Das Europäische Parlament hat im Juni das Instrument zum internationalen Beschaffungswesen (International Procurement Instrument, IPI) per Verordnung novelliert, um der EU mehr Möglichkeiten bei der Öffnung von Drittstaaten für öffentliche Aufträge einzuräumen.

I. Diskriminierende Märkte für öffentliche Aufträge

Mit dem angepassten IPI will die EU das Problem angehen, wonach Drittländer auf ihren eigenen Märkten für öffentliche Aufträge restriktive Praktiken anwenden. Infolgedessen stünden Wirtschaftsteilnehmer aus der Union in diesen Staaten restriktiven öffentlichen Vergabepraktiken gegenüber, die zu einem Verlust erheblicher Handelsmöglichkeiten führten.

Mit der Verordnung (EU) 2022/1031, die das Europäische Parlament am 23. Juni beschlossen hat, wird die EU-Kommission nun in die Lage versetzt, im Falle solcher Beschränkungen für EU-Unternehmen auf Märkten für öffentliche Aufträge in Drittländern

  1. Untersuchungen in die Wege zu leiten,
  2. Konsultationen mit dem betreffenden Land über die Öffnung seines Marktes für öffentliche Aufträge aufzunehmen und schließlich
  3. den Zugang ausländischer Unternehmen zum Markt für öffentliche Aufträge in der EU zu beschränken, wenn diese Unternehmen ihren Sitz in einem Land haben, das EU-Unternehmen weiterhin Beschränkungen auferlegt.

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II. Was IPI-Maßnahmen umfassen

Eine Zugangsbeschränkung nach Punkt 3 erfolgt dabei durch die Kommission in Form einer Bewertungsanpassung oder eines Ausschlusses von Angeboten. Das betreffende Vergabeverfahren würde damit einer IPI-Maßnahme unterliegen. In der Konsequenz würde für Angebote aus dem betreffenden Land im Vergleich zu anderen Angeboten ein höherer Preis veranschlagt als der tatsächlich vorgeschlagene.

1. Schwellenwerte

Derartige IPI-Maßnahmen sollten dabei nicht für Aufträge gelten, die einen bestimmten Schwellenwert unterschreiten, damit der Verwaltungsaufwand für öffentliche Auftraggeber insgesamt begrenzt wird.

Dieser Schwellenwert wird von der Kommission unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Untersuchung und Konsultationen festgelegt. Er soll gemäß Verordnung bei Bauleistungen und Konzessionen mindestens 15.000.000 € ohne Mehrwertsteuer und bei Waren und Dienstleistungen mindestens 5.000.000 € ohne Mehrwertsteuer betragen.

2. Rahmenvereinbarungen

Um eine mögliche doppelte Anwendung von IPI-Maßnahmen zu vermeiden, sollten solche Maßnahmen zudem nicht für Aufträge gelten, die auf der Grundlage einer Rahmenvereinbarung vergeben werden, wenn bei deren Abschluss bereits IPI-Maßnahmen angewandt wurden.

3. Leitlinien

Die Kommission sollte laut Verordnungstext Leitlinien herausgeben, um die Anwendung dieser Verordnung durch öffentliche Auftraggeber, Auftraggeber und Wirtschaftsteilnehmer zu erleichtern. Die Leitlinien sollten innerhalb von sechs Monaten ab Inkrafttreten der Verordnung veröffentlicht werden.

4. Wirksamwerden

Die Verordnung (EU) 2022/1031 wurde am 30. Juni im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht, und wurde am 29. August 2022 wirksam, dem sechzigsten Tag nach Veröffentlichung.

5. GPA und weitere Ausnahmen

Die beschriebenen Maßnahmen dürfen nur für Wirtschaftsteilnehmer erlassen werden, die nicht Vertragspartei des mit der Union abgeschlossenen plurilateralen WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA) oder mit der Union abgeschlossener bilateraler oder multilateraler Handelsabkommen die Verpflichtungen hinsichtlich des Marktzugangs im Bereich der Vergabe von öffentlichen Aufträgen oder Konzessionen enthalten sind.

III. Hintergrund zum IPI

Das IPI wurde 2012 von der Kommission erstmals vorgeschlagen und 2016 geändert. Der Rat hat seinen Standpunkt zu dem Vorschlag für ein Instrument betreffend das internationale Beschaffungswesen im Juni 2021 festgelegt.

Im März 2022 hatten die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und der Rat im Trilog mit Blick auf die jüngste Novellierung eine Einigung erzielt, die das Parlament nunmehr verabschiedet hat.

IV. Weiterführende Links

Titelbild: artJazz – iStockphoto.com