Im Interview mit dem Podcast „Lage der Nation“ sprach sich die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags, Dr. Eva Högl, für einen Mentalitätswechsel bei der Bundeswehr aus. Dieser müsse auch die Beschaffung umfassen. „Wenn wir diesen Mentalitätswechsel nicht hinkriegen, wenn die hundert Milliarden so ausgegeben werden wie bisher, werden wir ein Problem haben“, so Högl.
Die oder der Wehrbeauftragte wird nach Artikel 45b des Grundgesetzes als Hilfsorgan des Bundestages bei der Ausübung der parlamentarischen Kontrolle der Streitkräfte berufen. Sie oder er wacht über die Wahrung der Grundrechte der Soldatinnen und Soldaten sowie über die Einhaltung der Grundsätze der Inneren Führung.
Seit Mai 2020 wird die Funktion von Dr. Eva Högl ausgeübt. Högl war zuvor Mitglied des Bundestags in der SPD-Fraktion und hat ihr Mandat mit Übernahme der Beauftragung niedergelegt. Der Politik-Podcast „Lage der Nation“ hat in seiner Episode 299 (Titel: „Ist die Bundeswehr eine Schrott-Armee?“) ein Interview mit Högl geführt. Darin finden sich einige interessante Aussagen zur öffentlichen Beschaffung (Minuten 26 bis 32), die wir hier zusammenfassen.
Vergaberecht übertrieben umgesetzt
Bezogen auf die Kritik, wonach Deutschland weniger Verteidigungsbereitschaft als Frankreich und Großbritannien bei vergleichbaren Budgets vorhalte, kritisierte Högl Prozesse und Verfahren in Deutschland: „Wir haben zum Beispiel das europäische Vergaberecht wirklich übertrieben umgesetzt, ohne die Spielräume, die es im militärischen Bereich gibt, auch auszunutzen“.
„Kleine Oasen“ in der Bundeswehr
Woran es insbesondere in der Bundeswehr mangele, seien Fehlerkultur, Entscheidungsfreude, Mut, und Verantwortungsbewusstsein. Anstatt stets zu sagen, „warum irgendwas nicht geht oder irgendein Gericht irgendwas vielleicht kippen könnte“ sollten Entscheidungsträger verstärkt Verantwortung wahrnehmen und mit Mut zum Risiko entscheiden. Als „kleine Oasen in der Bundeswehr“, in denen sie jene Mentalität bereits vorgefunden habe, nannte Högl den Cyber Innovation Hub sowie die Cyberagentur.
Korruptionsbekämpfung obliege dem Parlament
Mit Blick auf die Verfahrensbeschleunigungen, die das BwBBG- E eröffnen soll, kommen die Moderatoren Philip Banse und Ulf Buermeyer auch auf die Thematik der Korruptionsbekämpfung und die höheren Risiken, die hier mit einer Direktbeschaffung bestehen können, zu sprechen.
Hier komme es umso mehr auf Transparenz und parlamentarische Kontrolle an, erklärt die Wehrbeauftragte. Wichtig sei, dass „die Abgeordneten im Verteidigungsausschuss und im Haushaltsausschuss, aber auch alle anderen auch in ihren Wahlkreisen, sorgfältig darauf achten, dass das Geld gut ausgegeben wird“.
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Titelbild: Holger Weinandt – Wikipedia