Die Textform wird in den verschiedenen Vergaberegimen an unterschiedlichen Stellen vorgeschrieben.

Die Wechselwirkungen zwischen einer Präqualifizierung und etwaigen weiteren Referenzen hat die Vergabekammer des Bundes in den Blick genommen. Norbert Dippel nimmt den Beschluss unter die Lupe.

Der Autor

Norbert Dippel ist Syndikus der cosinex sowie Rechtsanwalt für Vergaberecht und öffentliches Wirtschaftsrecht. Der Autor und Mitherausgeber diverser vergaberechtlicher Kommentare und Publikationen war viele Jahre als Leiter Recht und Vergabe sowie Prokurist eines Bundesunternehmens tätig.

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Im Rahmen der Eignungsprüfung kommt den geforderten Referenzen oftmals eine  entscheidende Bedeutung zu. Denn letztlich lässt ein erfolgreich abgearbeiteter vergleichbarer Auftrag vermuten, dass dieser Bieter auch den anstehenden Auftrag zur Zufriedenheit des Auftraggebers erfüllen wird.

Bei präqualifizierten Unternehmen besteht die Besonderheit, dass diese zur Erlangung der Präqualifikation schon Referenzen hinterlegt haben. Welche Folgen es hat, wenn auftragsspezifische Referenzen nicht explizit auch von den präqualifizierten Unternehmen abgefragt werden, hat die Vergabekammer des Bundes in einem jüngeren Beschluss (vom 06.04.2022, VK 2 – 26 / 22) herausgearbeitet.

I. Der Sachverhalt

Die Vergabestelle schrieb einen Auftrag im Bereich des Straßenbaus europaweit aus.

Gemäß der bekannt gemachten Eignungskriterien musste eine „Eigenerklärung Eignung“ abgegeben werden. Darin war unter anderem die Vorlage von drei vergleichbaren Referenzen gefordert. In den Teilnahmebedingungen wurde hierzu ausgeführt:

„Präqualifizierte Unternehmen führen den Nachweis der Eignung für die zu vergebende Leistung durch den Eintrag in die Liste des Vereins für die Präqualifikation von Bauunternehmen e.V. (Präqualifikationsverzeichnis) und ggf. ergänzt durch geforderte auftragsspezifische Einzelnachweise. […]“

Nicht präqualifizierte Unternehmen sollten als vorläufigen Nachweis der Eignung für die zu vergebende Leistung mit dem Angebot entweder die ausgefüllte „Eigenerklärung zur Eignung“ oder eine Einheitliche Europäische Eigenerklärung (EEE), ggf. ergänzt durch die geforderten auftragsspezifischen Einzelnachweise vorlegen.

Die Vergabestelle hat im Rahmen des Vergabeverfahrens das „Handbuch für die Vergabe und Ausführung von Bauleistungen im Straßen- und Brückenbau; HVA B-StB“ eingesetzt. Darin wird für präqualifizierte Unternehmen mit Blick auf die auftragsspezifische Eignung unter anderem eine Prüfung vorgeschrieben, ob die im Rahmen der Präqualifizierung hinterlegten Referenzen nach Art und Umfang mit der ausgeschriebenen Bauleistung vergleichbar sind.

Ein präqualifizierter Bieter hat in seinem Angebot keine weiteren Referenzen angegeben, da er sich aufgrund seiner vorliegenden Präqualifikation dazu nicht verpflichtet sah. Daraufhin wurde er von der Vergabestelle vom weiteren Verfahren ausgeschlossen. Hiergegen wendet er sich nunmehr mit einem Nachprüfungsantrag.

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II. Die Entscheidung

1. Die Auftragsbekanntmachung ist entscheidend

Die Vergabekammer hält den zulässigen Nachprüfungsantrag für begründet.

Dass auch präqualifizierte Unternehmen gegebenenfalls Referenzen vorzulegen hätten, sei in der Auftragsbekanntmachung nicht transparent gefordert gewesen. Damit sei die Eignung der Antragstellerin auf der Basis der seitens der Vergabestelle gesetzten Vorgaben zu bejahen.

