Der Deutsche Bundestag wird am 26. September 2021 neu gewählt. Was fordern die Parteien zum Vergaberecht?

Die Bundesregierung hat dem Deutschen Bundestag am 22. März die Verordnung zur Anpassung des Vergaberechts an die Einführung neuer elektronischer Standardformulare („eForms“) übersendet. Die Zustimmung des Parlaments ist aufgrund § 113 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen erforderlich.

Mit der Verordnung werden die nationalen Vergaberechtsregelungen an die Durchführungsverordnung (EU) 2019/1780 angepasst, die eForms als elektronische Standardformulare für die Veröffentlichung von Bekanntmachungen für öffentliche Aufträge vorsieht.

Im Zuge dieser Anpassung sollen bestimmte Datenfelder mit Angaben von besonderer Bedeutung trotz ihrer freiwilligen Natur auf EU-Ebene in Deutschland verpflichtend umgesetzt werden, um die Datenerhebung und das Monitoring in diesen Bereichen zu vereinfachen. Einzelheiten sollen in einer Fachdatenstandard-Komponente „eForms-DE“ festgelegt werden.

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Grundregelung im neuen § 10a VgV

Mit § 10a VgV wird eine Regelung eingeführt, welche die Grundregeln zur Erstellung und Übermittlung von Bekanntmachungen nach den Vorgaben der Verordnung zentral bei den Regeln über die Kommunikation im Vergabeverfahren als „Anforderungen bei der Erstellung und Übermittlung von Bekanntmachungen; Datenaustauschstandard eForms“ verortet. Auf diese Grundregelung wird in den übrigen Vergabeverordnungen verwiesen.

Hier wird auch festgelegt, dass Datenfelder zu strategischen Aspekten der Beschaffung verpflichtend sind:

Auch Informationen über die Teilnahmechancen von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und Start-Ups sowie Informationen zur Herkunft des (potenziellen) Auftragnehmers sind – vor unterschiedlichen Hintergründen – von grundsätzlich politischer Relevanz. Die Datenbasis darüber soll so weit wie möglich, aber auch praktisch sinnvoll, über eForms erfasst werden.

Der neue § 10a VGV im Wortlaut

Erstellung und Übermittlung von Bekanntmachungen; Datenaustauschstandard eForms

(1) Auftragsbekanntmachungen, Vorinformationen, Vergabebekanntmachungen und Bekanntmachungen über Auftragsänderungen (Bekanntmachungen) sind elektronisch nach den Vorgaben der Durchführungsverordnung (EU) 2019/1780 zu erstellen. Sofern nicht aufgrund von Absatz 3 Satz 2 oder Absatz 4 etwas anderes geregelt ist, sind die Angaben zu den in Tabelle 2 des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) 2019/1780 für die Bekanntmachungen als fakultativ gekennzeichneten Angaben freiwillig.

(2) Für Bekanntmachungen haben öffentliche Auftraggeber den Datenaustauschstandard eForms in der jeweils geltenden Fassung zu verwenden. Der Datenaustauschstandard eForms wird vom Bundesministerium des Innern und für Heimat im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz festgelegt und unverzüglich im Bundesanzeiger bekannt gemacht. Soweit für die Inhalte von Datenfeldern des Datenaustauschstandards eForms weitere oberste Bundesbehörden fachlich zuständig sind, ist die Festlegung dieser Datenfelder vor ihrer Bekanntmachung jeweils auch mit ihnen abzustimmen.

(3) Im Datenaustauschstandard eForms können die Vorgaben der Durchführungsverordnung (EU) 2019/1780 für die Inhalte bestimmter Angaben in der Bekanntmachung konkretisiert werden. Einzelne der in Tabelle 2 des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) 2019/1780 als fakultativ gekennzeichnete Angaben können im Datenaustauschstandard eForms für bestimmte Bekanntmachungen für verpflichtend oder als nicht erfassbar erklärt werden, sofern dies aus technischen Gründen oder aufgrund der Anforderungen nach Absatz 4 erforderlich ist. Änderungen des Datenaustauschstandards eForms werden vom Bundesministerium des Innern und für Heimat im Einvernehmen mit dem Bundeministerium für Wirtschaft und Klimaschutz festgelegt und im Bundesanzeiger bekannt gemacht. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Bei jeder Änderung sind das Datum der Bekanntmachung im Bundesanzeiger und das Datum, ab dem der geänderte Datenaustauschstandard eForms anzuwenden ist, anzugeben.

(4) In Tabelle 2 des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) 2019/1780 als fakultativ gekennzeichnete Datenfelder sind für öffentliche Auftraggeber unbeschadet der Vorgaben des Datenaustauschstandards eForms nach Absatz 3 Satz 2 verpflichtend, soweit sie strategische Aspekte der Beschaffung betreffen. Strategische Aspekte der Beschaffung im Sinne des Satzes 1 sind

  1. Aspekte der Qualität und der Innovation, einschließlich der Angabe, ob Nebenangebote zugelassen sind,
  2. soziale und umweltbezogene Aspekte, einschließlich der Datenfelder für die Beschaffung sauberer Straßenfahrzeuge,
  3. wesentliche Aspekte der Zuschlagskriterien,
  4. mittelständische Interessen sowie
  5. die Identifizierung der Organisationseinheiten.

