Ein Vorschlag für eine Verordnung der Europäischen Kommission hätte nicht nur Auswirkungen auf die Zahlungspraxis, sondern würde auch neue Berichtspflichten für öffentliche Auftraggeber einführen.

I. Übermäßig lange Zahlungsfristen bei öffentlichen Aufträgen

Der Vorschlag für eine Verordnung zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr wurde von der Europäischen Kommission am 12. September 2023 vorgelegt und im April in erster Lesung vom Parlament beraten. Ein aktuelles interinstitutionelles Dossier des Generalsekretariats des Rates der Europäischen Union vom 3. Juli 2024 fasst das Ergebnis der ersten Lesung zusammen.

Die Verordnung soll die EU-Zahlungsverzugsrichtlinie 2011/7/EU vom 16. Februar 2011 ersetzen, an der nach ihrem Inkrafttreten mehrere Mängel festgestellt worden seien. Laut Erwägungsgrund 9 der Verordnung komme es gerade bei öffentlichen Aufträgen und bei Bau- und Ingenieurleistungen häufig zu übermäßig langen Zahlungsfristen und Verzögerungen. Daher sollte diese Verordnung auch für diese Tätigkeiten gelten.

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II. Nachweispflicht zur Zahlung an Unterauftragnehmer

Der Kommissionsentwurf sieht in Artikel 4 besondere Vorschriften bei Zahlungen an Unterauftragnehmer im Fall von öffentlichen Bauaufträgen vor. Demnach sollen Auftragnehmer den öffentlichen Auftraggebern den Nachweis erbringen, dass sie gegebenenfalls beteiligte direkte Unterauftragnehmer innerhalb der Fristen und gemäß den Bedingungen dieser Verordnung bezahlt haben.

Der Nachweis könne in Form einer schriftlichen Erklärung des Auftragnehmers erbracht werden und sei dem öffentlichen Auftraggeber vor oder spätestens zusammen mit einer Zahlungsaufforderung vorzulegen.

Erfolgt die Zahlung nicht oder verspätet, so hat der öffentliche Auftraggeber unverzüglich die Durchsetzungsbehörde (siehe unten) seines Mitgliedstaats zu unterrichten.

III. Berichterstattungspflichten für öffentliche Auftraggeber

In erster Lesung des Verordnungsentwurfs hat das Europäische Parlament am 23. April zahlreiche Abänderungen gebilligt, von denen einzelne auch das öffentliche Auftragswesen betreffen.

Angenommen hat das Europäische Parlament unter anderem eine vom Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz vorgeschlagene Abänderung, die einen neuen Erwägungsgrund 27 a der Verordnung vorsieht.

Ihm zufolge sei es zwingend notwendig, spezifische Berichterstattungspflichten für öffentliche Auftraggeber im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 der Richtlinie 2014/24/EU einzuführen. Im Rahmen dieser Pflichten sollen öffentliche Auftraggeber jährlich über ihre Zahlungspraxis Bericht erstatten, wobei ausführlich auf die Pünktlichkeit ihrer Zahlungen einzugehen sei.

Um bei der Zahlungspraxis für mehr Transparenz zu sorgen und Bereiche mit Verbesserungsbedarf zu ermitteln, sei bei der Berichterstattung ein „strukturierter Ansatz“ erforderlich. Die Berichterstattungspflicht sollte die Offenlegung der Beträge in Euro umfassen, die innerhalb verschiedener Zeiträume nach Ablauf der in dieser Verordnung festgelegten Zahlungsfrist gezahlt wurden.

