Unser zweiter Blick auf das Datendashboard des Europäischen Rechnungshofes gilt einem wichtigen Wettbewerbsindikator.
Eine erheblich gestiegene Zahl von Vergabeverfahren mit nur einem Bieter war einer der Hauptkritikpunkte des Europäischen Rechnungshofes im Ergebnis seiner Untersuchung. Dabei ging es um die Frage, inwieweit öffentliche Aufträge im EU-Binnenmarkt im Wettbewerb vergeben werden.
Das Datendashboard, mit dem der Rechnungshof seine Datengrundlage veröffentlicht hat, erlaubt auch hier einen detaillierteren Blick. Wie schon bei der Darstellung der Zeit bis zur Bezuschlagung wurden auch hier die EU-Mitgliedstaaten sowie Island und Norwegen für den Zeitraum 2011 (Kroatien: 2013) bis einschließlich 2020 betrachtet.
„De facto kein Wettbewerb“
Der hier dargestellte Indicator Single bidding (%) bezeichnet gemäß Definition den „Anteil der vergebenen Aufträge, für die nur ein einziges Angebot abgegeben wurde und wo de facto kein Wettbewerb vorliegt“1.
Schlusslichter: Deutschland und Großbritannien
Im Folgenden vergleichen wir die Länder anhand ihrer prozentualen Veränderung von 2011 bis 2020.
So hat sich beispielsweise der Anteil vergebener Aufträge, für die nur ein Angebot abgegeben wurde, in der Bundesrepublik von 7,4 % in 2011 um 11,4 % auf 18,8 % in 2020 verändert. Damit ist der Anteil aber eben auch um rund 153 % gestiegen.
Deutschland belegt in dieser Betrachtung den zweitschlechtesten Platz nach dem Vereinigten Königreich, wie die folgende Kartendarstellung verdeutlicht:
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Titelbild: Lightfield Studios
Aus der Messtechnik stammt der Spruch: „wer viel misst, misst viel Mist“!
Wenn in europaweiter Ausschreibung, also im größtmöglichen Wettbewerb, nur ein Bieter ein Angebot abgibt: Wo ist da der Skandal?
Der Markt gibt’s eben nicht her. Viele Firmen und Planungsbüros sind, allem publikumswirksamen Gejammer zum Trotz, dicht bis zum Rand.
Man kann als Vergabestelle ja schlecht jemanden zur Abgabe eines Angebotes zwingen.
In absoluten Zahlen steht Deutschland nebenbei gar nicht so schlecht da.
Sehr geehrte Damen und Herren,
herzlichen Dank für die engagierte Diskussion hier und in den sozialen Medien.
Wir verfolgen mit dieser Beitragsreihe das Ziel, die Argumentation und die Datengrundlage des Europäischen Rechnungshofs nachzuvollziehen. Im Rahmen seiner Prüfung bewertete der Hof, inwieweit öffentliche Aufträge im EU-Binnenmarkt innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren im Wettbewerb vergeben wurden, und gelangte zu dem Schluss, dass der Wettbewerb im genannten Zeitraum zurückgegangen sei.
Zu diesem Rückgang hat die Bundesrepublik unzweifelhaft beigetragen, da sich der Anteil vergebener Aufträge, für die nur ein Angebot abgegeben wurde, von 7,4 % in 2011 auf 18,8 % in 2020 erhöht hat.
Diese Zahlen bewegen sich im Vergleich zwar auf einem niedrigen Niveau. Der Fragestellung des Rechnungshofes entsprechend interessierte uns aber die Rate der Veränderung, die mit dem genannten Zuwachs in Höhe von 153 % eben nicht weniger als einer Zweieinhalbfachung gleichkommt.
Dass es dafür aus Sicht der öffentlichen Auftraggeber jeweils objektive und nachvollziehbare Gründe gibt (man kann niemanden zur Abgabe eines Angebots zwingen), steht außer Frage.
Nimmt man aber die strukturelle Ebene der europäischen Rechtssetzung und ihre Wirksamkeit in den Blick, erscheint uns unsere Auswertung und Darstellung der Zahlen als die aussagekräftigere.
Aber wie so oft mit Statistiken: Diverse Lesarten, Interpretationen und Wertungen sind möglich und richtig.
Mit freundlichen Grüßen
Wolf Witte
Was ist das für ein „Clickbait“ Artikel. Eine sowieso unsinnige Art, diese Statistik zu betrachten wird lediglich kurz anskizziert, ohne Hintergrund, ohne Einordnung. Eine Artikel ohne sinnhafte Information, aber mit reißerischem Titel. Das könnt ihr besser.
Fehlender Wettbewerb oder eine Baukonjunktur, die den öffentlichen Dienst nicht mehr benötigt?
Dann noch zunehmender Formalismus und eine zu restriktive Rechtsprechung, was sich ja auch dadurch äußert, dass die meisten Gerichtsurteile durch den EuGH ausgerechnet Deutschland betreffen.
Der Beitrag ist irgendwie tendenziös, da auf die Veränderungsrate abgestellt wird. Mit (absolut) 18,8% liegt Deutschland ja noch im unteren Mittelfeld (Platz 11 von 30) und ist keineswegs das „Schlusslicht“. Das Problem ist doch eher, warum Polen (50,6%), Slovenien (50,4%), Tschechien und Griechenland (je 41,8%) oder Rumänien (41,7%) derartig viele Vergabeverfahren mit nur einem Bieter durchführen.
Wirklich interessant wäre es übrigens gewesen, zu erfahren, wie die EU denn nun mit diesem Ergebnis umgeht oder ob es bei der bloßen Feststellung bleibt.
Von 30 Ländern ist Deutschland absolut im Jahr 2020 mit weiteren 14 Ländern unter 20 %, also ungefähr bei der sehr guten Hälfte. Jetzt lässt Deutschland sich schlechtreden auf der Basis eines Steigerungswerts von 2011 bis 2020. Ein Abgleich mit der Gesamtanzahl von vergebenen Aufträgen fehlt offensichtlich ebenso. Diese Betrachtung ist absolut sinnfrei und wir sollten uns die Frage stellen, ob für solche Projekte /Betrachtungen Steuergeld verschwendet werden darf.