsschein).

Hessen

Hessische Gemeindeordnung (HGO)
in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. März 2005

§ 71 Vertretung der Gemeinde

(1) Der Gemeindevorstand vertritt die Gemeinde. Erklärungen der Gemeinde werden in seinem Namen durch den Bürgermeister oder dessen allgemeinen Vertreter, innerhalb der einzelnen Arbeitsgebiete durch die dafür eingesetzten Beigeordneten abgegeben. Der Gemeindevorstand kann auch andere Gemeindebedienstete mit der Abgabe von Erklärungen beauftragen.

(2) Erklärungen, durch die die Gemeinde verpflichtet werden soll, bedürfen der Schriftform oder müssen in elektronischer Form mit einer dauerhaft überprüfbaren qualifizierten elektronischen Signatur versehen sein. Sie sind nur rechtsverbindlich, wenn sie vom Bürgermeister oder seinem allgemeinen Vertreter sowie von einem weiteren Mitglied des Gemeindevorstands unterzeichnet sind. Dies gilt nicht für Geschäfte der laufenden Verwaltung, die für die Gemeinde von nicht erheblicher Bedeutung sind, sowie für Erklärungen, die ein für das Geschäft oder für den Kreis von Geschäften ausdrücklich Beauftragter abgibt, wenn die Vollmacht in der Form nach Satz 1 und 2 erteilt ist.

(3) Bei der Vollziehung von Erklärungen sollen Mitglieder des Gemeindevorstands ihre Amtsbezeichnung, die übrigen mit der Abgabe von Erklärungen beauftragten Gemeindebediensteten einen das Auftragsverhältnis kennzeichnenden Zusatz beifügen.

Mecklenburg-Vorpommern

Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Kommunalverfassung – KV M-V)

§ 38 Hauptamtlicher Bürgermeister

(6) Erklärungen, durch die die Gemeinde verpflichtet werden soll oder mit denen eine Vollmacht erteilt wird, bedürfen der Schriftform. Sie sind vom Bürgermeister sowie einem seiner Stellvertreter handschriftlich zu unterzeichnen und mit dem Dienstsiegel zu versehen. Die Hauptsatzung kann Wertgrenzen bestimmen, bis zu denen es dieser Formvorschriften ganz oder teilweise nicht bedarf. Satz 2 gilt auch für die Ausfertigung von Urkunden nach beamtenrechtlichen Vorschriften und für den Abschluss von Arbeitsverträgen. Erklärungen, die diesen Formvorschriften nicht genügen, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung durch die Gemeindevertretung. Verträge der Gemeinde mit Mitgliedern der Gemeindevertretung und der Ausschüsse sowie mit dem Bürgermeister und leitenden Bediensteten der Gemeinde bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung durch die Gemeindevertretung. Gleiches gilt für Verträge der Gemeinde mit natürlichen oder juristischen Personen oder Vereinigungen, die durch die in Satz 6 genannten Personen vertreten werden.

§ 173a Elektronische Kommunikation

(1) Für Erklärungen, durch die Gemeinden, Landkreise, Ämter oder Zweckverbände verpflichtet werden, kann die Haupt- oder Verbandssatzung vorsehen, dass neben der Schriftform auch die elektronische Form zulässig ist. In elektronischer Form müssen diese Erklärungen mit einer dauerhaft überprüfbaren qualifizierten Signatur versehen sein. Die handschriftliche Unterzeichnung sowie die Beifügung des Dienstsiegels entfallen.

(2) Für Einwohneranträge, Bürgerbegehren und Bürgerentscheide der Gemeinden und Landkreise findet § 3a des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes keine Anwendung.

Niedersachsen

Wappen des Bundeslandes Niedersachsen ist das springende weiße Ross im roten Felde.

Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG) vom 17. Dezember 2010, zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 8. Februar 2024.

