Innovative Vertragsmodelle sind Gegenstand des Vortrags von Prof. Dr. Michael Eßig auf dem Vergabe-Symposium, das am 24. und 25. Mai 2022 in Bochum stattfindet. Im Interview mit dem cosinex Blog gibt er einen Ausblick.

Prof. Eßig ist Inhaber der Professur für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Beschaffung und Supply Management, an der Universität der Bundeswehr München und Mitglied im Beirat der cosinex GmbH. Mit seinem Vortrag eröffnet er den zweiten Veranstaltungstag des Vergabe-Symposiums. Sie möchten Prof. Eßigs Vortrag nicht verpassen? Melden Sie sich am besten gleich an – unter vergabesymposium.de.

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Herr Prof. Dr. Eßig, nach der innovativen Beschaffung und der Beschaffung von Innovation jetzt auch noch innovative Vertragsmodelle?

Innovationen in der öffentlichen Beschaffung sind häufig mit Digitalisierung verbunden und bei diesem Schlagwort sind manche fast schon übersättigt. Digital ist entweder mit elektronischer Vergabe oder mit der Beschaffung von IT-Produkten verbunden. Und beides haben wir schon seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten: Der Umgang mit PC und Internet ist fürwahr kein „Neuland“ mehr.

Innovative Vertragsmodelle adressieren daher neue Geschäftsbeziehungen mit Lieferanten, die erst durch die Digitalisierung möglich geworden sind. Denken wir etwa an den Einkauf von Musik oder Filmen im privaten Bereich. Wurden früher CDs oder Videokassetten gekauft, beziehen wir diese Leistungen heute als Dienstleistung gegen eine Gebühr von Streaminganbietern. Die Frage ist, ob wir ähnliche Entwicklungen auch in der professionellen Beschaffung der öffentlichen Hand haben oder haben werden – und die Antworten auf diese Frage wollen wir vorstellen und diskutieren.

Video: Johannes Kassenberg

Welchen Stellenwert hat Bedarfsmanagement heute? Sind seine Bedeutung und Komplexität in den vergangenen Jahren gestiegen?

Beschaffung ist mehr als Vergabe – sie beginnt bereits bei der Bedarfsfeststellung und beim Bedarfsmanagement. Die frühen Phasen des Beschaffungsprozesses sind entscheidend, denn mit der „richtigen“ Bedarfsdefinition wird festgelegt, wie wettbewerbsintensiv ein Vergabeverfahren sein wird. Definiert man Produkte technisch zu eng und detailliert, haben Anbieter mit neuen, alternativen Technologien keine Chance, sich zu bewerben.

Gute Leistungsbeschreibungen setzen voraus, dass der Bedarf so spezifiziert wird, dass die Leistung einerseits klar und eindeutig beschrieben und andererseits die Innovationskraft von Lieferanten vollumfänglich erschlossen werden kann.

Auf welche Hilfestellungen für die Fachbereiche können sich die Zuhörer Ihres Vortrags freuen? Verraten Sie uns ein Beispiel?

Innovative Vertragsmodelle klingen abstrakt, es geht aber um das genaue Gegenteil. Ich möchte Anregungen geben, über Bedarfe und ihre Kontrahierung „neu“ nachzudenken.

Ein Beispiel: Warum schreiben wir eine energetische Gebäudesanierung als Bauleistung, etwa Dämmung aus? Warum kontrahieren wir nicht die geplante Energieverbrauchs- bzw. Energiekostensenkung und knüpfen die Vergütung an die Erreichung dieses Ziels? Die Technologie, mit der dieses Ziel am besten erreicht wird, überlassen wir den Lieferanten und ihrem Wissensvorsprung. Das können eine neue Heizungsanlage, neue Fenster, Fassadendämmung und vieles mehr sein.

Fast alle Vergabestellen haben mit dem Problem zurückgehender Bieterzahlen zu kämpfen – und dieses Problem wollen wir diskutieren und Anregungen geben, wie dem begegnet werden kann. „Innovativ“ soll nicht Schlagwort bleiben, sondern Merkmal einer modernen, professionellen öffentlichen Beschaffung werden. Wie das geht, darüber werden wir auf dem Vergabe-Symposium sprechen.