Das Bundesministerium der Finanzen hat einen Referentenentwurf für das „Wachstumschancengesetz“ vorgelegt. Es sieht unter anderem die Einführung der obligatorischen E-Rechnung im B2B-Bereich vor. Wir stellen die geplanten Änderungen am Umsatzsteuergesetz in einer synoptischen Darstellung vor.

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I. Ziel des Gesetzgebungsvorhabens

Das Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness ist breites finanzpolitisches Maßnahmenpaket, mit dem den multiplen Krisen der Gegenwart begegnet werden soll, während Wachstumschancen für die Wirtschaft erhöht, Investitionen und Innovation in neue Technologien ermöglicht und die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts gestärkt werden sollen.

Das Gesetz sieht zur Erreichung dieser Ziele Änderungen an mehr als zwanzig bestehenden Gesetzen und Verordnungen vor:

  • Klimaschutz-Investitionsprämiengesetz
  • Einkommensteuergesetz
  • Einkommensteuer-Durchführungsverordnung
  • Umwandlungssteuergesetz
  • Abgabenordnung
  • Einführungsgesetz zur Abgabenordnung
  • Finanzverwaltungsgesetz
  • Finanzgerichtsordnung
  • Körperschaftsteuergesetz
  • Gewerbesteuergesetz
  • Umsatzsteuergesetz
  • Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung
  • Investmentsteuergesetz
  • Forschungszulagengesetz
  • Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetz
  • Bewertungsgesetz
  • Bodenschätzungsgesetz
  • Handelsgesetzbuch
  • Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch
  • Generationenkapitalgesetz
  • EU-Amtshilfegesetz

Im Kontext der Einführung einer obligatorischen E-Rechnung im B2B-Bereich, die wir hier in den Blick nehmen, sind die Änderungen am Umsatzsteuergesetz sowie an der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung relevant.

Redaktionelle Anmerkungen:

  • Wir behandeln den Referentenentwurf mit dem Bearbeitungsstand 14.07.2023 19:04, den das BMF hier zum Download zur Verfügung stellt.
  • Im Referentenentwurf wird die Schreibweise eRechnung verwendet. Wir bleiben hingegen bei der im cosinex Blog etablierten Form E-Rechnung.

II. Einführung eines Systems zur Meldung von Umsätzen folgt

Die obligatorische Verwendung der E-Rechnung ist eine wesentliche Voraussetzung für die Verpflichtung zur transaktionsbezogenen Meldung von Umsätzen im B2B-Bereich an ein bundeseinheitliches Meldesystem, wie es beispielsweise in Italien bereits eingeführt ist. Die Einführung dieser Meldepflicht soll – zur zeitlichen Entzerrung – zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Mit der frühzeitigen Einführung der E-Rechnungspflicht sollen insbesondere die bestehenden Möglichkeiten der Digitalisierung in der Wirtschaft gefördert werden:

Unternehmensinterne Prozesse bei der Rechnungsverarbeitung können durch [die E-Rechnung] vereinfacht werden, was auch dem Bürokratieabbau dient. Schließlich können durch eine medienbruchfreie Übermittlung der Rechnungsdaten Fehler bei einer manuellen Erfassung auf Seiten des Rechnungsempfängers vermieden werden.

III. Europäische Rechtsgrundlage

Grundlage einer obligatorischen Einführung der E-Rechnung für inländische Umsätze im zwischenunternehmerischen Bereich ist Artikel 395 der Richtlinie 2006/112/EG. Er ermächtigt die Bundesrepublik, die Verwendung elektronischer Rechnungen, die von im Hoheitsgebiet Deutschlands ansässigen Steuerpflichtigen ausgestellt wurden, nicht von einer Zustimmung des im deutschen Hoheitsgebiet ansässigen Rechnungsempfängers abhängig zu machen.

In Umsetzung dieser Ermächtigung werden im Inland ansässige Unternehmer mit Inkrafttreten des Wachstumschancengesetzes ab dem 1. Januar 2025 für ihre steuerbaren und steuerpflichtigen Umsätze zur Ausstellung einer E-Rechnung verpflichtet, wenn diese Umsätze an andere im Inland ansässige Unternehmer für deren Unternehmen erbrachten werden. Umsätze an Unternehmer in anderen Mitgliedstaaten und an Endverbraucher sind von dieser Verpflichtung nicht betroffen.

IV. Änderungen an § 14 UStG

Die maßgeblichen Änderungen zur Einführung dieser Regelung erfolgen in § 14 Ausstellung von Rechnungen. Dieser sah bislang den Vorrang der Papierrechnung vor, die nunmehr wegfällt. Zudem wird die elektronische Rechnung neu definiert:

Nur noch eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird, das ihre elektronische Verarbeitung ermöglicht, und die den Vorgaben der Richtlinie 2014/55/EU vom 16. April 2014 (ABl. L 133 vom 6. 5. 2014, S. 1, CEN-Format EN 16931) entspricht, gilt als elektronische Rechnung.