§ 86 Repräsentative Vertretung, Rechts- und Verwaltungsgeschäfte

(1) Die repräsentative Vertretung der Kommune obliegt der Hauptverwaltungsbeamtin oder dem Hauptverwaltungsbeamten, bei ihrer oder seiner Abwesenheit den ehrenamtlichen Stellvertreterinnen oder Stellvertretern (§ 81 Abs. 2). Sie oder er vertritt die Kommune nach außen in allen Rechts- und Verwaltungsgeschäften sowie in gerichtlichen Verfahren. Die Vertretung der Kommune in Organen und sonstigen Gremien von juristischen Personen und Personenvereinigungen gilt nicht als Vertretung der Kommune im Sinne des Satzes 2.

(2) Soweit Erklärungen, durch die die Kommune verpflichtet werden soll, nicht gerichtlich oder notariell beurkundet werden, sind sie nur dann rechtsverbindlich, wenn sie von der Hauptverwaltungsbeamtin oder dem Hauptverwaltungsbeamten handschriftlich unterzeichnet wurden oder von ihr oder ihm in elektronischer Form mit der dauerhaft überprüfbaren qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind.

(3) Wird für ein Geschäft oder eine bestimmte Art von Geschäften eine Bevollmächtigte oder ein Bevollmächtigter bestellt, so gelten für die Bevollmächtigung die Vorschriften für Verpflichtungserklärungen entsprechend. 2Soweit die im Rahmen dieser Vollmachten abgegebenen Erklärungen nicht gerichtlich oder notariell zu beurkunden sind, müssen sie die Schriftform aufweisen oder in elektronischer Form mit einer dauerhaft überprüfbaren qualifizierten elektronischen Signatur versehen sein.

(4) Die Absätze 2 und 3 gelten nicht für Geschäfte der laufenden Verwaltung.

(5) Ist nach Beginn der neuen Wahlperiode der Vertretung das Amt der Hauptverwaltungsbeamtin oder des Hauptverwaltungsbeamten nicht besetzt oder ist sie oder er daran gehindert, das Amt auszuüben, so obliegt die repräsentative Vertretung der Kommune vor der ersten Sitzung der Vertretung der oder dem ältesten der bisherigen Stellvertreterinnen oder Stellvertreter nach § 81 Abs. 2 Satz 1.

Nordrhein-Westfalen

Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juli 1994 (GV. NRW. S. 666)

Zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 5. März 2024 (GV. NRW. S. 136)

§ 64 Abgabe von Erklärungen

(1) Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, bedürfen der Schriftform. Sie sind vom Bürgermeister oder dem allgemeinen Vertreter zu unterzeichnen, soweit nicht dieses Gesetz etwas anderes bestimmt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für Geschäfte der laufenden Verwaltung.

(3) Geschäfte, die ein für ein bestimmtes Geschäft oder einen Kreis von Geschäften ausdrücklich Bevollmächtigter abschließt, bedürfen nicht der Form des Absatzes 1, wenn die Vollmacht in der Form dieses Absatzes erteilt ist.

(4) Erklärungen, die nicht den Formvorschriften dieses Gesetzes entsprechen, binden die Gemeinde nicht.

Rheinland-Pfalz

Gemeindeordnung (GemO) in der Fassung vom 31. Januar 1994

§ 49 Verpflichtungserklärungen

(1) Erklärungen, durch die die Gemeinde verpflichtet werden soll, bedürfen der Schriftform. Sie sind nur rechtsverbindlich, wenn sie vom Bürgermeister oder dem zur allgemeinen Vertretung berufenen Beigeordneten oder einem ständigen Vertreter unter Beifügung der Amtsbezeichnung handschriftlich unterzeichnet oder in elektronischer Form mit einer dauerhaft überprüfbaren qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind. Wird eine Verpflichtungserklärung gerichtlich oder notariell beurkundet, so braucht die Amtsbezeichnung nicht beigefügt zu werden.

(2) Verpflichtungserklärungen eines Bevollmächtigten sind nur rechtsverbindlich, wenn sie schriftlich abgegeben werden und die Vollmacht in der Form des Absatzes 1 Satz 2 erteilt worden ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für Erklärungen in Geschäften der laufenden Verwaltung, die für die Gemeinde finanziell unerheblich sind.

