Die Ampelkoalition im rheinland-pfälzischen Landtag plant Entlastungen im Bereich des öffentlichen Auftragswesens zur Beseitigung der Schäden, die durch die Flutkatastrophe im Juli 2021 hervorgerufen wurden. Das stößt auf Kritik des Landesrechnungshofs.

Verzicht auf Teil- und Fachlose

Der Gesetzentwurf zur Änderung des Mittelstandsförderungsgesetzes wurde Mitte Februar 2022 von der Koalition aus SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP in den rheinland-pfälzischen Landtag eingebracht.

Er sieht vor, dass auf eine Aufteilung nach Teil- und Fachlosen bei Auftragsvergaben unterhalb der nach § 106 Abs. 2 GWB festgelegten Schwellenwerte verzichtet werden könne, wenn die Landesregierung durch Beschluss feststellt, dass eine besondere Ausnahmesituation vorliegt. Der Verzicht sei örtlich und zeitlich zu begrenzen.

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Weniger „Rechtsrisiken“, mehr Ausgaben

So könnten „der mit der Losvergabe einhergehende administrative Aufwand und die dadurch bestehenden Rechtsrisiken in der Vergabepraxis [..] auf ein Minimum reduziert werden“, wie der Gesetzgeber in dem Gesetzentwurf in Aussicht stellt.

Mehrausgaben seien mit der zusammengefassten Vergabe von Losen oder Gewerken bis hin zur Beauftragung eines Generalunternehmens im Vergleich zur Losvergabe zwar verbunden, ließen sich aber nicht beziffern.

Landesrechnungshof übt Kritik – und schlägt Alternativen vor

Der Rechnungshof des Landes Rheinland-Pfalz stellt in seiner Stellungnahme die Eignung des von der Ampel-Koalition beschrittenen Weges grundsätzlich infrage.

Zu weitgehende Ermächtigung

So kritisiert Jörg Berres, der Präsident des Landesrechnungshofs, die Ermächtigung der Landesregierung zur Feststellung einer besonderen Ausnahmesituation einschließlich deren räumlicher und zeitlicher Geltung. Eine „Ausnahmesituation“ definiere der Gesetzentwurf selbst nicht, was aus Sicht des Landesrechnungshofs Bedenken hinsichtlich der erforderlichen Bestimmtheit einer solchen Ermächtigung aufwirft.

Geringe Resonanz der Unternehmen zu erwarten

Zudem sei zu befürchten, dass die Vergaben unterhalb der europäischen Schwellenwerte bei den am Markt etablierten Generalunternehmern aufgrund der vergleichsweise geringen Auftragswerte nur eine verhaltene Resonanz erzeugen würden.

Kommunen bleiben Bauherren – mit allen Risiken

Vor allem aber könnten sich die Kommunen auch durch die Beauftragung eines Generalunternehmers nicht ihrer originären Bauherrenaufgaben entledigen:

Beim Bauherrn verbleibt die Projektverantwortung, das heißt er muss seinen Bedarf im Vorfeld exakt definieren, daraus das Projekt entwickeln und planen, das der Generalunternehmer für ihn und nach seinen Vorgaben umsetzen soll.

Das fachliche Know-how dürfe folglich nicht dem Generalunternehmer überlassen werden. Auch könnten auf diesem Weg weder Risiken wesentlich verringert, noch die Kostensicherheit verbessert werden.

Die Alternativen: PD GmbH, Personalpool des Landes

Der Landesrechnungshof regt an, den Wortlaut des Gesetzes konkreter zu fassen, sodass die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Ausnahme im Gesetz präzise festgeschrieben sind. Auch sollte das Gesetz befristet sein.

Um darüber hinaus dem Fachkräftemangel seitens der Kommunen zu begegnen, verweist Der Rechnungshof auf etablierte Formen der interkommunalen Zusammenarbeit im Bereich öffentlicher Auftraggeber …

… wie sie z. B. vom Bund initiiert seit einigen Jahren durch die PD GmbH erfolgt. Das Land Rheinland-Pfalz ist Gesellschafter der PD und kann die Gesellschaft daher im Wege einer lnhouse-Vergabe ohne Vergabeverfahren beauftragen. Die PD erbringt u. a. Planungs- und Projektmanagementleistungen für ihre Gesellschafter. Wenn nicht die PD selbst, so wären vielleicht ähnliche Konstellationen auf Landesebene oder überregional möglich.

Überdies schlägt der Rechnungshof vor, Kapazitäten aus dem Pool der für die Bearbeitung der Fluthilfe-Anträge geschaffenen 130 Stellen aufseiten des Landes zu nutzen.

Über den weiteren Verlauf des parlamentarischen Verfahrens werden wir an dieser Stelle informieren.

Weitere Informationen

Titelbild: Landtag RLP / T. Silz