Mit dem Klimaschutzgesetz (KSG) von 2019 hat der Bund die internationalen Klimaschutzziele und die im Klimaschutzplan 2050 festgelegten Sektorziele für 2030 gesetzlich normiert. Bisweilen unbekannt sind die vergaberechtlichen Aspekte.

Das Berücksichtigungsgebot

In § 13 formuliert der Gesetzgeber ein Gebot zur Berücksichtigung derjenigen Beschaffungsvariante, mit der die Klimaschutzziele zu den geringsten Kosten erreicht werden können:

Die Träger öffentlicher Aufgaben haben bei ihren Planungen und Entscheidungen den Zweck dieses Gesetzes und die zu seiner Erfüllung festgelegten Ziele zu berücksichtigen.

Das Berücksichtigungsgebot konkretisiert die allgemeine Vorbildfunktion der öffentlichen Hand und soll bei allen ihren Planungen und Entscheidungen zum Tragen kommen, soweit im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben Entscheidungsspielräume bestehen.

Es gilt für alle „Träger öffentlicher Aufgaben“, wie der Bund in der Gesetzesbegründung darlegt. Dabei wird klargestellt, dass der Bund in die Rechtsetzungs- und Organisationskompetenzen der Länder und der Gemeinden nicht eingreift:

Die Kompetenzen der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände, das Berücksichtigungsgebot innerhalb ihrer jeweiligen Verantwortungsbereiche auszugestalten, bleiben unberührt.

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Fokus auf dem Vergabeverfahren vorgelagerte Prozesse

Die Gesetzesbegründung stellt ebenfalls klar, dass sich die Verpflichtungen der öffentlichen Auftraggeber „auf den vorbereitenden Prozess der Konzeption und Strukturierung eines Vergabeverfahrens“ beziehen. Sie sind dem eigentlichen Vergabeverfahren vorgelagert und erstrecken sich folglich auf die Erstellung der Leistungsbeschreibung und des Kriterienkatalogs.

Justiziable Verpflichtungen?

Die Verpflichtungen der öffentlichen Auftraggeber seien überdies auch nicht justiziabel, „etwa in einem Nachprüfungsverfahren nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen“.

Diese Auffassung des Gesetzgebers wird jedoch nicht rundweg geteilt. So weist Holger Schröder in einem Beitrag für den Staatsanzeiger Baden-Württemberg vom 19. Februar 2021 darauf hin, dass sich aus dem Wortlaut der Norm nicht ergebe, dass Bieterrechte so klar eingeschränkt sind:

Öffentlichen Auftraggebern also, die gegen Paragraf 13 Absatz 2 KSG verstoßen, kann daher durchaus ein Nachprüfungsverfahren drohen, solange und soweit die Rechtsprechung nichts Gegenteiliges entscheidet.

Fokus auf Lebenszykluskosten bei der Vergabe

Absatz 3 des § 13 gibt schlussendlich die Einbeziehung von Lebenszykluskosten in die Entscheidung für das wirtschaftlichste Gebot vor, indem – so die Gesetzesbegründung – „bei vergleichenden Betrachtungen von Kosten und Einsparungen stets auf die gesamte Nutzungsdauer abzustellen ist“ – oder im Wortlaut des Gesetzes:

(3) Bei der Anwendung von Wirtschaftlichkeitskriterien sind bei vergleichenden Betrachtungen die dem Bund entstehenden Kosten und Einsparungen über den jeweiligen gesamten Lebenszyklus der Investition oder Beschaffung zugrunde zu legen.

Dass Produkte und Dienstleistungen unter Berücksichtigung der Lebenszykluskosten in der Tat günstiger sind als die konventionellen Beschaffungsvarianten, belegt beispielsweise die Studie Umwelt- und Kostenentlastung durch eine umweltverträgliche Beschaffung, die im Auftrag der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt durchgeführt wurde.

Konkretisierung durch die AVV Klima

Am 19. Oktober 2021 wurde die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Beschaffung klimafreundlicher Leistungen (AVV Klima) im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, in Kraft ist sie seit dem 1. Januar 2022.

Sie setzt die Vorgaben des § 13 Abs. 2 Bundes-Klimagesetz durch verschiedene Verordnungsermächtigungen um, verfolgt also den Zweck, eine klimafreundliche Beschaffung durch Dienststellen des Bundes in unmittelbarer Bundesverwaltung sicher zu stellen. Insbesondere sollen die von zu beschaffenden Leistungen verursachten Treibhausgasemissionen im Vergabeverfahren hinreichend Berücksichtigung finden. Näheres zur AVV Klima finden Sie hier.

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Titelbild: BsWei – iStock