Mit dem Entwurf einer Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) sieht das Umweltministerium einen umfangreichen Maßnahmenkatalog auch für die öffentliche Beschaffung vor.

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Die Kreislaufwirtschaft als effektiven Klima- und Ressourcenschutz sowie als Chance für nachhaltige Wirtschaftsentwicklung und Arbeitsplätze zu fördern, ist erklärtes Ziel der Ampel-Koalition. Entsprechend soll die nun als Entwurf des Umweltministeriums vorliegende Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) alle Ziele und Maßnahmen der Bundesregierung auf dem Weg zu einer Kreislaufwirtschaft bündeln.

Eine Kreislaufwirtschaft – so das Umweltministerium – erhält den Wert von Rohstoffen und Produkten so lange wie möglich, schützt so Umwelt und Klima und macht die Versorgung mit Rohstoffen sicherer. Denn: In zentralen Branchen unserer Wirtschaft werde der überwiegende Teil der Emissionen nicht bei der Produktion der Endprodukte, sondern bei der Gewinnung von Rohstoffen und der Herstellung von Vorprodukten verursacht.

Stellungnahmen bis 9. Juli

Die NKWS dient als Rahmenstrategie, um die rohstoffpolitisch relevanten Strategien der Bundesregierung zusammenzuführen und den primären Rohstoffbedarf absolut zu senken. Mit ihr soll die Bundesregierung Ziele, grundlegende Prinzipien und strategische Maßnahmen festlegen.

Der Entwurf schlägt zwar Ziele vor, die für die Bundesregierung und -verwaltung gelten sollen, ist gegenwärtig aber lediglich ein Entwurf des Bundesumweltministeriums. Er ist also bislang nicht von der Bundesregierung verabschiedet.

Die Strategie wurde in einem Dialogprozess mit Vertretern aus Wirtschaft, Verbänden, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Verwaltung erstellt. Der Entwurf selbst dient seinerseits als Grundlage für Stellungnahmen, die Akteure aus Wirtschaft, Gesellschaft und Wissenschaft schriftlich bis zum 9. Juli 2024 abgeben können.

Vergaberechtliche Vorhaben

Der Entwurf stellt in seiner gegenwärtigen Form eine umfassende Sammlung vergaberechtlicher Vorhaben dar. Als Ziel wird die Verankerung zirkulärer Beschaffung bei allen staatlichen Beschaffungsvorgängen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene formuliert.

Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit … und Umweltfreundlichkeit

Geprüft werden soll die Ergänzung der Grundsätze zu „Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“ um die Berücksichtigung der Umweltfreundlichkeit. Bei der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung vor der eigentlichen Beschaffung wären dann Kosten für Umweltbelange (Lebenszykluskosten, externe Kosten) standardisiert mitzubewerten, bei der Entscheidung zu berücksichtigen und zu dokumentieren. Hierzu soll das Justizministerium Vorschläge erarbeiten.

Weitergabe und Spende von Produkten

Nicht mehr benötigte Produkte der Bundesverwaltung sollen künftig an gemeinnützige Organisationen abgegeben werden können. Ermöglicht werden soll dies durch die Abänderung des bisherigen Verfahrens (BRH-Leitsatz Verwertung ausgesonderter Vermögensgegenstände 124).

Zudem werde die Bundesregierung die rechtlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass ausgesonderte Gegenstände in einer öffentlichen Ausschreibung veräußert werden können.

Außerdem sollen die Bedarfsträger der unmittelbaren Bundesverwaltung verpflichtet werden, ausgesonderte Gegenstände, sollte eine Wiederverwendung oder Weitergabe als Spende nicht möglich sein, vorrangig zur Wiederaufbereitung oder einem fachgerechten Recycling zuzuführen.

Vergabestatistikverordnung

Die statistische Erfassung zirkulärer Beschaffung soll verbessert werden. Dazu wird ein Indikator für die zirkuläre Beschaffung entwickelt und in der Vergabestatistikverordnung (VergStatVO) ergänzt.

