Auch wenn vielen Nutzern die Unterschiede zwischen einer reinen E-Vergabeplattform und einem Vergabemanagementsystem offensichtlich erscheinen, merken wir in Gesprächen, dass für viele eine Abgrenzung der beiden Lösungen voneinander in Details nicht immer einfach ist. Im folgenden Beitrag möchten wir daher E-Vergabeplattformen und Vergabemanagementsysteme (VMS) gegenüberstellen und am Beispiel des cosinex VMS aufzeigen, wie Kunden davon profitieren, wenn sie ergänzend zur reinen E-Vergabeplattform (z. B. auf Basis des Vergabemarktplatz) auch ein Vergabemanagementsystem einsetzen.

Was ist eine E-Vergabeplattform?

Eine E-Vergabeplattform, beispielsweise auf Grundlage der Software cosinex Vergabemarktplatz (VMP), unterstützt die Kommunikations- bzw. Transaktionsprozesse eines Vergabeverfahrens zwischen Vergabestelle und Unternehmen. E-Vergabeplattformen unterstützen im Regelfall Vergabestellen bei der strukturierten Erfassung der Bekanntmachungen sowie deren Übermittlung an das Amt für Veröffentlichungen der EU, bund.de sowie weitere Bekanntmachungsorgane.

Zudem sollten die Kommunikation mit den Bietern bis zur Entgegennahme elektronischer Teilnahmeanträge und Angebote, die Angebotsöffnung und die Übermittlung von Absage- oder Zusagemitteilungen unterstützt werden. Zahlreiche Assistenten, Vorlagenverwaltungen und Hilfefunktionen sind hier denkbar, um die Arbeit der Vergabestellen in dieser Phase der Vergabeverfahren zu unterstützen. Optimalerweise werden auch Meldungen nach Maßgabe der Vergabestatistikverordnung (VergStatVO) medienbruchfrei und ohne unnötigen Aufwand durch Doppelerfassungen unterstützt.

Auf Unternehmensseite sollte möglichst einfach die Recherche nach Ausschreibungen sowie die Einsichtnahme in Bekanntmachungen und Vergabeunterlagen ermöglicht werden. Je einfacher und intuitiver die Lösung, desto größer die Akzeptanz der Bewerber. Funktional ist im Minimum zudem die Kommunikation mit der Vergabestelle, etwa bei Fragen im Vergabeverfahren, bis zur Abgabe elektronischer Angebote einschließlich Verschlüsselung und, falls gefordert, auch der Einsatz einer fortgeschrittenen oder qualifizierten elektronischen Signatur zu ermöglichen.

Kurz gesagt: E-Vergabeplattformen erlauben es, die zwingenden vergaberechtlichen Anforderungen an eine elektronische Kommunikation mit den Bewerbern bzw. Bietern zu erfüllen (u. a. §§ 9 ff. VgV).

Dass sich bei diesem scheinbar klaren Aufgabenbereich die angebotenen Lösungen in relevanten Details unterscheiden, wurde an anderer Stelle in diesem Blog bereits vorgestellt.

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Was ist ein Vergabemanagementsystem (VMS)?

Vergabemanagementsysteme sind komplementäre Ergänzungen von E-Vergabeplattformen und unterstützen Vergabestellen bei den meist individuellen internen Abläufen innerhalb der Organisation im Hinblick auf die Vorbereitung und Durchführung einer Vergabe sowie einer revisionssicheren Dokumentation der Vergabeverfahren (dem Führen einer elektronischen Vergabeakte). Zudem sind zahlreiche Assistenten und Zusatzfunktionen, wie z. B. die Bewerber-, aber auch Nachtragsverwaltung, möglich. Meist ergänzen umfangreiche Vorlagenverwaltungen oder die Möglichkeit der mandantenspezifischen Konfiguration den Funktionsumfang.

Warum die Trennung zwischen VMP und VMS?

Auch wenn die Trennung zwischen diesen beiden Softwaremodulen nicht zwingend ist, ist sie doch vorherrschend. Sowohl die Lösung des Bundes, als auch die allermeisten Bundesländer setzen auf ein entsprechendes Architekturmodell, bei dem zwischen diesen beiden Modulen differenziert wird.