Die betroffenen Datenfelder sind im Datenaustauschstandard eForms als verpflichtende Datenfelder aufzunehmen.

(5) Bekanntmachungen sind dem Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union elektronisch über den Datenservice Öffentlicher Einkauf zu übermitteln. Der Datenservice Öffentlicher Einkauf ist beim Beschaffungsamt des BMI eingerichtet und wird dort betrieben. Die über den Datenservice Öffentlicher Einkauf an das Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union übermittelten Bekanntmachungen werden auch über den Bekanntmachungsservice des Datenservice Öffentlicher Einkauf veröffentlicht und frei zugänglich zur Verfügung gestellt. Das Beschaffungsamt des BMI trifft die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen, um die Verfügbarkeit, die Integrität, die Authentizität und die Vertraulichkeit der im Datenservice Öffentlicher Einkauf verarbeiteten personenbezogenen Daten entsprechend dem jeweiligen Stand der Technik sicherzustellen.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten mit Blick auf § 7 Absatz 4 der Unterschwellenvergabeordnung nicht für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen, deren geschätzter Auftragswert ohne Umsatzsteuer die Schwellenwerte gemäß § 106 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen nicht erreicht.

Datenservice Öffentlicher Einkauf als nationaler eSender

Vorgesehen wird die Nutzung des beim Beschaffungsamt des BMI verorteten Datenservice Öffentlicher Einkauf als Vermittlungsdienst und nationaler eSender zur Übermittlung von Bekanntmachungen an das Amtsblatt der EU zur Veröffentlichung im Tenders Electronic Daily (TED). Der Datenservice Öffentlicher Einkauf soll beim Beschaffungsamt des BMI eingerichtet und zentral betrieben werden.

Streichung von § 3 Abs. 7 Satz 2 VgV, Klarstellung in § 46 SektVO

Wie bereits dem Referentenentwurf zu entnehmen war, beabsichtigt die Bundesregierung, das laufende Vertragsverletzungsverfahren anlässlich der Regelung zur Auftragswertermittlung von Planungsleistungen in § 3 Abs. 7 Satz 2 VgV durch dessen Streichung beizulegen – das cosinex Blog berichtete. Auch die entsprechenden Regelungen in der SektVO und der VSVgV werden aufgehoben.

Eine Klarstellung zum Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit von Bewerbern/Bietern wird in einem neuem Absatz 3 in § 46 SektVO aufgenommen, auch um insbesondere KMU vor unangemessenen Nachweisanforderungen zu schützen.

Bundesregierung: Kein gestiegener Aufwand für Wirtschaft

Trotz dieser lediglich klarstellenden Wirkung der Aufhebung könnten Ausschreibungen von Planungsleistungen zukünftig häufiger oberhalb der EU-Schwellenwerte liegen als bisher für vergleichbare Leistungen, wie die Bundesregierung in ihrer Einschätzung des Erfüllungsaufwandes darlegt.

Die Verschiebung der Fallzahlen vom Unterschwellenbereich in den Bereich der Oberschwellenvergaben lasse sich jedoch nur grob abschätzen: Nehme man an, dass jährlich 10 000 Planungsleistungen zukünftig nach EU-Recht und nicht nach UVgO ausgeschrieben werden, dann

kann der zusätzliche Erfüllungsaufwand seitens der Vergabestellen für Auftragsbekanntmachung, Bereitstellen der Vergabeunterlagen, Annahme der Teilnahmeanträge und Angebote (ohne inhaltliche/ fachliche Prüfung und Entscheidung), Bieterfragen, Mitteilung über die Entscheidung und abschließende Ablage mit 110 000 Euro pro Jahr beziffert werden. Davon entfallen 13 200 Euro an jährlichen Erfüllungsaufwand auf den Bund und 96 800 Euro auf die Länder (einschließlich Kommunen).

Mit Blick auf die Wirtschaft geht der Bund „aufgrund von sich überlagernden Effekten“ nicht davon aus, dass sich der Aufwand seitens der Bieter nennenswert ändert. Generell lägen Anhaltspunkte für eine besondere Belastung von kleinen und mittleren Unternehmen durch Einführung der eForms nicht vor. Vielmehr würden KMU und Start-ups von optimierten Suchfunktionen nach Auftragschancen im neuen Bekanntmachungsservice profitieren.

Wirtschaftsausschuss macht Weg frei für Vergabeordnung

In seiner Sitzung am 19. April hat der federführende Wirtschaftsausschuss dem Plenum die Annahme der Verordnung empfohlen. Konkret wurde über den Verzicht ihrer Ablehnung abgestimmt, dem alle Fraktionen mit Ausnahme der AfD-Fraktion zugestimmt haben, wie „Heute im Bundestag“ berichtet.

  • Die Verordnung zur Anpassung des Vergaberechts an die Einführung neuer elektronischer Standardformulare („eForms“) für EU-Bekanntmachungen und an weitere europarechtliche Anforderungen als Bundestagsdrucksache herunterladen »