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Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat Zahlen der Vergabekammern und der Oberlandesgerichte zu den Nachprüfungsverfahren von Vergaben für das Jahr 2022 veröffentlicht. Die Zahl der neu eröffneten Verfahren ist auf Ebene der Vergabekammern von im Vorjahr 865 Verfahren auf nun 702 Verfahren und auf Ebene der Oberlandesgerichte von 161 Verfahren im Vorjahr auf nun 133 Verfahren gesunken. Der Blick ins Detail macht aber deutlich, dass manche Instanzen sich auf signifikant höhere Arbeitsaufkommen einstellen müssen.

Der Autor

Dr. Stefan Marinus Krusenbaum ist promovierter Wirtschaftswissenschaftler und verantwortet das Controlling der cosinex. Der der Experte für Wertungsmethoden bietet das beliebte Seminar Grundlagen und Auswahl geeigneter Wertungsmethoden in der cosinex Akademie an.

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Vergabekammern

Die statistischen Meldungen über Vergabenachprüfungsverfahren gemäß §184 GWB werden unterteilt nach Vergabekammern bzw. Oberlandesgerichten veröffentlicht. In Summe zeigte sich, dass die Eingänge von Nachprüfungsverfahren bundesweit zurückgingen. Hinsichtlich der Bearbeitungsquote zeigte sich ebenfalls Erfreuliches: Bei 702 eingegangenen Verfahren wurden 731 abgeschlossene gemeldet, was darauf zurückzuführen ist, dass auch aus Vorjahren noch über 127 offene Verfahren bestanden, so dass der Übertrag auf das kommende Jahr in Summe zurückgegangen ist.

Auf Ebene der Vergabekammern hatten lediglich die Vergabekammer des Landes Hessen beim Regierungspräsidium Darmstadt, die Vergabekammer Westfalen, die Vergabekammer Schleswig-Holstein sowie die Vergabekammer beim Thüringer Landesverwaltungsamt Weimar eine höhere Zahl eingegangener Anträge als der im Berichtsjahr beendeten Verfahren zu verzeichnen, so dass sich die Anzahl offener Anträge erhöht hat.

Die Sachentscheidung bei der Bearbeitung von Verfahren durch die Kammern fiel mit 175 zu 100 häufiger zugunsten der Auftraggeber aus, wobei die Vergabekammer Rheinland am stärksten zugunsten öffentlicher Auftraggeber urteilte, die Vergabekammer Nordbayern / Mittelfranken hingegen zugunsten der Auftragnehmer.

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Oberlandesgerichte

Auf der Ebene der Oberlandesgerichte wurden die Gerichte vor allem aufgrund von Beschwerden der Antragsteller der ersten Instanz, also der (in erster Instanz unterlegenen) Auftragnehmer tätig. Die Häufigkeit einer Beschwerde durch einen Auftragnehmer lag hier beim dreifachen der Zahl, mit der Auftraggeber in die nächste Instanz zogen. Die Zahl der Verfahren ging 2022 auf 133 eingeleitete Beschwerdeverfahren zurück.

Hinsichtlich der Zahl der erledigten Verfahren zeigte sich jedoch ein umgekehrtes Bild gegenüber der Bearbeitungsquote von Vergabekammern: Während 133 Beschwerden eingingen, konnten von den Gerichten lediglich 107 bearbeitet werden, so dass die Summe der offenen Verfahren auf dieser Instanz angestiegen ist. Besonders stark war demnach das OLG Düsseldorf belastet, dass sich bei 19 erledigten Verfahren im Jahr 2022 ganzen 51 neu eingegangenen Verfahren gegenübersah. Mit 20 Anträgen auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung gem. § 173 GWB sticht das für das bevölkerungsreichste Bundesland zuständige OLG auch bei den Verlängerungsanträgen deutlich hervor. Ein Grund hierfür ist sicherlich auch darin zu sehen, dass das OLG Düsseldorf für Beschwerdeverfahren auf Ebene des Bundes mit zuständig ist.

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Der Blick ins Detail

Eine wesentliche Schlussfolgerung bei Betrachtung der sonst nur „zur Kenntnis genommenen“ Datengrundlage derartiger Statistiken kann und sollte daher sein, dass über einen Blick ins Detail Aufschlüsse gegeben und Indikatoren zur Frühwarnung gezogen werden. Liest sich die Meldung, laut der die vor Vergabekammern eingegangenen Verfahren zurückgegangen seien, noch recht gut, verrät ebendieser Blick ins Detail, dass sich die Zahl der offenen Beschwerdeverfahren in NRW am OLG Düsseldorf von 3 aus dem Vorjahr auf nunmehr 35 mehr als verzehnfacht hat.

Da sich zeigt, dass mitunter Anträge zur aufschiebenden Wirkung enthalten sind, ist eine verlangsamte Bearbeitungsgeschwindigkeit der OLGs oftmals gleichbedeutend mit einer verzögerten Zuschlagsentscheidung der öffentlichen Auftraggeber. An die detaillierte Analyse dieser verlangsamten Bearbeitungsgeschwindigkeit sollten sich Maßnahmen wie die Einstellung zusätzlichen Personals anschließen, um diese Verzögerung mittelfristig zu kompensieren und die ohnehin prozessual bedingt verlangsamte Geschwindigkeit der Beschaffung in der öffentlichen Hand so hoch wie möglich zu halten. Gerade wenn – wie im Falle des OLG Düsseldorfs – auch Ausschreibungen des Bundes, etwa im Hinblick auf Beschaffungen im Bereich der Verteidigung, betroffen sein können, sind Verzögerungen bei Zuschlagentscheidungen mit einer hohen Kritikalität versehen.

Die jüngst veröffentlichten exakten Zahlen der statistischen Meldungen über die Vergabenachprüfungsverfahren gemäß Paragraf 184 GWB sind über folgende Links abrufbar:

Titelbild: Ruthson Zimmerman – Unsplash