UStG altUStG gemäß Referentenentwurf
§ 14 Ausstellung von Rechnungen  

(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können.
    (1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Eine Rechnung kann als elektronische Rechnung oder vorbehaltlich des Absatzes 2 als sonstige Rechnung übermittelt werden. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht. Die elektronische Rechnung muss der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung und der Liste der entsprechenden Syntaxen gemäß der Richtlinie 2014/55/EU vom 16. April 2014 (ABl. L 133 vom 6. 5. 2014, S. 1) entsprechen. Eine sonstige Rechnung ist eine Rechnung, die in einem anderen elektronischen Format oder auf Papier übermittelt wird. Die Übermittlung einer elektronischen Rechnung oder einer sonstigen Rechnung in einem elektronischen Format bedarf der Zustimmung des Empfängers, soweit keine Verpflichtung nach Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 Satz 2 besteht.

Rechnungen, die in einem anderen elektronischen Format oder auf Papier übermittelt werden, werden unter dem neuen Begriff „sonstige Rechnung“ zusammengefasst.

In § 14 Absatz 2 werden die Fälle, in denen eine umsatzsteuerrechtliche Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht, neu gegliedert. Es wird eindeutig geregelt, in welchen Fällen eine E-Rechnung obligatorisch zu verwenden ist und in welchen Fällen die Verwendung einer sonstigen Rechnung möglich bleibt:

UStG altUStG gemäß Referentenentwurf
(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes:

1. führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen;

2. führt der Unternehmer eine andere als die in Nummer 1 genannte Leistung aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht, wenn der Umsatz nach § 4 Nummer 8 bis 29 steuerfrei ist. § 14a bleibt unberührt.

Unbeschadet der Verpflichtungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 Satz 2 kann eine Rechnung von einem in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift). Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Eine Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden.
(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. In den folgenden Fällen ist er zur Ausstellung einer Rechnung verpflichtet, wenn der Umsatz nicht nach § 4 Nummer 8 bis 29 steuerfrei ist:  

1. Für eine Leistung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ist innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Die Rechnung ist in diesen Fällen als elektronische Rechnung nach Absatz 1 Satz 3 und 4 auszustellen, wenn der leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger im Inland oder in einem der in § 1 Absatz 3 bezeichneten Gebiete ansässig sind. Ein im Inland oder in einem der in § 1 Absatz 3 bezeichneten Gebiete ansässiger Unternehmer ist ein Unternehmer, der in einem dieser Gebiete seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, die an dem Umsatz beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat.

2. Für eine Leistung an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ist innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen.

3. Für eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Absatz 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück an einen anderen als in den Nummern 1 oder 2 genannten Empfänger ist innerhalb von sechs Monaten eine Rechnung auszustellen.

§ 14a bleibt unberührt. Unbeschadet der Verpflichtungen nach Satz 2 kann eine Rechnung von einem in Satz 2 Nummer 1 oder 2 bezeichneten Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift). Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Eine Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in Satz 2 Nummer 1 oder 2 bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden.

In Absatz 3 werden die Regelungen zur Echtheit der Herkunft, zur Unversehrtheit des Inhalts und zur Lesbarkeit einer Rechnung zusammengefasst:

UStG altUStG gemäß Referentenentwurf
(3) Unbeschadet anderer nach Absatz 1 zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch(3) Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Unbeschadet anderer zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch

V. Ausnahmen für Kleinbeträge und Fahrausweise

Änderungen an der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) sehen Ausnahmen bei Rechnungen über Kleinbeträge, deren Gesamtbetrag 250 Euro nicht übersteigt (§ 33) sowie bei Fahrausweisen (§ 34) vor. In beiden Fällen können nach dem Wegfall des Vorrangs der Papierrechnung weiterhin alle Arten von Rechnungen verwendet werden.

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VI. Inkrafttreten und Übergangsvorschriften

Die oben vorgestellten Änderungen treten gemäß Artikel 44 des Wachstumschancengesetzes am 1. Januar 2025 in Kraft.

Der Gesetzgeber kommt Wünschen der Wirtschaft nach einer Einführungsphase und einer übergangsweisen weiteren Verwendung des EDI-Verfahrens mit Änderungen im § 27 UStG nach.

So ist für zwischen dem 1. Januar und dem 31. Dezember 2025 ausgeführte Umsätze befristet bis zum 31. Dezember 2025 statt einer E-Rechnung auch eine sonstige Rechnung auf Papier oder in einem anderen elektronischen Format möglich. Bei Ausstellung einer sonstigen Rechnung in einem elektronischen Format bedarf es der Zustimmung des Empfängers. Die Verpflichtung des Leistungsempfängers, eine E-Rechnung entgegenzunehmen, bleibt davon unberührt.

Durch den neu eingefügten Absatz 39 Satz 1 Nummer 2 wird geregelt, dass zu einem zwischen dem 1. Januar 2026 und dem 31. Dezember 2027 ausgeführten Umsatz befristet bis zum 31. Dezember 2027 statt einer E-Rechnung auch eine sonstige Rechnung in einem anderen elektronischen Format ausgestellt werden kann.

VII. Öffentliche Hand setzt Standard für die Privatwirtschaft

Es kommt selten genug vor und verdient daher eine Würdigung: Bereits seit dem 27. November 2020 sind Rechnungssteller dazu verpflichtet, Lieferungen und Leistungen an öffentliche Einrichtungen des Bundes mittels E-Rechnung, abzurechnen. Hier hat also die öffentliche Hand eine Vorreiterstellung inne, die mit der geplanten E-Rechnungspflicht im B2B-Bereich in der Breite ausgerollt werden würde.

Titelbild: Bundesministerium der Finanzen / Phototek