Ab dem 25. Oktober 2023 werden die sogenannten eForms bei EU-weiten Vergaben zur Pflicht. Was eForms sind und was ihre Einführung für die Bekanntmachung von Vergaben und Aufträgen in der Praxis bedeutet, erläutern wir in diesen FAQ.

I. Was sind eForms?

eForms sind der neue offene Standard der EU für Daten, die zur Veröffentlichung von Bekanntmachungen über beabsichtigte und durchgeführte Beschaffungen öffentlicher Auftraggeber auf Tenders Electronic Daily (TED) des Amts für Veröffentlichungen der EU seit dem 25. Oktober 2023 verwendet werden müssen.

Mit eForms verabschiedet sich die EU endgültig von einer formularbasierten Darstellung der zu veröffentlichenden Daten und stellt auf eine rein technische Beschreibung der zu übermittelnden Informationen im Rahmen EU-weiter Bekanntmachungen ab.

Die Europäische Union beschreibt eForms als „das Herzstück der digitalen Transformation der öffentlichen Auftragsvergabe in der EU“. Durch die Verwendung eines gemeinsamen Standards und einer gemeinsamen Terminologie könnten sie die Qualität und Analyse von Daten erheblich verbessern und von entscheidender Bedeutung sein für die digitale Transformation des öffentlichen Beschaffungswesens und das bessere Funktionieren der öffentlichen Beschaffungssysteme.

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II. Auf welcher Rechtsgrundlage wurden eForms eingeführt?

Rechtsgrundlage für diese eForms ist die Durchführungsverordnung (EU) 2019/1780 der Kommission vom 23. September 2019.

Sie ersetzt die Durchführungsverordnung (EU) 2015/1986, durch welche die Standardformulare im TED-Meldesystem des Amts für Veröffentlichungen der EU zur Referenz für Bekanntmachungen in Vergabeverfahren oberhalb der EU-Schwellenwerte festgelegt wurden.

Mit der Verordnung zur Anpassung des Vergaberechts an die Einführung neuer elektronischer Standardformulare („eForms“), die von Bundestag und Bundesrat gebilligt und am 23. August im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde, wurden auch die deutschen Vergaberechtsregelungen an die Durchführungsverordnung (EU) 2019/1780 angepasst.

Synopse zum kostenfreien Download (Update vom 24. August)

Eine synoptische Darstellung von VgV, SektVO, VSVgV und KonzVgV vor und nach Beschluss der Verordnung können Sie hier herunterladen (PDF, 46 Seiten).

Mit dem neuen § 10a VgV wird eine Regelung eingeführt, welche die Grundregeln zur Erstellung und Übermittlung von Bekanntmachungen nach den Vorgaben der Verordnung zentral bei den Regeln über die Kommunikation im Vergabeverfahren als „Anforderungen bei der Erstellung und Übermittlung von Bekanntmachungen; Datenaustauschstandard eForms“ verortet. Auf diese Grundregelung wird in den übrigen Vergabeverordnungen verwiesen.

Ferner legt die Verordnung fest, dass künftig alle öffentlichen Bekanntmachungen im Oberschwellenbereich im neuen eForms-DE Standard (siehe Abschnitt Wie verläuft die Umsetzung von eForms in Deutschland?) über den Datenservice Öffentlicher Einkauf an das Amtsblatt der EU (TED) übermittelt werden müssen.

III. Wann wurden eForms pflichtig?

Seit dem 25. Oktober 2023 ist die Verwendung von eForms obligatorisch und das Amt für Veröffentlichungen akzeptiert nur noch eForms-Bekanntmachungen.

Zwar wäre die Nutzung von EU-eForms europarechtlich durch öffentliche Auftraggeber fakultativ möglich. Aufgrund der statischen Verweise auf die alte Durchführungsverordnung (EU) 2015/1986 in VgV et. al. ist dies in Deutschland nicht zulässig.