Erlass einer „AVV Umwelt“

Geprüft werden soll der Erlass einer „AVV Umwelt“ als neuer Verwaltungsvorschrift des Bundes zur Beschaffung klima- und umweltschonender Leistungen. Sie soll in Abhängigkeit der Ergebnisse des Vergabetransformationspakets die AVV Klima und den Holzerlass ablösen und die bisher nicht oder an unterschiedlichen Stellen geregelten Vorgaben bündeln.

Negativliste und Zirkularität als Zuschlagskriterium

Dazu zählt etwa eine Negativliste nicht-zirkulärer Produkte, die nicht beschafft werden dürfen, sowie eine Verpflichtung, in der Regel Lebenszykluskosten als Zuschlagskriterium zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots zu verwenden.

Beschaffung gebrauchter Produkte ermöglichen

Der Entwurf sieht eine bevorzugte Beschaffung gebrauchter und wiederaufbereiteter Produkte vor. Hierzu soll die bestehende spezialgesetzliche Regelung für den Bund im § 45 Abs. 2 Nr. 2 KrWG in das allgemeine Vergaberecht übernommen werden. Darin werden die Pflichten der öffentlichen Hand bei der Förderung einer Kreislaufwirtschaft umrissen.

Im Rahmen der Prüfung einer möglichen Neufassung der Beschaffungsleitlinien für den Bund (AVV Umwelt) unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Vergabetransformationspakets soll auch die bevorzugte Beschaffung von gebrauchten und wiederaufgearbeiteten IKT- und Elektronikprodukten berücksichtigt werden.

Zirkularität bei Bauprojekten durch den Bund

Wiederverwendung von Bauteilen

Das Bauministerium soll gemeinsam mit dem Deutschen Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen das Standardleistungsbuch dahingehend weiterentwickeln, dass die Wiederverwendung von Bauteilen und die Verwendung von Recycling-Baustoffen in Baumaßnahmen der öffentlichen Hand stärkere Berücksichtigung findet.

Durch die öffentliche Hand beschaffte Bauleistungen sollen – unter Beachtung der haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit – Ressourcenschonung, Langlebigkeit und Weiter- beziehungsweise Umnutzung bereits bei der Bedarfsermittlung berücksichtigen und in der Planung verankern. Dies beinhaltet gegebenenfalls verbindliche Anforderungen zur selektiven Rückbaufähigkeit, Reparierbarkeit, Wiederverwendbarkeit sowie Recyclingfähigkeit der Bauwerke, Bauteile und Baustoffe.

Nutzung von Sekundärbaustoffen und -bauteilen als Norm

Im Rahmen des (vergaberechtlich) Zulässigen sollen regionale, ressourcenschonende Baustoffe in der Planung und Vergabe bevorzugt werden. Ein Ausschluss von Sekundärrohstoffen soll künftig grundsätzlich nicht mehr möglich sein; vielmehr soll die Nutzung von Sekundärbaustoffen und -bauteilen (soweit möglich) als Norm vorgegeben werden.

Schattenpreis für CO₂ berücksichtigen

Das Umweltbundesamt soll eine Methodik entwickeln, anhand derer ein Schattenpreis für CO₂ und möglicherweise weitere Umweltwirkungen bei der Vergabe berücksichtigt werden kann. Mit einem Schattenpreis werden externe Kosten eingepreist und bei der Vergabeentscheidung berücksichtigt. Bauen im Bestand und ressourcenschonende Bauweisen und Baumaterialien resultieren für gewöhnlich in einem niedrigeren Schattenpreis.

Übernahme in die VOB

Die Übernahme der oben angegebenen Leitlinien und Kriterien zu Zirkularität und Ressourcenschonung inklusive der Regelungen aus § 45 KrWG auch in die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) soll angeregt werden.

Digitalisierung: Tools, Tools, Tools

Die zirkuläre Beschaffung als Teil der öffentlichen Beschaffung soll durch die Digitalisierung der Bedarfsermittlung, der Ausführung von Beschaffungsvorgängen und des digitalen Monitorings unterstützt werden.

