EU-Kommission

Die EU-Kommission plant, Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt zu verhindern. Dafür soll es per Verordnung möglich werden, Unternehmen von Öffentlichen Vergaben auszuschließen, die Subventionen aus Drittstaaten erhalten.

I. „Plage im internationalen Wettbewerb“

Insbesondere bei Öffentlichen Vergaben genießen Unternehmen, die Subventionen von Staaten außerhalb der EU (Drittstaaten) erhalten, auf dem Europäischen Binnenmarkt oft marktverzerrende Vorteile. Umgekehrt sieht dies – wie etwa im Fall Chinas – oft anders aus: Die Märkte sind für europäische Unternehmen abgeschottet, der Zugang eingeschränkt.

Diese „Plage im internationalen Wettbewerb“, wie der Kommissar für Handel Valdis Dombrovskis die Regelungslücke bezeichnete, will die EU-Kommission nun angehen.

Ein entsprechender Verordnungsentwurf (2021/0114/COD) sieht Maßnahmen vor, um derartige Marktverzerrungen zu verhindern und durch Drittstaaten subventionierte Unternehmen bei Öffentlichen Vergaben ab 250 Mio. EUR äußerstenfalls von der Zuschlagserteilung auszuschließen. Die Aufgreifschwelle ist hoch, scheint aber gerade mit Blick auf große Infrastrukturmaßnahmen, oder langlaufende Konzessionsverträge, etwa den Betrieb von Häfen, ein Schritt in die richtige Richtung.

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II. Die Regelungslücke

Während Subventionen der Mitgliedstaaten einer strengen Kontrolle unterliegen, erfolgt die Gewährung von Subventionen durch Nicht-EU-Staaten derzeit weitgehend unkontrolliert.

Weder die EU-Kartellvorschriften noch die EU-Fusionskontrollvorschriften berücksichtigen, ob ein Unternehmen von wettbewerbsverzerrenden drittstaatlichen Subventionen profitiert. Die Regelungen nach § 60 VgV ermöglichen zwar eine Prüfung seitens des öffentlichen Auftraggebers auf etwaige Gewährungen staatlicher Beihilfen. Eine effektive Kontrollmöglichkeit besteht aber wiederum nur im Hinblick auf im Binnenmarkt ansässige Unternehmen und nicht bezogen auf Drittstaaten.

Für Offenheit brauche es aber Fairness, wie die EU-Kommissarin für Wettbewerb Margrethe Vestager erklärte: „Gerade in diesen schwierigen Zeiten ist es wichtig, faire Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten, um die Erholung der EU-Wirtschaft zu unterstützen„, so Vestager weiter.

III. Was ist eine drittstaatliche Subvention?

Durch die Verordnung wird die Kommission in die Lage versetzt, Subventionen aus Drittstaaten nach einer vorherigen Anmeldung beziehungsweise Meldung seitens des jeweiligen Unternehmens zu prüfen.

Eine drittstaatliche Subvention ist dabei jede finanzielle Zuwendung, die

  • direkt oder indirekt von der Regierung eines Drittstaats gewährt wird,
  • einem Unternehmen mit wirtschaftlicher Tätigkeit in der EU zugute kommt
  • und „selektiv“, also auf eines oder mehrere Unternehmen bzw. einen Wirtschaftszweig oder mehrere Wirtschaftszweige beschränkt ist.

Beispielhaft werden zinslose Darlehen, unbegrenzte Garantien, Ausgleichsleistungen, steuerliche Vorzugsbehandlung, Steuergutschriften oder direkte Zuschüsse genannt.

IV. Wann liegt eine Verzerrung des Binnenmarktes vor?

Gleichwohl bleiben Subventionen durch Drittstaaten selbstverständlich erlaubt, etwa im Fall von Finanzierungen, die im Einklang mit dem OECD-Übereinkommen über öffentlich unterstützte Exportkredite stehen.

Liegt aber eine drittstaatliche Subvention vor, die zu Verzerrungen führt, deren negative Auswirkungen ihre positiven im Ergebnis einer Prüfung überwiegen, dann ist die Kommission befugt, Abhilfemaßnahmen zu verhängen oder Verpflichtungszusagen des betreffenden Unternehmens anzunehmen.

V. Öffentliche Vergabe: Meldeschwelle und Meldepflichten

Eine meldepflichtige drittstaatliche Zuwendung im Rahmen eines öffentlichen EU-Vergabeverfahrens liegt dem Entwurf zufolge dann vor, wenn der geschätzte Wert des Vergabeverfahrens mindestens 250 Mio. EUR beträgt.

Ab dieser Schwelle müssen Unternehmen bei der Einreichung eines Angebots oder eines Antrags auf Teilnahme an einem öffentlichen Vergabeverfahren dem öffentlichen Auftraggeber

  • entweder alle drittstaatlichen finanziellen Zuwendungen, die sie in den drei Jahren vor dieser Meldung erhalten haben, nennen,
  • oder erklären, dass sie in den letzten drei Jahren keine drittstaatlichen finanziellen Zuwendungen erhalten haben.

Unternehmen, die weder diese Angaben noch eine solche Erklärung vorlegen, dürfen den Zuschlag nicht erhalten.

VI. Untersagung der Zuschlagserteilung

Jede Meldung über erhaltene Zuwendungen wird an die Kommission zur Prüfung weitergeleitet. Führt diese zu dem Ergebnis, dass das Unternehmen von einer drittstaatlichen Subvention profitiert, und bietet dieses keine Verpflichtungen zur Beseitigung der Verzerrung an, so erlässt die Kommission einen Beschluss zur Untersagung der Zuschlagserteilung.

Werden in einer Meldung vorsätzlich oder fahrlässig unrichtige oder irreführende Angaben gemacht, so kann die Kommission Geldbußen von bis zu 1 % ihres im vorangegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes verhängen.

VII. Fortgang und weiterführende Informationen

Der Verordnungsentwurf wurde am 7. Juni in das Europäische Parlament eingebracht. Federführend ist der Ausschuss für internationalen Handel (INTA).

Titelbild: jorisvo | Beitragsbild: CFPhotosin Photography – Unsplash