Konkretisiert wird diese neue Berichtspflicht in Abänderung 80, die ebenfalls eine Mehrheit des Parlaments fand. Sie sieht einen neuen Artikel 16 a Berichterstattungspflichten der Verordnung mit folgendem Wortlaut vor:

  1. Öffentliche Auftraggeber im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 2014/24/EU erstatten jährlich Bericht über ihre Zahlungspraxis.
  2. Die in Absatz 1 aufgeführten Berichterstattungspflichten umfassen Folgendes:
    • den in EUR bezahlten Betrag
      • – 1 bis 30 Tage nach der in Artikel 3 dieser Verordnung genannten Frist;
      • – 31 bis 60 Tage nach der in Artikel 3 dieser Verordnung genannten Frist;
      • – 61 bis 90 Tage nach der in Artikel 3 dieser Verordnung genannten Frist;
      • – mehr als 90 Tage nach der in Artikel 3 dieser Verordnung genannten Frist;
    • die durchschnittliche Zeit bis zur Bezahlung einer Rechnung.
  3. Der in Absatz 1 dieses Artikels genannte Bericht wird der in Artikel 13 genannten Durchsetzungsbehörde des Mitgliedstaats von den öffentlichen Auftraggebern in elektronischer Form übermittelt und ist der Öffentlichkeit zugänglich.

1. Zahlungsfrist

Die in Art. 3 des Verordnungsentwurfs genannte Frist liegt bei 30 Kalendertagen, „gerechnet ab dem Tag des Eingangs der Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufforderung beim Schuldner, sofern dieser die Waren oder Dienstleistungen erhalten hat“. Ausnahmen sind nicht länger möglich (siehe unten).

2. Durchsetzungsbehörde

Bei der in Art. 13 genannten Durchsetzungsbehörde handelt es sich um „eine oder mehrere öffentliche Stellen, die für die Durchsetzung dieser Verordnung verantwortlich sind“. Sie sind durch die Mitgliedsstaaten zu schaffen und sollen die erforderlichen Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass die Zahlungsfristen eingehalten werden.

IV. Mögliche Wechselwirkungen mit der Rechtslage in Deutschland

Die Verordnung soll die EU-Zahlungsverzugsrichtlinie 2011/7/EU vom 16. Februar 2011 ersetzen, deren Zahlungsziele bereits mit dem Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr und zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes im Jahr 2014 Einzug in das Bürgerliche Gesetzbuch fanden.

Gemäß § 271a Abs. 2 BGB gilt heute bereits für öffentliche Auftraggeber ist, dass eine Vereinbarung, nach der der Gläubiger die Erfüllung einer Entgeltforderung erst nach mehr als 30 Tagen nach Empfang der Gegenleistung verlangen kann, nur wirksam ist, wenn sie ausdrücklich getroffen und aufgrund der besonderen Natur oder der Merkmale des Schuldverhältnisses sachlich gerechtfertigt ist. Auch eine Obergrenze für abweichende Regelungen ist bereits vorgesehen: So sind Vereinbarungen, nach der der Gläubiger die Erfüllung einer Entgeltforderung erst nach mehr als 60 Tagen nach Empfang der Gegenleistung verlangen kann, unwirksam.

Mit Inkrafttreten der Verordnung zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr würde die Zahlung binnen 30 Tagen für öffentliche Auftraggeber zur Pflicht. Jede Möglichkeit zur Zahlung nach mehr als 30 Tagen, wie sie das BGB derzeit einräumt, würde somit entfallen.

V. Weiteres Verfahren

Zwar wurde der Verordnungsentwurf vor der Wahl zum Europäischen Parlament eingebracht und zuvor nur in erster Lesung behandelt; anders als etwa in der Bundespolitik gilt in der EU aber kein Diskontinuitätsprinzip: Unvollendete Gesetzgebungsverfahren sind daher nicht automatisch mit Beginn der neuen Legislatur hinfällig, sondern werden vom neuen Europaparlament und dem Rat im Regelfall weiterverhandelt. Dafür spricht auch ein interinstitutionelles Dossier des Generalsekretariats des Rates der Europäischen Union vom 3. Juli 2024, also nach der Wahl.

VI. Quellen und Links

Titelbild: Guillaume Périgois – Unsplash