Saarland

Kommunalselbstverwaltungsgesetz (KSVG) In der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juni 1997 (Amtsbl. S. 682)

Zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Dezember 2023 (Amtsbl. I S. 1119)

§ 62 KSVG – Verpflichtungserklärungen

(1) Erklärungen, durch die die Gemeinde verpflichtet werden soll, sowie Erklärungen, durch die die Gemeinde auf Rechte verzichtet, müssen schriftlich oder elektronisch erfolgen. Erklärungen in Schriftform sind nur rechtsverbindlich, wenn sie von der Bürgermeisterin oder vom Bürgermeister oder der allgemeinen Vertreterin oder dem allgemeinen Vertreter unter Beifügung der Amtsbezeichnung und des Dienstsiegels handschriftlich unterzeichnet sind. Erklärungen in elektronischer Form sind nur rechtsverbindlich, wenn sie mit einer dauerhaft überprüfbaren Signatur und dem elektronischen Dienstsiegel versehen sind.

(2) Wird für ein Geschäft oder einen Kreis von Geschäften eine Bevollmächtigte oder ein Bevollmächtigter bestellt, so bedarf die Vollmacht der Form des Absatzes 1. Die im Rahmen dieser Vollmacht abgegebenen Erklärungen müssen schriftlich oder elektronisch erfolgen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für Erklärungen in den Geschäften der laufenden Verwaltung.

Sachsen

Sächsische Gemeindeordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. März 2018 (SächsGVBl. S. 62), die zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 28. November 2023 (SächsGVBl. S. 870) geändert worden ist

§ 60 Verpflichtungserklärungen

(1) Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, bedürfen der Schriftform und sind vom Bürgermeister handschriftlich zu unterzeichnen. Erklärungen nach Satz 1 sind auch in elektronischer Form zulässig, sofern sie mit einer dauerhaft überprüfbaren elektronischen Signatur des Bürgermeisters versehen sind.

(2) Im Falle der Vertretung des Bürgermeisters müssen Erklärungen durch dessen Stellvertreter, den vertretungsberechtigten Beigeordneten oder durch zwei vertretungsberechtigte Bedienstete unterzeichnet werden.

(3) Den Unterschriften soll die Amtsbezeichnung und im Falle des Absatzes 2 ein das Vertretungsverhältnis kennzeichnender Zusatz beigefügt werden.

(4) Die Formvorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Erklärungen in Geschäften der laufenden Verwaltung oder aufgrund einer in der Form der Absätze 1 bis 3 ausgestellten Vollmacht.

Sachsen-Anhalt

Kommunalverfassungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt
(Kommunalverfassungsgesetz – KVG LSA) vom 17. Juni 2014

§ 73 Verpflichtungsgeschäfte

(1) Erklärungen, durch welche die Kommune verpflichtet werden soll, bedürfen der Schriftform. Sie sind, sofern sie nicht gerichtlich oder notariell beurkundet werden, nur rechtsverbindlich, wenn sie vom Hauptverwaltungsbeamten handschriftlich unterzeichnet wurden oder von ihm in elektronischer Form mit der dauerhaften qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind.

(2) Im Fall der Vertretung des Hauptverwaltungsbeamten müssen Erklärungen durch dessen Stellvertreter, den vertretungsberechtigten Beigeordneten oder durch zwei vertretungsberechtigte Beschäftigte handschriftlich unterzeichnet werden oder von ihnen in elektronischer Form mit der dauerhaften qualifizierten elektronischen Signatur versehen sein.

(3) Den Unterschriften soll die Amtsbezeichnung und im Fall des Absatzes 2 ein das Vertretungsverhältnis kennzeichnender Zusatz beigefügt werden.

(4) Die Formvorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Erklärungen in Geschäften der laufenden Verwaltung oder aufgrund einer in der Form der Absätze 1 bis 3 ausgestellten Vollmacht.

Schleswig-Holstein

Gemeindeordnung für Schleswig-Holstein (Gemeindeordnung – GO -)
in der Fassung vom 28. Februar 2003

§ 51 Gesetzliche Vertretung

(1) Die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister ist gesetzliche Vertreterin oder gesetzlicher Vertreter der Gemeinde.