Für die Frage, welche Eignungsanforderungen ein Bieter im Vergabeverfahren zu erfüllen habe, komme es ausschließlich auf die Auftragsbekanntmachung nebst den direkt verlinkten Eignungsvorgaben an (s. § 122 Abs. 4 S. 2 GWB). In der Auftragsbekanntmachung sei unter III.1.3 mittels eines Direktlinks auf das Formular „Eigenerklärung Eignung“ verwiesen.

Es treffe zwar zu, dass in dem Formular „Eigenerklärung Eignung“ unter Punkt I.4 die „Vorlage geeigneter Referenzen“ gefordert würden. Allerdings enthalte das Formular eine Einschränkung dahingehend, dass Angaben nur dann vorzunehmen seien, soweit das Unternehmen nicht PQ-qualifiziert sei. Da die Antragstellerin präqualifiziert sei, habe sie keine Referenzen vorgelegt und sich damit so verhalten, wie das Formblatt es vorsehe.

Die Verneinung der Eignung eines Bieters könne indes nicht auf die vermeintliche Nichterfüllung einer Vorgabe gestützt werden, die der Auftraggeber für den betreffenden Bieter als nicht einschlägig und damit für ihn gar nicht aufgestellt habe. Richtigerweise hätte die Vergabestelle hier pauschal für alle Bieter vorgeben müssen, dass drei nach Art und Umfang vergleichbare Referenzen nachzuweisen seien. Damit hätte es in der Risikosphäre des Bieters gelegen, ob ein schlichter Verweis auf die Präqualifikation mit den dort hinterlegten Referenzen ausreichend gewesen wäre.

Von Praktikern, für Praktiker: Die cosinex Akademie

2. Das Vergabehandbuch

In dem verwendeten Vergabehandbuch sei zwar ausdrücklich angesprochen, dass die über eine Präqualifikation einbezogenen Referenzen auch hinsichtlich ihrer Vergleichbarkeit mit dem zu vergebenden Auftrag zu prüfen seien. Maßstab für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Verneinung der Eignung sei aber nicht das Vergabehandbuch, das lediglich einen internen Leitfaden für den öffentlichen Auftraggeber darstelle. Entscheidend seien die bekannt gemachten Eignungsanforderungen.

An diesem Ergebnis ändere auch der Hinweis der Vergabestelle nichts, dass damit ein nicht sinnvolles Ergebnis erzielt würde. Die Vergabestelle wies darauf hin, dass bei dieser Auslegung die nicht präqualifizierten Bieter strengeren Eignungsanforderungen unterlägen als die präqualifizierten Bieter. Denn erstere müssten drei vergleichbare Referenzen vorweisen.

Demgegenüber würden bei den qualifizierten Bietern auch nicht vergleichbare Referenzen aus der Präqualifikation ausreichen. Nach Ansicht der Vergabekammer habe die Vergabestelle die Ursache hierfür selbst gesetzt, indem sie die zusätzlichen Referenzen nicht explizit auch von präqualifizierten Unternehmen gefordert habe.

Im Ergebnis musste der Bieter keine drei vergleichbaren Referenzen benennen, die Eignung durfte ihm nicht aufgrund des angeblichen Fehlens vergleichbarer Referenzen abgesprochen werden.

III. Praktische Hinweise

Ist den Vergabeunterlagen nicht hinreichend deutlich zu entnehmen, dass auch präqualifizierte Unternehmen Referenzen vorlegen müssen, kann bei solchen Unternehmen der Ausschluss nicht auf fehlende Referenzen gestützt werden.

Will der Auftraggeber wegen der von ihm selbst verursachten unterbliebenen Anforderung von Referenzen verhindern, dass möglicherweise ungeeignete Unternehmen beauftragt werden, kann er das Vergabeverfahren gänzlich zurückversetzen und eine neue Auftragsbekanntmachung mit geänderten Vorgaben veröffentlichen.

Titelbild: BCFC – shutterstock.com