Welche Möglichkeiten eröffnet das Vergaberecht, um in öffentlichen Einrichtungen wie Kindertagesstätten oder Schulen die Gemeinschaftsverpflegung nach dem Kriterium der Bio-Regionalität auszuschreiben? Mit dieser Frage haben sich nunmehr auch die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags auseinandergesetzt.
Die Ansprüche an die Ernährung in Kitas und Schulen sind aus guten Gründen hoch: Gesund soll sie sein, aber auch erschwinglich, ein ausgewogenes Ernährungsverhalten fördern und für regionale landwirtschaftliche Prozesse sensibilisieren. „Bio-Regionalität“ ist da nur ein weiterer Baustein.
Was heißt „bio-regional“?
In ihrer 15seitigen Ausarbeitung identizifieren die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags erste Schwierigkeiten schon bei der Begriffsklärung: Zwar sei das Attribut „Bio“ EU-einheitlich für ökologisch/biologisch produzierte Erzeugnisse nach der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 („EG-Öko-Verordnung“) definiert und geschützt, für den Begriff „Regionalität“ bzw. „regional“ existiere jedoch keine einheitliche Definition.
Zwar findet der Begriff auch in den sozialen und umweltbezogenen „strategischen Beschaffungszielen“ nach § 97 Abs. 3 GWB keinen Niederschlag, aber eine Annäherung sei am ehesten über die dort benannten Aspekte „umweltbezogen“ bzw. „Qualität“ möglich.
Umweltbezogene Aspekte
Unter Rückgriff auf § 31 VgV schlagen die wissenschaftlichen Dienste daher vor, den umweltbezogenen Aspekt der „Bio-Regionalität“ als nicht-materiellen Leistungsbestandteil unter Abs. 3 Satz 2 zu fassen – ähnlich der Lieferung „fair gehandelter Waren“:
(3) Die Merkmale können auch Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte betreffen. Sie können sich auch auf den Prozess oder die Methode zur Herstellung oder Erbringung der Leistung oder auf ein anderes Stadium im Lebenszyklus des Auftragsgegenstands einschließlich der Produktions- und Lieferkette beziehen, auch wenn derartige Faktoren keine materiellen Bestandteile der Leistung sind, sofern diese Merkmale in Verbindung mit dem Auftragsgegenstand stehen und zu dessen Wert und Beschaffungszielen verhältnismäßig sind.“ – Hervorhebungen wie im Original
Qualitätsaspekte
Als „jedenfalls nicht ausgeschlossen“ wird in der Ausarbeitung darüber hinaus die Möglichkeit angeführt, dass die Verwendung bio-regionaler Lebensmittel unter dem Aspekt der Qualität in die Leistungsbeschreibung aufgenommen werden könne. Dabei dürfe es allein um die materielle Qualität des Produktes gehen – „anders als bei umweltbezogenen Aspekten, die die Qualität eines Produktes möglicherweise ‚ideell‘ erhöhen“.
Beispielhaft verwiesen wird auf die Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE): Der aktuelle DGE-Qualitätsstandard erwähne für die Verpflegung in Kindertagesstätten als Kriterium sowohl den Einsatz ökologisch erzeugter als auch „einheimischer“ Lebensmittel.
Für jeden Einzelfall gesondert beurteilen
Die Wissenschaftlichen Dienste halten das Merkmal der Bio-Regionalität in der Leistungsbeschreibung im Ergebnis für „grundsätzlich möglich“, warnen jedoch auch davor, dass sich ein zu pauschales Abstellen auf die regionale Herkunft aufgrund des vergaberechtlichen Gleichbehandlungsgebotes als problematisch erweisen könne. Letztlich sei die Rechtskonformität von Leistungsbeschreibungen daher für jeden Einzelfall gesondert zu beurteilen.
Hintergrund
Die Wissenschaftlichen Dienste unterstützen die Abgeordneten des Deutschen Bundestags durch Analysen, Fachinformationen und gutachterliche Stellungnahmen. Sie erteilen keine Rechtsauskünfte im Einzelfall. Es wird darauf hingewiesen, dass die rechtlichen Aussagen der Ausarbeitung abstrakt sind und nicht pauschal auf die Gestaltung tatsächlicher Vergabeverfahren übertragen werden sollten.
» Die Ausarbeitung Bio-Regionalität“ in der Gemeinschaftsverpflegung Verankerung im Vergabeverfahren herunterladen (PDF 366 KB)
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Titelbild: Ashley Winkler – Unsplash