Baden-Württemberg wird die geplante Änderung des Landestariftreue- und Mindestlohngesetzes (LTMG) nicht weiterverfolgen. Zu hoch sei der damit verbundene bürokratische Mehraufwand.
Bereits Ende Juli berichtete die Stuttgarter Zeitung über entsprechende Aussagen der Landeswirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut. Diese Berichterstattung nahm der SPD-Landtagsabgeordnete Dr. Boris Weirauch zum Anlass, eine Stellungnahme der Landesregierung einzuholen.
Eine Reform des LTMG war im Koalitionsvertrag der grün-schwarzen Landesregierung vereinbart worden. Der vergabespezifische Mindestlohn sollte jeweils der untersten Entgeltgruppe des Tarifvertrags des öffentlichen Dienstes entsprechen. Auch war die Verankerung strategischer Beschaffungsziele im LTMG für Vergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte für Land und Kommunen vorgesehen.
Abgestimmter Entwurf wird nicht weiterverfolgt
Noch am 17. April 2024 erklärte der Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus des Landes Baden-Württemberg Dr. Patrick Rapp im Rahmen einer Regierungsbefragung, dass es einen ressortabgestimmten Gesetzentwurf für Verbesserungen beim LTMG gebe, der den Regierungsfraktionen zugeleitet worden sei.
In seiner Stellungnahme auf Antrag des Abgeordneten Weirauch erklärte das Ministerium am 2. August, dass dieser ressortabgestimmte Entwurf des Gesetzes zur Änderung des LTMG nicht weiterverfolgt werde.
Fokus auf Bürokratieabbau
Begründet wird dies damit, dass das Thema Bürokratieabbau, das bereits als ein Kernanliegen der Landesregierung im Koalitionsvertrag verankert sei, „angesichts multipler Krisen, der schwierigen wirtschaftlichen Lage und der immer deutlicher werdenden Grenzen staatlicher Leistungsfähigkeit“, weiter an Bedeutung gewonnen habe.
Das Ministerium weiter:
Aufgrund des mit der beabsichtigten Novellierung des LTMG verbundenen bürokratischen Mehraufwands für die Unternehmen und Vergabestellen ist die Landesregierung in Abstimmung mit den Regierungsfraktionen unter Berücksichtigung der aktuellen Rahmenbedingungen zur Überzeugung gelangt, dass ein vergabespezifischer Mindestlohn, der der untersten Entgeltgruppe des Tarifvertrags des öffentlichen Dienstes entspricht, nicht eingeführt wird. Dies gilt auch hinsichtlich der Verankerung strategischer Beschaffungsziele im LTMG für Vergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte.
Auch im Rahmen der Entlastungsallianz für Baden-Württemberg, die bereits Vereinfachungen bei Vergabeverfahren vorgeschlagen und umgesetzt hat, sei durch deren Mitglieder darauf hingewiesen worden, dass im Hinblick auf eine mögliche Novellierung des LTMG kein weiterer Bürokratieaufbau erfolgen sollte.
Harmonisierung zwischen Bund und Ländern erforderlich?
Schon im April wies der Staatssekretär Rapp darauf hin, dass der Bund ebenfalls an einem Tariftreue- und Mindestlohngesetz arbeite, weshalb es sinnvoll sei, „einigermaßen in einer gewissen Harmonisierung unterwegs zu sein“.
Am Beispiel gemeinsam – etwa durch Bundespolizei und Landespolizei – genutzter Behördengebäude veranschaulichte Rapp, was etwaige Auftragsvergaben in diesem Kontext bedeuten könnten:
Beispielsweise müssen 40 m Garagenwand gestrichen werden, Malerarbeiten werden vergeben. Sie haben dann die Situation, dass Sie die ganzen Nachweise und Vorgaben, die beim Bund zu erfüllen sind, erstellen müssen. Parallel, auch wenn es die gleiche Garage ist, die jedoch nur rechtlich getrennt ist, müssen Sie noch einen anderen Datensatz erstellen, um das Ganze aufseiten des Landes Baden-Württemberg zu machen.
Quellen und Links
- Antrag des Abg. Dr. Boris Weirauch u. a. SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus: Faire Wettbewerbsbedingungen und Stärkung der Tarifbindung? Bei Grün-Schwarz Fehlanzeige!
- Plenarprotokoll vom 17. April 2024 mit TOP 4.1 Landestariftreue- und Mindestlohngesetz (LTMG)
- Stuttgarter Zeitung: Aus für Tariftreue-Pläne: DGB-Landeschef „stinksauer“
- Baden-Württemberg: Landesregierung will sozialer und ökologischer werden
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Titelbild: Etienne Girardet – Unsplash