Die nachhaltige Beschaffung dürfte in Zukunft an Bedeutung gewinnen, wie es die Beteiligung von Bündnis 90/Die Grünen an der Bundesregierung erwarten ließ. Deutlich macht dies die Eröffnungsbilanz Klimaschutz, die der Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck am Dienstag (11. Januar 2022) in Berlin vorstellte.
Bereits unsere Auswertung der Wahlprogramme zur Bundestagswahl im Hinblick auf das öffentliche Auftragswesen ließ eine noch stärkere Bedeutung der nachhaltigen Beschaffung im Fall einer Regierungsbeteiligung der Grünen erwarten. Der Koalitionsvertrag schien zunächst eine deutlich liberale Handschrift zu tragen. Spätestens mit der Eröffnungsbilanz Klimaschutz wird nun klar, dass auch Maßnahmen bezogen auf das öffentliche Auftragswesen wesentlicher Teil der Gesamtstrategie sind, zumal Habeck nun nicht nur für den Klimaschutz, sondern mit dem Wirtschaftsressort auch für das Vergaberecht zuständig ist.
Öffentliche Hand als Vorbild
In der Eröffnungsbilanz Klimaschutz wird ein drastischer Rückstand beim Klimaschutz konstatiert, den es aufzuholen gelte. Der öffentlichen Hand komme dabei eine Vorbildfunktion mit dem Ziel zu, grüne Leitmärkte zu schaffen. Diese sollen Unternehmen in die Lage versetzen, „green premiums“ gewinnbringend zu entwickeln und abzusetzen – unter anderem durch öffentliche Beschaffung.
Noch im September 2021 hatte die frühere Bundesregierung eine Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Beschaffung klimafreundlicher Leistungen (AVV Klima) beschlossen. Für die darin vorgesehene Prognose der verursachten Treibhausgasemissionen während des gesamten Lebenszyklus (CO2-Schattenpreis) soll ein Berechnungssystem entwickelt werden, wie die Ampelkoalition im Koalitionsvertrag verabredet hatte.
Erstes Klimaschutz-Paket schon im Frühjahr
Die öffentliche Hand soll bis spätestens 2030 klimaneutral organisiert werden. Bereits bis 2023 sollen zudem Pilotprojekte für die Beschaffung und für weitere Handlungsfelder auf den Weg gebracht werden. Alle dafür notwendigen Gesetze, Verordnungen und Maßnahmen sollen bis Ende 2022 abgeschlossen werden. Habeck: Ein erstes Klimaschutz-Paket kommt bis Ende April, ein zweites im Sommer.“
Green Procurement mit kleinkarierten Vorschriften – Vergabe-Symposium 2022
Green Procurement ist auch Thema auf dem Vergabe-Symposium am 24. und 25. Mai in Bochum: Dr. Ute Jasper, Partnerin Heuking Rechtsanwälte, referiert zu diesem Thema unter der Überschrift: Green Procurement – wie macht man gute Vergaben und Verträge aus großen Zielen und kleinkarierten Vorschriften? Mehr zu Programm, Anmeldung und weitere Informationen finden Sie hier.
Die Eröffnungsbilanz Klimaschutz
Die beschaffungsrelevanten Passagen der Eröffnungsbilanz Klimaschutz (PDF, 37 Seiten, 2,4 MB) im Wortlaut:
Die öffentliche Hand, darunter auch die Bundesverwaltung, hat gemäß Klimaschutzgesetz eine Vorbildfunktion zu erfüllen. Sie soll spätestens bis 2030 klimaneutral organisiert werden (inkl. Kompensationen) und bis 2045 Klimaneutralität materiell erreichen. Im Vorfeld des 2023 vorzulegenden Maßnahmenprogramms werden wir zur klimaneutralen Bundesverwaltung schnell wirksame Pilotprojekte in allen relevanten Handlungsfeldern (Liegenschaften, Mobilität, Beschaffung, Kantinenbetrieb und Veranstaltungen) auf den Weg bringen.
Wir werden ein System zur Berechnung von Umwelt- und Klimakosten aufbauen, um eine fundierte wissenschaftliche Basis für den CO2-Schattenpreis zu etablieren, den die Bundesverwaltung seit Anfang 2022 bei allen Beschaffungen anlegen muss.
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