Eine Datenanalyse der Europäischen Kommission zum Einsatz von Innovationspartnerschaften seit dem Jahr 2016 zeichnet ein ernüchterndes Bild.
Die Innovationspartnerschaft (IP) wurde mit Artikel 31 der EU-Richtlinie 2014/24/EU eingeführt, um öffentlichen Auftraggebern Zugang zu einem spezifischen Beschaffungsverfahren zu ermöglichen, das die Entwicklung und den anschließenden Kauf neuer, innovativer Waren, Dienstleistungen oder Bauleistungen ermöglicht.
Denn deren Kauf spielt laut Begründung
eine zentrale Rolle bei der Steigerung der Effizienz und der Qualität öffentlicher Dienstleistungen und ermöglicht es gleichzeitig, großen gesellschaftlichen Herausforderungen zu begegnen.
Analyse der Europäischen Kommission
Im Juli 2023 hat die Europäische Kommission eine Datenanalyse zum Einsatz des Instruments zwischen 2016 und 2022 veröffentlicht. Das mit 22 Seiten Umfang knapp verfasste Dokument gibt einen Überblick der nach Innovationspartnerschaften vergebenen Aufträge, ihrer Volumina, Sektorenzugehörigkeiten und weiterer Kategorien auf Grundlage von TED-Daten (Bekanntmachungen vergebener Aufträge).
Laut der knapp beschriebenen Vorgehensweise wurden diese TED-Daten bereinigt, um echte IP-Daten von falschen zu trennen (Clean “real” IP from “fake” IP). Der Bericht selbst gibt keine Auskunft darüber, wie viele Beschaffungsvorhaben dabei unter den Tisch fielen.
Europa: 173 Aufträge in sieben Jahren
Sucht man in TED nach Auftragsbekanntmachungen im Zusammenhang mit Innovationspartnerschaften zwischen 2016 und 20221, so erhält man 350 Ergebnisse. Der Bericht weist wiederum 173 vergebene Aufträge aus, so dass rund die Hälfte aller veröffentlichten Innovationspartnerschaften zu fake IP erklärt worden sein dürften.
Zu diesen 173 vergebenen Aufträgen werden die folgenden Eckdaten genannt:
- Sie haben ein Gesamtvolumen von rund 8 Mrd. €.
- 18 Staaten haben das Instrument eingesetzt (von den EU27 zzgl. des Europäischen Wirtschaftsraums mit den Ländern Norwegen, Island und Liechtenstein).
- 63 % der 173 vergebenen Aufträge berücksichtigten kleine und mittlere Unternehmen.
- 40 % des gesamten Auftragswerts wurden für grüne oder soziale Zwecke eingesetzt.
Wie sich die 173 Aufträge und ihr Auftragswert über die sieben Berichtsjahre verteilen, weist die folgende Grafik aus:
Deutschland: 22 Aufträge
Neben Finnland (mit 25 Aufträgen aus Innovationspartnerschaften) zählen Frankreich und Deutschland mit jeweils 22 zu den Ländern, welche das Instrument am häufigsten eingesetzt haben.
Damit hätten deutsche öffentliche Auftraggeber pro Berichtsjahr im Schnitt nur wenig mehr als 3 Innovationspartnerschaften zum Vertragsabschluss geführt – als europaweit Zweitplatzierter.
Legt man zugrunde, dass ausweislich der Vergabestatistik allein im zweiten Halbjahr 2021 10.331 öffentliche Aufträge und Konzessionen im Oberschwellenbereich durchgeführt wurden, lässt sich entweder schlussfolgern, dass kaum Innovationen beschafft werden, oder, dass das Instrument hierfür untauglich ist beziehungsweise nicht benötigt wird.
Jedenfalls sind vor diesem Hintergrund alle weiteren Aufschlüsselungen nach KMU-Mitwirkung, Politikzielen (Soziales, Digitalisierung, Nachhaltigkeit etc.) oder auch Sektorzugehörigkeit, die der Bericht aufweist, nur von geringem Nutzwert.
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Titelbild: Guillaume Périgois – Unsplash
Fussnoten
- Die Anfrage in der Expertensuche lautete PD=[20160101 <> 20221231] AND PR=[innovation] AND notice-type=[can-standard]
- 3 Aufträge wurden aufgrund ihrer Höhe von < 2 € und > 1 Mrd. € zu Extremwerten erklärt und hier nicht berücksichtigt