Die Verpachtung kommunaler Grundstücke zur Errichtung von Windkraftanlagen sollte stets unter Beachtung des Vergaberechts erfolgen. Was dabei konkret zu beachten ist, erläutern Melanie Hantschel und Dr. Florian Krumenaker in diesem Beitrag.
Der Ausbau von erneuerbaren Energien gewinnt im Zuge der Energiewende immer mehr an Bedeutung. Insbesondere Windenergieprojekte nehmen wieder Fahrt auf – und rücken auch bei Kommunen in den Fokus. Nicht zuletzt kooperieren diese für die Errichtung und Realisierung von Windkraftanlagen oftmals mit privaten Investoren als Partner.
Als Ausgestaltungsmöglichkeit kommt die kommunale Beteiligung durch die Verpachtung geeigneter kommunaler Flächen, auf denen die Windkraftanlagen errichtet werden sollen, in Betracht. Für die Kommunen stellt sie eine kostengünstige, risikoarme und mit überschaubarem Aufwand umsetzbare Beteiligungsform dar. Kommunen, die von der Errichtung einer Windkraftanlage betroffen sind, partizipieren von Gesetzes wegen (EEG) finanziell in Höhe von bis zu 0,2 Cent pro eingespeiste Kilowattstunde.
Die Verpachtung kommunaler Grundstücke zur Errichtung von Windkraftanlagen sollte jedoch stets unter Beachtung des Vergaberechts erfolgen. Andernfalls läuft man Gefahr, dass die kommunale Beteiligung einen vergaberechtlichen Beschaffungsvorgang auslöst.
Kein Beschaffungsvorgang bei reiner Verpachtung
Ein ausschreibungspflichtiger Vorgang ist in § 103 Abs. 1 GWB definiert als entgeltlicher Vertrag zwischen öffentlichen Auftraggebern und Unternehmen über die Beschaffung von Leistungen. Somit sind nur solche Marktaktivitäten der öffentlichen Hand ausschreibungspflichtig, die einen Beschaffungscharakter aufweisen.
Sofern die öffentliche Hand lediglich durch die reine Verpachtung kommunaler Flächen die Realisierung von Windkraftanlagen fördert, wird sie nicht als Nachfrager am Markt tätig, sondern lediglich als Anbieter – durch das Überlassen der konkreten kommunalen Flächen. Bloße Grundstücksgeschäfte wie der Verkauf, aber auch die lediglich zeitlich befristete Verpachtung oder Vermietung, weisen daher in der Regel keinen Beschaffungscharakter auf und sind daher nicht ausschreibungspflichtig.
Bauverpflichtung – Ausschreibungspflicht?
Etwas anderes kann sich allerdings dann ergeben, wenn mit der (auch nur zeitlich befristeten) Grundstücksüberlassung eine (vertragliche) Bauverpflichtung einhergeht. Dann ist der öffentliche Auftraggeber nicht mehr lediglich als Anbieter am Markt tätig, sondern tritt zusätzlich auch als Nachfrager der Leistungen auf, sodass ein Beschaffungscharakter gegeben sein könnte. Denn der Vertrag enthält dann eine Verpflichtung zur Erbringung der Durchführung der Bauleistung, die in dieser Konstellation eine vertragliche Gegenleistung darstellt – und somit einen Beschaffungsvorgang auf Seiten des öffentlichen Auftraggebers.
Ausschreibungspflicht auch aufgrund konkreter Vorgaben möglich
Darüber hinaus kann es für die Annahme eines Beschaffungsvorgangs – und damit einhergehend einer Ausschreibungspflicht – auch ausreichend sein, wenn der private Investor konkrete Vorgaben des öffentlichen Auftraggebers umsetzt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Kommune detaillierte Vorgaben zur Planung und Errichtung der Windkraftanlagen macht. Dies kann den Zeitpunkt der Errichtung, den genauen Standort oder konkrete Vorgaben beispielsweise zur Anzahl oder Höhe betreffen.
Nur wenn die Kommune kein beziehungsweise ein sehr eingeschränktes Mitspracherecht und keinen maßgeblichen Einfluss auf Planung und Errichtung der Windkraftenergieanlagen hat, liegen die Voraussetzungen wohl nicht vor. Denn die bloße Ausübung der Regelzuständigkeit zur Einhaltung städtebaulicher Vorschriften führt regelmäßig nicht zur Annahme eines Beschaffungsvorgangs.
Praxistipp
Bei der Verpachtung von kommunalen Grundstücken an einen privaten Investor zur Realisierung von Windenergieprojekten sollte stets das Vergaberecht im Blick behalten werden. Sofern neben der reinen Verpachtung auch weitere Umstände hinzukommen, die ein Tätigwerden des öffentlichen Auftraggebers als Nachfrager am Markt schaffen, kann dies einen ausschreibungspflichtigen Vorgang darstellen.
Der derzeit geltende Schwellenwert für öffentliche Bauaufträge sowie für Baukonzessionen in Höhe von EUR 5.538.000,00 netto dürfte bei der Realisierung von Windkraftenergieprojekten regelmäßig überschritten sein, sodass eine europaweite Vergabe durchzuführen wäre. Bei der Auftragswertberechnung sind die Vorgaben des § 3 VgV zu beachten, sodass gegebenenfalls auch etwaige Beteiligungen an den erwirtschafteten Erträgen zu berücksichtigen sind.
Sofern eine Ausschreibungspflicht nach den oben aufgeführten Grundsätzen besteht, stellt sich darüber hinaus die Frage nach der Einordnung als Bauauftrag (§ 103 Abs. 1 GWB) oder als Baukonzession (§ 105 Abs. 1 GWB).
Ansprechpartner
Dr. Florian Krumenaker, LL.M., ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Vergaberecht, Melanie Hantschel ist Rechtsanwältin – beide bei Menold Bezler.
Titelbild: Peter Beukema – Unsplash