
Die Bundesregierung beabsichtigt, das laufende Vertragsverletzungsverfahren anlässlich der Regelung zur Auftragswertermittlung von Planungsleistungen in § 3 Abs. 7 Satz 2 VgV durch dessen Streichung beizulegen. Ein entsprechender Passus findet sich in einem Referentenentwurf zur rechtlichen Umsetzung der (EU-) eForms.
Hintergrund
Die deutsche Sonderregelung bei der Auftragswertermittlung von Planungsleistungen besteht in der durch § 3 Abs. 7 Satz 2 VgV eröffneten Möglichkeit, nur den Wert für Lose gleichartiger Leistungen zusammenzurechnen. Darin sieht die EU-Kommission einen Verstoß gegen Art. 5 Abs. 8 der klassischen Vergaberichtlinie (2014/24/EU), wonach grundsätzlich der geschätzte Gesamtwert aller Lose zusammenzurechnen ist. 2019 hat sie ein entsprechendes Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.
Noch im Dezember hatten Kommunale Spitzenverbände und Verbände der planenden Berufe eine Klärung durch den EuGH gefordert – das cosinex Blog berichtete.
Verordnungszweck: Anpassung deutschen Vergaberechts an die eForms
Ende Februar hat das BMWK den Referentenentwurf einer Verordnung zur Anpassung des Vergaberechts an die Einführung neuer elektronischer Standardformulare („eForms“) für EU-Bekanntmachungen und an weitere europarechtliche Anforderungen veröffentlicht.
Wesentlicher Inhalt des Verordnungsentwurfs ist die Anpassung der nationalen Vergabeverordnungen an die Durchführungsverordnung (EU) 2019/1780 der Kommission vom 23. September 2019 zur Einführung von Standardformularen für die Veröffentlichung von Bekanntmachungen für öffentliche Aufträge sowie zur Aufhebung der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1986 („elektronische Formulare — eForms“), geändert durch Durchführungsverordnung (EU) 2022/2303 der Kommission vom 4. November 2022.
Aufhebung von § 3 Abs. 7 Satz 2 VgV
Als weitere „europarechtlich erforderliche Anpassung des nationalen Vergaberechts“ sieht der Entwurf überdies in Artikel 1 Nr. 2 vor, § 3 Absatz 7 Satz 2 VgV aufzuheben.
Eine Änderung des Rechtsrahmens sei mit der Aufhebung des lediglich deklaratorischen Satzes 2 nicht verbunden, wie der Referentenentwurf im Begründungsteil erläutert:
Bei einem Auftrag, der in mehreren Losen vergeben wird, ist der geschätzte Gesamtwert aller Lose zugrunde zu legen, und die Vergabeverordnung ist für die Vergabe jedes Loses anzuwenden, wenn der geschätzte Gesamtwert die EU-Schwellenwerte erreicht oder überschreitet. In Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 15.1.2012, Rechtssache C‑574/10) liegt ein einheitlicher Gesamtauftrag aus mehreren Losen vor, sofern sie in wirtschaftlicher und technischer Hinsicht eine innere Kohärenz und eine funktionelle Kontinuität aufweisen. In allen anderen Fällen können Planungsleistungen und auch sonstige Bau- und Dienstleistungen jedoch bisher und auch weiterhin getrennt betrachtet werden (je nach Einzelfall, beispielsweise denkbar bei einem den sonstigen Planungen vorgelagerten Bodengutachten).
Inkrafttreten soll Art. 1 Nr. 2 der Verordnung und mithin die Streichung der nationalen Vorgaben am Tag nach der Verkündung, die Verordnung selbst soll am 25. Oktober 2023 Inkrafttreten.
Verbände planender Berufe reagieren mit Stellungnahme
Der Verband Beratender Ingenieure hat sich am 1. März bereits zu der geplanten Aufhebung geäußert und gemeinsam mit weiteren Kammern und Verbänden eine Stellungnahme zum Referentenentwurf veröffentlicht (PDF). Darin fordern sie die Bundesregierung auf, die Aufhebung nicht vorzunehmen.
Sie führe zu „massiven Verwerfungen im deutschen Planungsmarkt“, ihre Binnenmarktrelevanz tendiere „gegen Null“ und eine Entscheidung durch den EuGH – die von den Verbänden gefordert worden war – falle „nicht zwingend im Sinne der EU-Kommission“.
eForms: Beurteilung durch cosinex Blog folgt
Den vorrangigen Zweck des Entwurfs, nämlich die Anpassung der nationalen Vergabeverordnungen an die umzusetzenden (EU-)eForms, werden wir in einem separaten Blogpost in den Blick nehmen. Einen Überblick zu den eForms finden Sie in unserem FAQ-Beitrag.
Weitere Informationen und Quellen
- Meldung des Verbandes Beratendes Ingenieure Europaweite Ausschreibungspflicht für Planungsaufträge
- Stellungnahme der Kammern und Verbände
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Titelbild: Borko Manigoda – Pixabay