Von der Möglichkeit einer Übergangsphase wurde in Deutschland also kein Gebrauch gemacht gemacht. Vielmehr sieht § 83 VgV (neu) eine stichtagsbezogene Umsetzung vor. Denn der neue § 10a galt frühestens mit Ablauf des 24. Oktober 2023. Der Paragraf im Wortlaut:

§ 83 Anwendungsbestimmungen aus Anlass der Einführung von eForms

(1) Bis zum Ablauf des sich nach Absatz 2 ergebenden Tages sind

  1. § 10a Absatz 1, 2 Satz 1 und Absatz 3 bis 6 nicht anzuwenden und
  2. die §§ 23, 37, 38, 39, 40, 66 und 70 in ihrer am … [einsetzen: Tag der Verkündung dieser Änderungsverordnung] geltenden Fassung weiter anzuwenden.

(2) Maßgeblicher Tag im Sinne des Absatzes 1 ist der Tag, an dem

  1. das Bundesministerium des Innern und für Heimat im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz den Datenaustauschstandard eForms entsprechend § 10a Absatz 2 Satz 2 festgelegt und im Bundesanzeiger bekanntgemacht hat und
  2. das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern und für Heimat festgestellt und im Bundesanzeiger bekanntgemacht hat, dass

a) die Voraussetzungen für die elektronische Erstellung von Bekanntmachungen nach der Durchführungsverordnung (EU) 2019/1780 entsprechend § 10a Absatz 1 Satz 1 vorliegen und

b) die Voraussetzungen für die elektronische Übermittlung von Bekanntmachungen über den Datenservice Öffentlicher Einkauf entsprechend § 10a Absatz 5 Satz 1 vorliegen,

frühestens jedoch der 24. Oktober 2023.

IV. Welcher Zweck wird mit eForms verfolgt?

Wie die EU-Kommission im eForms Policy Implementation Handbook schreibt, sollen eForms:

  • Wirtschaftsteilnehmern die Möglichkeit geben, relevante Bekanntmachungen zu finden,
  • den Verwaltungsaufwand für Käufer verringern,
  • die Fähigkeit der Regierungen verbessern, datengestützte Entscheidungen über öffentliche Ausgaben zu treffen und
  • die Transparenz gegenüber den Bürgern erhöhen.

Vereinfacht ausgedrückt sollen also über die Bekanntmachungen nicht nur mehr Daten, sondern diese zudem in besseren „Qualitäten“ im Hinblick auf eine strukturierte Weiterverarbeitung erhoben werden.

V. Wie verläuft die Umsetzung von eForms in Deutschland?

Die EU betont, dass die eForms-Durchführungsverordnung kein Gesetz „von der Stange“ darstellt. Vielmehr seien die Entscheidungsträger im öffentlichen Beschaffungswesen angehalten, gemeinsam mit Interessenvertretern den nationalen Ansatz für die verschiedenen Aspekte von eForms festzulegen. eForms können vor ihrer Verwendung also auf den einzelstaatlichen Bedarf zugeschnitten werden. Anschließend werden eForms in nationale eProcurement-Systeme implementiert.

In Deutschland wird dieses nationale Tailoring seit Herbst 2019 im Auftrag des IT-Planungsrates von einer Bund-Länder-Kooperation aktuell bestehend aus Vertretern des Bundes, der freien Hansestadt Bremen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz vollzogen. Eingebunden sind als zentrale Akteure die Föderale IT-Kooperation (FITKO) und die Koordinierungsstelle für IT-Standards (KoSIT).

Im Rahmen des nationalen Tailorings werden bestimmte Datenfelder trotz ihrer freiwilligen Natur auf EU-Ebene in Deutschland verpflichtend umgesetzt. Dies gilt für Angaben von besonderer Bedeutung für die Datenerhebung und das Monitoring in diesen Bereichen und soll dieses vereinfachen.

Der Anpassungsprozess erfordert Entscheidungen zu Fragen wie

  • „Sollen eFormulare unterhalb der Schwellenwerte verwendet werden?“
  • „Sollen Bekanntmachungen für Verträge auf der Grundlage von Rahmenvereinbarungen veröffentlicht werden?“
  • „Gibt es Arten von Bekanntmachungen, die wir nicht brauchen?“
  • „Welche optionalen Felder sollen obligatorisch werden?“
  • „Welche optionalen Felder sollen überhaupt nicht verwendet werden?“
  • „Werden die Nutzer zwischen den IT-Lösungen wählen können, die zum Ausfüllen der eFormulare verwendet werden?“
  • „Brauchen wir eine nationale Plattform für die Veröffentlichung von Bekanntmachungen oder ist TED ausreichend?“

Die letzte Frage ist mit dem Nationalen Bekanntmachungsservice bereits beantwortet: Mit ihm sollen überdies auch optionale Felder und insbesondere solche zu strategischen Vergabekriterien obligatorisch werden. Den Bekanntmachungsservice (BKMS) haben wir in einem weiteren Beitrag erläutert.

