Dr. Johannes Lux ist Vorsitzender der Vergabekammer des Landes Berlin und einer der Referenten auf dem Vergabesymposium. Im Interview mit dem cosinex Blog gibt er einen Ausblick auf seinen Fachvortrag: Die Fehlerbehebung im Vergabeverfahren.
Das zweite Vergabesymposium findet am 6. und 7. Juni 2023 in der Jahrhunderthalle in Bochum statt. In den kommenden Wochen stellen wir ausgesuchte Themen des erneut vielfältigen und praxisnahen Programms in Form von Kurzinterviews mit den Referentinnen und Referenten vor.
Den Auftakt macht Dr. Johannes Lux, der in seinem Fachvortrag „Heilung möglich – Fehlerbehebung im Vergabeverfahren“ Hilfe zur Selbsthilfe bei der Heilung von Vergabefehlern verspricht.
Herr Dr. Lux, ist Vergabe fehleranfälliger geworden?
Nein, ich glaube nicht. Auch die Statistik über die bei den Vergabekammern geführten Nachprüfungsverfahren weist seit über zehn Jahren stabil Eingangszahlen von unter 1.000 Verfahren pro Jahr aus. Aus Sicht der für den Rechtsschutz verantwortlichen Institutionen kann daher nicht angenommen werden, Vergabe wäre generell fehleranfälliger geworden.
Der berechtigte Wunsch nach Standardisierung hat teilweise zu einem regelrechten „Formularwahn“ geführt.
Es gibt aber sicher Verschiebungen: Während früher manche Verfahren zum Beispiel daran litten, dass nicht vergleichbare Unterlagen vorlagen und dann bei deren Prüfung und Beurteilung Fehler passierten, wird die Vergleichbarkeit heute häufig durch Standardisierung „erzwungen“. Der berechtigte Wunsch nach Standardisierung hat dadurch teilweise aber zu einem regelrechten „Formularwahn“ geführt, der für sich genommen fehleranfällig ist.
Ein anderes Beispiel sind frühere Streitigkeiten über den (rechtzeitigen) Zugang bestimmter Unterlagen oder Schreiben. Heute haben wir insoweit durch die elektronische Verfahrensführung deutlich einfachere Möglichkeiten der Nachweisführung. Zugleich birgt die E-Vergabe aber auch das Risiko, sich zu sehr auf die Technik zu verlassen und dabei aus dem Blick zu lassen, dass es mitunter eben doch noch einer „menschlichen“ Würdigung eines Sachverhalts bedarf.
Was nehmen Sie in Ihrer Praxis als die häufigsten Fehlerquellen in der öffentlichen Auftragsvergabe wahr?
Häufiger und dramatischer in ihren Auswirkungen sind echte „Konstruktionsmängel“.
Häufig entsteht Streit über die konkrete Eignungs- oder Angebotsprüfung und –wertung. Natürlich gibt es dabei auch immer wieder individuelle Fehlerquellen. In meiner Wahrnehmung einerseits häufiger und andererseits auch viel dramatischer in ihren Auswirkungen sind allerdings echte „Konstruktionsmängel“. Dies sind die leider recht verbreiteten Fälle, in denen schon die eigentliche Verfahrensgestaltung nicht gut durchdacht ist.
Es werden zum Beispiel Anforderungen aufgestellt oder Nachweise verlangt, ohne dass geklärt ist, warum diese überhaupt benötigt werden. Oder es wird eine Konzeptvergabe mit einem ausgeklügelten Wertungssystem vorgegeben, ohne dass der Auftraggeber sich vorher darüber Gedanken macht, ob er in der Lage ist, eine derartig komplexe Wertung selbst rechtskonform durchzuführen.
Video: Johannes Kassenberg
Worauf können sich die Zuhörer Ihres Vortrags freuen?
Am besten ist es doch immer, Fehler nicht selbst machen zu müssen, sondern aus den Fehlern anderer lernen zu können. Ich will die Teilnehmenden daher gerne mitnehmen zu einem „Best of“ der bei uns in der Vergabekammer in den letzten Jahren aufgelaufenen Vergabefehler und möglichen Lösungen.
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