Der Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus Schleswig-Holsteins, Claus Ruhe Madsen

Das Landesvergabegesetz Schleswig-Holsteins gilt auch für Zuwendungsempfänger, die für bestimmte Vorhaben Zuwendungen von über 50 % aus staatlichen Mitteln erhalten. Dies will das Wirtschaftsministerium ändern.

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Derzeit wird das schleswig-holsteinische Vergabegesetz (VGSH) novelliert. Der Gesetzentwurf der Landesregierung war am 17. Juli in erster Lesung im Landtag behandelt worden.

Anwendung von § 99 Nr. 4 GWB

Die vorgesehenen Änderungen sind – wir berichteten – überwiegend redaktioneller Art. Jüngst hat sich das Wirtschaftsministerium selbst in das parlamentarische Verfahren eingeschaltet und eine Änderung vorgeschlagen, mit der die Anwendung des § 99 Nr. 4 GWB bei Unterschwellenvergaben abgeschafft würde.

Das entsprechende Schreiben des Landeswirtschaftsministers Claus Ruhe Madsen an den Ausschussvorsitzenden Claus Christian Claussen (beide CDU) liegt als Drucksache vor und geht somit in die Beratungen ein.

Darin erklärt Madsen, dass die oben genannte Nummer 4 des GWB sonstige, nicht „geborene“ öffentliche Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts erfasse. Gemeint sind natürliche und juristische Personen wie Unternehmen oder Vereine, die grundsätzlich das Vergaberecht nicht anwenden müssen, die aber zu öffentlichen Auftraggebern werden, weil sie für bestimmte Vorhaben Zuwendungen von über 50 % aus staatlichen Mitteln erhalten.

Überforderung und Fehler mit erheblichen Folgen

Diese entsprechende Anwendung führt somit bislang dazu, dass auch kleinere und private Zuwendungsempfänger allein aufgrund der Zuwendung zur Anwendung aller vergaberechtlichen Vorschriften verpflichtet sind, ohne dass es EU-rechtlich notwendig ist“, so der Minister.

Von Zuwendungsstellen werde von einer deutlichen Überforderung dieser Zuwendungsempfänger berichtet: Fehler würden sich zuwendungsschädlich auswirken und zu Rückforderungen bei den Zuwendungsempfängern führen – im Falle von EU-Förderungen auch zu Kürzungen der EU-Mittel des Landes und zu Zahlungsstopps.

Abschaffung führe zu Bürokratieabbau

Der Minister unterstütze eine Abschaffung dieser Vorgabe im Unterschwellenvergaberecht „nachdrücklich, weil sie einen erheblichen Bürokratieabbau bewirken würde, ohne dass es sich negativ auf bedeutsame Prinzipien wie Wettbewerb oder Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit auswirkt“.

Dem Ausschuss wird daher empfohlen, im Zuge der anstehenden Gesetzesänderung, die entsprechende Anwendung des § 99 Nr. 4 GWB im Unterschwellenvergaberecht in Schleswig-Holstein abzuschaffen. Zu ändern wäre dazu die Verweisung in § 1 Absatz 1 VGSH. Eine Empfehlung der entsprechenden Neufassung wird mitgeliefert:

a) Absatz 1 Satz 3 erhält folgende Fassung: „Dieses Gesetz gilt nicht für Auftraggeber nach § 99 Nummer 4 GWB oder soweit das Vergabeverfahren im Namen oder im Auftrag des Bundes oder eines anderen Bundeslandes oder gemeinsam mit Auftraggebern anderer Bundesländer durchgeführt wird.“

b) Absatz 2 erhält folgende Fassung: „(2) Für dieses Gesetz gelten die Ausnahmen der §§ 107 bis 109, 116, 117, 137 bis 140, 145, 149 sowie 150 GWB entsprechend.“

Die Begründung zu Artikel 1 könnte wie folgt ergänzt werden:

Zu Ziffer 1 a)

Die Herausnahme von Auftraggebern aus dem Anwendungsbereich des VGSH führt zu einer erheblichen und wichtigen Entlastung von kleinen und privaten Zuwendungsempfängern. Der Verweis in § 1 Absatz 1 VGSH auf alle Auftraggeber gemäß § 98 GWB führt dazu, dass auch private und andere kleine Zuwendungsempfänger, die originär gerade nicht dem Vergaberechtsregime unterfallen, aufgrund der entsprechenden Anwendung des § 99 Nr. 4 GWB alle Bestimmungen des Landesvergaberechts einhalten müssen, weil sie für bestimmte Vorhaben eine über 50 %-Zuwendung aus staatlichen Mitteln erhalten. Dies kann zu einer unnötigen Überforderung dieser Zuwendungsempfänger führen und sich bei Vergabefehlern zuwendungsschädlich auswirken. Eine solche entsprechende Anwendbarkeit des EU-Vergaberechts auch im Landesvergaberecht von Schleswig-Holstein ist weder geboten noch sinnvoll. Zuwendungsgebern steht es unverändert frei, die sparsame Verwendung von Subventionen über standardisierte oder individuelle Zuwendungsbedingungen zu steuern.

Über den Fortgang des parlamentarischen Verfahrens informieren wir wie gewohnt aktuell im cosinex Blog.

Titelbild: Frank Peter