(2) Erklärungen, durch die die Gemeinde verpflichtet werden soll, bedürfen der Schriftform. Sie sind von der Bürgermeisterin oder vom Bürgermeister, für deren oder dessen Vertretung § 52 a Abs. 1 gilt, handschriftlich zu unterzeichnen.

(3) Wird für ein Geschäft oder für einen Kreis von Geschäften eine Bevollmächtigte oder ein Bevollmächtigter bestellt, so bedarf die Vollmacht der Form des Absatzes 2. Die im Rahmen dieser Vollmacht abgegebenen Erklärungen bedürfen der Schriftform.

(4) Die Absätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Wert der Leistung der Gemeinde einen in der Hauptsatzung bestimmten Betrag nicht übersteigt.

Thüringen

Thüringer Gemeinde- und Landkreisordnung (Thüringer Kommunalordnung – ThürKO -) in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Januar 2003

§ 31 Vertretung der Gemeinde

(1) Der Bürgermeister vertritt die Gemeinde nach außen.

(2) Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, binden sie nur, wenn sie in schriftlicher Form abgegeben werden. Die Erklärungen sind durch den Bürgermeister oder seinen Stellvertreter unter Angabe der Amtsbezeichnung handschriftlich zu unterzeichnen. Sie können aufgrund einer den vorstehenden Erfordernissen entsprechenden Vollmacht auch von Beigeordneten oder Bediensteten der Gemeinde unterzeichnet werden.

III. Hinweise für die Praxis

Die Regelungen in Bayern und Berlin scheinen besonders anwenderfreundlich, da sie klarstellen, dass die Auftragserteilung bei öffentlichen Aufträgen in Textform gem. § 126 b BGB erfolgen kann. In Hamburg findet sich eine entsprechende Sonderregelung für Aufträge, die über eine E-Vergabeplattform abgewickelt werden. Es wäre zu begrüßen, würden weitere Bundesländer diesem Beispiel folgen und die erforderlichen Klarstellungen vornehmen. Letztlich würde dies eine klare Grundlage für die medienbruchfreie digitale Abwicklung von Vergabeverfahren schaffen.

In den meisten anderen Bundesländern mag sich eine praxistaugliche Lösung über die „Geschäfte der laufenden Verwaltung“ anbieten, die das Schriftformerfordernis in vielen Ländern entbehrlich machen. Unter solche werden Routineangelegenheiten gefasst, die für die betreffende Selbstverwaltungskörperschaft sachlich, politisch und insbesondere finanziell nicht von grundsätzlicher Bedeutung sind und die daher im Regelfall von der Verwaltung nach feststehenden Regeln erledigt werden können, ohne dass sich ein Kollegialorgan wie etwa der Rat gesondert befassen muss. Der finanzielle Umfang zur Einordnung eines Geschäfts der laufenden Verwaltung hängt von der Finanzkraft und somit indirekt von der Größe beziehungsweise der Einwohnerzahl der jeweiligen Gebietskörperschaft ab.

Eine andere Variante für Erklärungen ohne Schriftform bilden die etwa in Nordrhein-Westfalen vorgesehenen Bevollmächtigten. Für deren Erklärungen gilt nicht das Schriftformerfordernis, soweit sie für entsprechende Geschäfte im Innenverhältnis schriftlich bevollmächtigt wurden.

IV. Fazit

Jedenfalls bei Geschäften der laufenden Verwaltung steht das kommunale Haushaltsrecht einer medienbruchfreien Vergabe im Regelfall nicht entgegen.

Gleichwohl werden damit, jedenfalls außerhalb von Bayern und Berlin, Aufträge verbleiben, für die aus haushaltsrechtlichen Gründen beim Auftragsschreiben bzw. Zuschlag die Schriftform angezeigt ist.

Organisatorisch muss sich jeder öffentliche Auftraggeber die Frage stellen, ob er für gegebenenfalls sehr wenige Ausnahmen generell alle Aufträge mit der Schriftform versieht oder die Vorteile der vollelektronischen Vergabe bis zum Zuschlag nutzt und nur in Ausnahmefällen ein Auftragsschreiben postalisch mit einer Unterschrift oder elektronisch mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versieht.

Titelbild: Max – Pixabay