Einzelheiten werden gemäß der Verordnung in einer Fachdatenstandard-Komponente „eForms-DE“ festgelegt, die durch die Koordinierungsstelle für IT-Standards (KoSIT) im Rahmen der Standardfamilie XStandards Einkauf entwickelt wird.

Die Entwicklung von eForms-DE wie auch der europäischen Spezifikationen wird auch nach dem 25. Oktober 2023 fortgesetzt. Darüber und über die sich dabei ergebenden Herausforderungen haben wir in unserem Beitrag eForms bleiben Daueraufgabe berichtet. Überdies ist die Einführung von eForms in der Unterschwelle geplant. Den Stand des Projektes geben Annette Schmidt und Peter Büsing in diesem Interview wieder.

VI. Datenservice Öffentlicher Einkauf

Bekanntmachungen werden zentral über den Datenservice Öffentlicher Einkauf über ein Vermittlungssystem und einen eSender-Hub als nationalen eSender an das Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union übermittelt und im Bekanntmachungsservice (BKMS) zur Verfügung gestellt.

Hierdurch soll laut der Verordnung eine „wichtige technische Übersetzungsfunktion nationaler Spezifika auf europäische Belange“ erfüllt werden.

Der Datenservice Öffentlicher Einkauf wird zentral vom Beschaffungsamt des BMI betrieben. Etablierte Vergabeportale können weiter genutzt werden und wurden nicht durch den Datenservice Öffentlicher Einkauf ersetzt.

Teil des Datenservice Öffentlicher Einkauf ist der Nationale Bekanntmachungsservice, der zusätzliche Suchoptionen für an öffentlichen Aufträgen und Konzessionen interessierte Unternehmen bieten soll, um den Zugang von Wirtschaftsteilnehmern (insbesondere von KMU und Start-ups) zu öffentlichen Aufträgen, aber auch die Integration der Daten in digitale Mehrwertdienste zu ermöglichen beziehungsweise zu erleichtern.

VII. Was heißt das konkret für Vergabestellen?

Für Vergabestellen wird dies bedeuten, dass der Umfang der Daten und insbesondere die in der Bekanntmachung pflichtig anzugebenden Informationen zunehmen werden. Konkrete Empfehlungen bündeln wir in einem separaten Blogpost. Nutzer unserer Lösungen erhalten Hinweise im cosinex Service- und Supportcenter.

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VIII. Weiterentwicklung unserer Lösungen: Was bedeutet das für Kunden und Nutzer von cosinex VMP und VMS?

eForms führten zu den wohl umfassendsten Anpassungen bei EU-weiten Vergabeverfahren seit Inkrafttreten der Oberschwellenreform im Jahr 2016 – mit entsprechenden tiefgreifenden und umfassenden Änderungen. Unsere Lösungen haben eForms fristgerecht zum 25. Oktober unterstützt: der Vergabemarktplatz seit der Version 9.0, das Vergabemanagementsystem mit der Version 11.

IX. Was tun Vergabestellen, die kein elektronisches Vergabesystem nutzen?

Für Vergabestellen, die kein elektronisches Vergabesystem nutzen, wurde bei dem Datenservice Öffentlicher Einkauf ein Redaktionssystem bereitgestellt. Mit diesem können seit dem 25. Oktober Bekanntmachungen zu europaweiten Vergabeverfahren erfasst, bearbeitet, korrigiert und an das Amt für Veröffentlichungen der EU (TED) versendet werden. Zudem ist das Zurückziehen eines Verfahrens möglich.

Für die Nutzung des Redaktionssystem ist eine je nach Nutzergruppe differenzierte Registrierung erforderlich, über die das Beschaffungsamt des BMI auf dieser Seite informiert.

X. Weitere Informationen

Titelbild: Gerd Altmann – Pixabay