Hierzu soll die Bundesregierung digitale Hilfsmittel (Tools) entwickeln und diese allen Verwaltungsebenen zur Nutzung anbieten. Schnittstellen zu den etablierten, von den Beschaffungsstellen verwendeten Vergabemanagementsystemen (VMS) sollen genutzt werden. Eine verpflichtende Nutzung beim Bund wird angestrebt.

Sharing-Plattformen

Digitale Pool- und Sharing-Plattformen sollen zur gemeinsamen Inventarisierung und Beschaffung selten genutzter Gegenstände eingerichtet werden und als digitale Tausch-/Weitergabebörsen des Bundes fungieren. Für Produkte am Ende ihrer Nutzungsdauer könne über diese Plattformen die Weitergabe an Dritte, zum Beispiel soziale Einrichtungen, abgewickelt werden.

Bewertungstools

Verbindlich einzuführende (digitale) Bewertungstools für die zirkuläre Beschaffung sollen Beschaffungsstellen Informationen darüber bieten, wie sie zirkuläre Beschaffung umsetzen können. In den Tools sollen das Angebot an zirkulären Waren- und Dienstleistungen und zirkuläre Beschaffungskriterien für die Leistungsbeschreibung und Nachweismöglichkeiten aufgeführt werden.

Lieferantenmanagementtool

Ein digitales Vertrags- und Lieferantenmanagementtool soll durch die Kennzeichnung kreislaufwirtschaftsrelevanter Informationen bei der Überwachung von Gewährleistungsfristen, Wartungsintervallen, Reparaturservices und Garantien dienen.

Monitoringtools

Die bestehenden Datenerfassungsstrukturen der öffentlichen Beschaffung (zum Beispiel eForms) sollen unter anderem um Indikatoren zu zirkulärer Beschaffung erweitert werden. Die Beschaffungsstellen sollen mithilfe solcher Monitoringtools die Angaben zur Anzahl, Art und Weise der beschafften Waren- und Dienstleistungen und verwendeten zirkulären Beschaffungskriterien erfassen, um Umsetzungslücken bei der zirkulären Beschaffung deutlich zu machen.

Umweltzeichen für ressourceneffiziente Software

Ressourceneffiziente Software nimmt weniger Hardware-Kapazitäten in Anspruch, verringert den Energieverbrauch und verlängert die Nutzungsdauer von Hardware.

Die Bundesregierung soll daher die Entwicklung und den Einsatz von Software unterstützen, die die Inanspruchnahme von natürlichen Ressourcen eines IKT-Systems reduziert. Dafür soll eine entsprechende Software-Kennzeichnung entwickelt werden. Dafür stehen bereits die Vergabekriterien des Umweltzeichens Blauer Engel für „Ressourcen- und energieeffiziente Softwareprodukte“ (DE-UZ 215) zur Verfügung.

Beratung und Qualifizierung

Die Bundesregierung soll dem Entwurf zufolge eine zentrale Anlaufstelle für Beratung zu zirkulärer Beschaffung beim Bund etablieren, bei der die Beratung zur rechtssicheren Formulierung zirkulärer Beschaffungsvorgänge zentral abrufbar ist. auch sollen dort Qualifizierungsmaßnahmen zu zirkulärer Beschaffung für Bundesbehörden unter Öffnung für Länder und Kommunen stattfinden.

Überdies soll die Bundesregierung eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der Länder und kommunalen Spitzenverbänden einrichten, um zur Vereinheitlichung von vergaberechtlichen Regelungen und Anforderungen beizutragen. Die Arbeitsgruppe soll eng mit dem Interministeriellen Ausschuss für nachhaltige öffentliche Beschaffung (IMA nöB) und der zentralen Stelle für die zirkuläre Beschaffung zusammenarbeiten.

Quellen und Links

Titelbild: BsWei – iStock