Sven Giegold, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger und Zarah Bruhn, Beauftragte für Soziale Innovationen im BMBF. © BMBF/Hans-Joachim Rickel

Das Vergabetransformationspaket soll auch Erleichterungen für gemeinwohlorientierte Unternehmen mit sich bringen. Wir erläutern die Hintergründe.

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Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat kürzlich einen Zwischenstand zum Vergabetransformationspaket bekannt gegeben. Wie verschiedene Medien berichteten, soll bis Ende März ein konkreter Entwurf vorliegen.

Neben der Vereinfachung und Beschleunigung der öffentlichen Beschaffung sind auch Erleichterungen für Start-ups und gemeinwohlorientierte Unternehmen sowie eine „substanzielle Erhöhung der Wertgrenzen bis zu denen Direktaufträge ohne Vergabeverfahren erlaubt sind“, geplant.

Überwiegend bekannte Zielsetzungen also, die so oder ähnlich bereits im Konsultationsprozess geäußert wurden. Aufhorchen lässt hingegen der Aspekt der Gemeinwohlorientierung. Was ist damit gemeint?

Tatsächlich hat die Bundesregierung im September 2023 eine Nationale Strategie für Soziale Innovationen und Gemeinwohlorientierte Unternehmen beschlossen, an der neben dem Bundesministerium für Bildung und Forschung auch das BMWK in Person des Staatssekretärs Sven Giegold beteiligt war, der ebenfalls mit der Vergabetransformation befasst ist.

Was ist Gemeinwohlorientierung?

Der sperrige Begriff der Gemeinwohlorientierung wird im Kontext der Nationalen Strategie synonym mit sozialen Innovationen verwendet. Gemeinwohlorientierte Unternehmen werden auch als Sozialunternehmen bezeichnet; im internationalen Kontext werde auch von Social Enterprises oder Social Businesses gesprochen.

Im Sinne der Nationalen Strategie und im Einklang mit der Definition der Europäischen Kommission handelt es sich dabei um Unternehmen,

  • für die das soziale oder ökologische, gemeinwohlorientierte Ziel Sinn und Zweck ihrer Geschäftstätigkeit darstellt, was sich oft in einem hohen Maße an Sozialer Innovation äußert,
  • deren Gewinne größtenteils wieder investiert werden, um dieses Ziel zu erreichen und
  • deren Organisationsstruktur oder Eigentumsverhältnisse dieses Ziel widerspiegeln, da sie auf Prinzipien der Mitbestimmung oder Mitarbeiterbeteiligung basieren oder auf soziale Gerechtigkeit ausgerichtet sind.

Bei näherer Betrachtung weist der Begriff auch Überschneidungen mit dem der Nachhaltigkeit auf:

Soziale Innovationen umfassen neue soziale Praktiken und Organisationsmodelle, die zu tragfähigen und nachhaltigen Lösungen für die Herausforderungen unserer Gesellschaft beitragen. Soziale Innovationen drücken sich in zahlreichen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Neuerungen aus, unabhängig davon, ob sie kommerziell oder gemeinnützig organisiert sind. Sie lösen gesellschaftliche Probleme teilweise anders und möglicherweise auch besser als frühere Praktiken.

Beispielhaft für solche sozialen Innovationen genannt werden „neue Pflegekonzepte, neue Anwendungsoptionen von technischen Geräten, neue Netzwerke oder neue Mobilitätskonzepte“ sowie – konkreter – Mehrgenerationenhäuser, Umsonstläden und Carsharing.

Insbesondere auch die Verbände und Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege seien häufig Treiber sozialer Innovationen.

Vergabe und öffentliche Beschaffung

Die Nationale Strategie weist einen klaren Bezug zur öffentlichen Beschaffung auf: In dem Handlungsfeld mit der Nummer 4 wird diese als Hebel beschrieben, um die Entwicklung sozialer Innovationen und Gemeinwohlorientierter Unternehmen zu fördern.

Konkret wird der Staat als Vorbild beschrieben, um neuen Akteuren den Weg in den Markt zu ebnen, indem bestehende Anforderungen an eine „nachhaltige Beschaffungspraxis“ besser zur Anwendung gebracht und ausgebaut werden. Wichtig sei auch die Kompetenzentwicklung in Vergabestellen und zuständigen Organisationseinheiten bei Bund, Ländern und Kommunen.

Das Handlungsfeld deckt sich hinsichtlich seiner Maßnahmen in weiten Teilen mit den bereits aus dem Vergabetransformationspaket bekannten Zielsetzungen. So soll die öffentliche Beschaffung und Vergabe „wirtschaftlich, sozial, ökologisch und innovativ“ ausgerichtet werden. Dabei sollen auch sozial innovative Kriterien gestärkt werden, ohne dabei das Anliegen der Vereinfachung und Beschleunigung von Vergabeverfahren aus dem Blick zu verlieren oder Zugangshürden für den Mittelstand zu erhöhen.

Darüber hinaus will die Bundesregierung die „Sichtbarkeit gemeinwohlorientierter Start-ups in der öffentlichen Beschaffung erhöhen“ und so eine intensivere Nutzung der öffentlichen Auftragsvergabe zur Stärkung sozialer Innovationen anregen. Dazu will sie „gemeinwohlorientierte Unternehmen mit Vertreterinnen und Vertretern des öffentlichen Beschaffungswesens zusammenbringen“.

Wie das konkret aussieht, wird dem Entwurf des Vergabetransformationspakets zu entnehmen sein, der spätestens Ende März vorliegen soll.

Quellen und Links