Mit der Einführung der eForms wird sich die Anzahl der in den Bekanntmachungen anzugebenden Informationen erhöhen. Was in vielen Fällen einfach bleiben wird, führt in einigen Fällen zu neuen Anforderungen an Auftraggeber und Bieter – bis hin zur Auseinandersetzung mit dem Geldwäschegesetz.

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Sechs Bekanntmachungstypen, 40 Subtypen, 88 Codelisten, 743 Business Terms und über 40.000 Validierungsregeln: Das sind die quantitativen Eckdaten des neuen Veröffentlichungsstandards eForms. Mit dem erklärten Ziel der EU, mehr und aussagekräftigere Daten zu erfassen, steigen zwangsläufig Umfang und Zahl der in der Bekanntmachung pflichtig anzugebenden Informationen.

Hinzu kommt das nationale Tailoring, also die spezifische Ausgestaltung der EU-Vorgaben in Deutschland. Die jüngste Spezifikation dieses eForms-DE-Standards in der Version 1.1.0 umfasst rund 700 Seiten und fügt dem Gesamtkonstrukt im Detail durchaus Komplexität hinzu. Näheres dazu finden Sie im Abschnitt Wie verläuft die Umsetzung von eForms in Deutschland? unserer FAQ.

Optionale EU-Regel wird in Deutschland pflichtig

Unser Ziel als Lösungsanbieter bei der Umsetzung der eForms ist es, die Komplexität, die sich aus den Anforderungen ergibt, möglichst so umzusetzen, dass sie für die Anwender bestenfalls unsichtbar bleibt, also nur dort im Frontend auftaucht, wo unbedingt erforderlich. Ein Fall, in dem wir unseren Nutzern und deren Bietern die Komplexität nicht vollumfänglich ersparen können, betrifft die Abfrage der Nationalität(en) des/der wirtschaftlichen Eigentümers des Unternehmens, das den Zuschlag erhalten hat. Diese Angabe ist eine neue Pflichtangabe in den Bekanntmachungen über vergebene Aufträge.

Ihre Grundlage findet sich im Business Term (BT) 706, der mit der Durchführungsverordnung (EU) 2019/1780 der EU-Kommission eingeführt wurde:

Die Staatsangehörigkeit (bzw. Staatsangehörigkeiten) des(der) wirtschaftlichen Eigentümer(s) des Gewinners, Bieters oder Unterauftragnehmers, laut Eintrag in dem (den) gemäß den Rechtsvorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche eingerichteten Register(n). Wenn kein entsprechendes Register vorhanden ist (z. B bei Nicht-EU-Auftragnehmern), Informationen aus anderen Quellen.

Während diese Angabe nach Maßgabe der EU-Verordnung optional erfolgen soll, wird sie mit dem deutschen Tailoring (mit Ausnahme börsennotierter Unternehmen) zur Pflichtangabe. Das geht aus der Geschäftsregel BRDE-25 hervor, die der aktuellen eForms-DE Standard-Spezifikation zu entnehmen ist:

Die Angabe der Nationalität (BT-706) des wirtschaftlichen Eigentümers des beauftragten Unternehmens ist verpflichtend, wenn das beauftragte Unternehmen nicht börsennotiert (BT-746) ist.

Wer ist Eigentümer im Sinne der eForms? Ein Blick in das Geldwäschegesetz

Vergabestellen sind also mit eForms-DE verpflichtet, Angaben zu Nationalitäten von wirtschaftlichen Eigentümern in Vergabebekanntmachungen zu veröffentlichen, sofern das Unternehmen nicht börsennotiert ist.

Wer wirtschaftlicher Eigentümer im Sinne dieser Vorschrift ist, regelt die EU-Geldwäscherichtlinie (EU) 2018/843. Deren Umsetzung in deutsches Recht erfolgte durch das Geldwäschegesetz (GWG), welches in § 3 den Begriff des wirtschaftlich Berechtigten definiert. Der wirtschaftlich Berechtigte im Sinne des GWG ist mit dem wirtschaftlichen Eigentümer im Sinne der eForms gleichzusetzen.

Mitarbeitern von Vergabestellen und Unternehmen, die sich an öffentlichen Ausschreibungen im Oberschwellenbereich beteiligen wollen, wird es nicht erspart bleiben, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und ein Grundverständnis für die Begrifflichkeiten zu entwickeln. Dabei kann unter anderem die Publikation Fragen und Antworten zum Geldwäschegesetz (GwG) des Bundesverwaltungsamtes helfen. Folgende Punkte dürften zentral sein:

  • Wirtschaftlich Berechtigter ist man ab einem Anteil von 25 % an der Gesellschaft.
  • Unterschreiten sämtliche Anteilseigner diese Grenze (Streubesitz), oder können die wirtschaftlich Berechtigten aus anderen Gründen nicht bestimmt werden, so ist zu ermitteln, ob ein „wahrer“ wirtschaftlich Berechtigter existiert, beispielsweise durch eine Stimmrechtsvereinbarung.
  • Verläuft diese Prüfung ergebnislos oder existieren keine „wahren“ wirtschaftlich Berechtigten, so ist ein „fiktiv“ wirtschaftlich Berechtigter zu ermitteln, bei dem es sich um den gesetzlichen Vertreter, den geschäftsführenden Gesellschafter oder den Partner des Vertragspartners handeln kann. Jede dieser Bezeichnungen ist natürlich auch in der Mehrzahl möglich.

Hinzu kommen Fälle, in denen Gesellschaften durch andere Gesellschaften beherrscht werden, Treuhänderschaften und ähnliches mehr.

Wie Vergabestellen an die Information gelangen

Die wirtschaftlich Berechtigten und ihre Nationalitäten sind nach den Vorgaben des GWG im Transparenzregister zu erfassen. Für Unternehmen aus EU-Mitgliedstaaten gelten aufgrund der Geldwäscherichtlinie analoge Vorgaben und auch hier gibt es nationale Register.

Öffentliche Auftraggeber können daher die Nationalitäten der wirtschaftlich Berechtigten entweder selbst durch eine Abfrage im Transparenzregister ermitteln oder (naheliegender) im Angebotsschreiben oder mittels gesonderter Eigenerklärung beim Bieter abfragen.

Auf Bieterseite sind die Daten im besten Fall bereits pflichtgemäß in das jeweilige Register eingestellt worden und allen mit der jeweiligen Ausschreibung befassten Mitarbeitern unmittelbar bekannt.

In allen anderen Fällen kann die Recherche der zugrundeliegenden Informationen im Unternehmen aufwendig sein; nicht nur, weil Unternehmen je nach Rechtsform und Struktur mehrere wirtschaftlich Berechtigte haben können, sondern auch, weil diese jeweils mehrere Staatsangehörigkeiten haben können.

Offen ist aus unserer Sicht derzeit noch, wie mit dem Fall umgegangen werden muss, dass die entsprechende Angabe der Nationalitäten im Rahmen des Angebotes beziehungsweise einer Eigenerklärung gefordert, aber schlussendlich nicht übermittelt wurde. Spätestens bei der Erfassung der Bekanntmachungen über vergebene Aufträge in unseren Lösungen ist eine Pflichtangabe entsprechend dem nationalen Tailoring vorgesehen.

Titelbild: Kyle Glenn – Unsplash