Kommunale Dachflächen können, sofern sie sich zur Errichtung von Photovoltaikanlagen eignen, zur Sonnenenergiegewinnung genutzt werden. Welche Vorhaben dabei ausschreibungspflichtig sind, erläutert Dr. Florian Krumenaker in diesem Beitrag.

Ob Betriebshöfe, Bildungseinrichtungen, oder Krankenhäuser – eines haben diese kommunalen Gebäude gemein: Sie verfügen über Dachflächen, die für die Stromerzeugung durch Photovoltaik sinnvoll genutzt werden können.

Neben der Beschaffung von Photovoltaikanlagen zur Eigennutzung besteht für Kommunen die Möglichkeit, ihre Dachflächen an Dritte zu verpachten mit oder ohne Verpflichtung des PV-Anlagen-Betreibers zur Abgabe des erzeugten Stroms an die Kommune. Welche Vorhaben ausschreibungspflichtig sind, wird in diesem Beitrag beleuchtet.

Beschaffung für Eigennutzung

Die Beschaffung einer Photovoltaikanlage zur anschließenden Eigennutzung durch eine Kommune stellt einen vergabepflichtigen Vorgang dar. Kommunen sind öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99 Nr. 1 GWB und auch nach nationalem Haushaltsrecht grundsätzlich zur Beachtung der vergaberechtlichen Bestimmungen verpflichtet.

Die Beschaffung einer Photovoltaikanlage ist ebenfalls als öffentlicher Auftrag nach § 103 Abs. 1 GWB zu qualifizieren. Klärungsbedürftig erscheint im Einzelfall lediglich, ob es sich bei dem Beschaffungsvorgang um einen öffentlichen Liefer- oder Bauauftrag handelt.

Enthält ein öffentlicher Auftrag sowohl Liefer- als auch Bauleistungsmerkmale, ist eine Abgrenzung nach dem Hauptgegenstand vorzunehmen. Zu prüfen ist, ob Bauleistungen den Hauptgegenstand des Vertrages bilden, oder ob sie im Verhältnis zum Hauptgegenstand lediglich Nebenarbeiten sind.

Zur Orientierung kann die immer noch aktuelle Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 30. April 2014 (VII-Verg 35/13) herangezogen werden. Die ausgeschriebene Errichtung einer Photovoltaikanlage auf einer stillgelegten Abfalldeponie wurde trotz eines Anteils von lediglich 30 % wegen der vertraglichen Bedeutung und des prägenden Charakters der Bauleistungen als Hauptgegenstand des Auftrags angesehen.

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Reine Verpachtung kommunaler Dachflächen

Die reine Verpachtung von kommunalen, für die Installation von Photovoltaikanlagen geeigneten Dachflächen unterfällt nicht dem Vergaberecht. Denn es liegt in dieser Fallkonstellation kein öffentlicher Auftrag im Sinne des § 103 Abs. 1 GWB vor. Die Vorschrift definiert öffentliche Aufträge als

entgeltliche Verträge zwischen öffentlichen Auftraggebern oder Sektorenauftraggebern und Unternehmen über die Beschaffung von Leistungen, die die Lieferung von Waren, die Ausführung von Bauleistungen oder die Erbringung von Dienstleistungen zum Gegenstand haben.

Von dem Begriff sind somit Beschaffungsvorgänge erfasst. Die isolierte Verpachtung von kommunalen Dachflächen stellt jedoch keinen Beschaffungsvorgang dar. Denn die Kommune „beschafft“ hierdurch keine Leistung, sondern überlässt einem Dritten lediglich ihre kommunalen Dächer zur Nutzung für die Installation von Photovoltaikanlagen. Sie tritt also nicht als Nachfrager, sondern als Anbieter der Leistung auf. Der Anwendungsbereich des Vergaberechts ist in diesen Fällen nicht eröffnet.

Sonderfall: Verpachtung mit der Verpflichtung zur Abgabe von Strom an die Kommune

Sofern die Verpachtung kommunaler Dachflächen an einen PV-Anlagen-Betreiber mit der Verpflichtung zur Abgabe von Strom an die Kommune verbunden ist, unterfällt das Vorhaben wiederum den Bestimmungen des Vergaberechts. Denn die Verpachtung kommunaler Dachflächen wird in dieser Konstellation mit einem Beschaffungsvorgang – dem Ankauf von elektrischem Strom – verknüpft. In der Gesamtschau ist das Vorhaben daher als öffentlicher Lieferauftrag nach § 103 Abs. 2 GWB zu qualifizieren und im Ergebnis ausschreibungspflichtig.

Neben dem Vergaberecht sind bei diesem Vorhaben auch die Bestimmungen des Beihilfenrechts zu beachten. So dürfen die kommunalen Dachflächen nicht unter Marktpreis verpachtet werden. Überdies muss sichergestellt werden, dass die Kommunen für den Ankauf des Stroms einen marktüblichen Preis an den PV-Anlagen-Betreiber bezahlen. Andernfalls läuft die Kommune Gefahr, den PV-Anlagen-Betreiber entweder durch die zu niedrige Pacht oder die Entrichtung eines zu hohen Stromentgelts beihilfenrechtlich unzulässig zu begünstigen.

Praxistipp

Kommunale Dachflächen sollten, sofern sie sich zur Errichtung von Photovoltaikanlagen eignen, zur Sonnenenergiegewinnung genutzt werden. Die Realisierung des Vorhabens hat dabei – sofern nicht ausschließlich kommunale Dachflächen verpachtet werden – unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Vergabe- und Beihilfenrechts zu erfolgen. Denn sowohl die Beschaffung von Photovoltaikanlagen zur Eigennutzung als auch die Verpachtung kommunaler Dachflächen an einen PV-Anlagen-Betreiber mit der Verpflichtung zur Abgabe von Strom an die Kommune verpflichtet zur Ausschreibung der Maßnahme entweder als öffentlicher Bau- oder Lieferauftrag.

Regelmäßig liegen die jeweiligen Auftragswerte unter dem maßgeblichen EU-Schwellenwert von derzeit 215.000 € netto für Lieferaufträge und 5.382.000 € netto für Bauaufträge, sodass die Vergabeverfahren nicht unter das EU-Vergaberecht fallen.

Überdies kann die Kommune bei Bauaufträgen bis zu einem Auftragswert von 100.000 € netto eine „schlanke“ Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb durchführen, vgl. § 3a Abs. 2 Nr. 1 c) VOB/A. Liegt ein Lieferauftrag vor, kommt die Verhandlungsvergabe ohne Teilnahmewettbewerb in Betracht, wenn die Wertgrenze in Höhe von EUR 50.000 netto nicht überschritten wird, vgl. Ziffer 2.3.2 VergabeVwV i.V.m. Ziffer 8.3 VwV Beschaffung.

Der Autor

Dr. Florian Krumenaker, LL.M, ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Vergaberecht bei Menold Bezler.

Titelbild: Bill Mead – Unsplash