Hierfür gibt es eine Vielzahl an Gründen: Zunächst erlaubt eine Trennung zwischen den beiden Modulen jedem öffentlichen Auftraggeber, aber auch jeder Vergabestelle, zu entscheiden, ob der Einsatz eines VMS sinnvoll ist. So kann sich etwa in einer Kommune mit mehreren Vergabestellen der Einsatz für einige Vergabestellen als sinnvoll erweisen, für andere u. U. (noch) nicht. Möglich wird so auch eine schrittweise Einführung der Lösung.

Trennung der Module unter Sicherheitsaspekten

Ein weiterer Grund liegt darin, dass die beiden Lösungen in verschiedenen Netzen betrieben werden können. Während für eine Vergabeplattform aufgrund der Nutzung durch die Bewerber bzw. Bieter ein Zugriff aus dem Internet zwingend erforderlich ist, kann ein (getrenntes) VMS auch im eigenen internen Verwaltungsnetz betrieben werden.

Individualisierbarkeit eines VMS

Der wohl wesentlichste Vorteil der Trennung der Module liegt allerdings in der individuellen Konfigurierbarkeit: Die Kommunikationsprozesse innerhalb eines Vergabeverfahrens und die Anforderungen sind – soweit nicht ohnehin rechtlich vorgegeben – über alle öffentlichen Auftraggeber hinweg nahezu identisch. Gleiches gilt auch für die Erfassung der Bekanntmachungsinformationen, die etwa bei EU-weiten Vergabeverfahren durch Vorgaben sogar EU-weit normiert sind. Bei dem VMS als Modul zur Unterstützung der internen Prozesse, Genehmigungen bzw. Mitzeichnungen ist es schon aufgrund der unterschiedlichen Aufbau- wie Ablauforganisationen immanent, dass die Lösung an die individuellen Anforderungen der Vergabestelle angepasst werden muss: Ob es um die Workflows, wie Mitzeichnungs- und Genehmigungsprozesse geht, um Rollen- und Rechte, Abläufe oder Fristvorgaben, Wertgrenzen im Unterschwellenbereich und vieles mehr. Hinzu kommen landesrechtliche Vorgaben, die ergänzend  Auswirkungen auf die zu unterstützenden Prozesse haben können, wenn etwa Vorabbenachrichtigungen ab bestimmten Wertgrenzen auch im Unterschwellenbereich gefordert werden.

Was leistet ein VMS zusätzlich zu einer E-Vergabeplattform?

Am Beispiel des Moduls der cosinex soll der Mehrwert eines Vergabemanagementsystems (VMS) verdeutlicht werden:

Zunächst beginnt der Prozess bereits bei der Entgegennahme von (meist auf der Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln geprüften und genehmigten) Bedarfen. Auf dieser Grundlage können in kollaborativer Zusammenarbeit zwischen Vergabestelle und Fachbereich ein strukturiertes Leistungsverzeichnis, Kriterienkataloge sowie die Ausschreibungsunterlagen innerhalb einer Lösung erarbeitet werden. Die Bedarfsmeldungen selbst können entweder aus einem weiteren komplementären Modul (Bedarfsmanagement) oder über Schnittstellen aus einem vorgelagerten ERP-System, wie etwa MACH oder SAP, übernommen werden.

Dabei erhalten Nutzer vom System umfassende Unterstützung während des gesamten Vergabeprozesses, von Assistenten zur Auswahl der Verfahrensart bis hin zu Plausibilisierung von kontextabhängigen Pflichtangaben (etwa Begründungen im Einzelfall, wenn von Regelverfahren abgewichen wird).

Für die Fristberechnung steht ein integriertes Tool zur Verfügung, das Terminketten automatisch berechnet. Vergaberechtliche sowie eigene Ausnahmetatbestände können dabei selbstverständlich berücksichtigt werden. Das komplexe und fehleranfällige Thema Fristberechnung wird für Vergabestellen somit maßgeblich erleichtert. Eine Benachrichtigungsfunktion erinnert nicht nur innerhalb der Lösung selbst, sondern auch per E-Mail, zusätzlich an bevorstehende Termine innerhalb eines laufenden Verfahrens.

Nach Abschluss des Vergabeverfahrens ermöglicht es das Modul Vertragsmanagement, Vertragsakten anzulegen, Laufzeiten, Vertragsdaten und Zahlungspläne zu definieren, Verlängerungen und Fristen zu überwachen sowie Terminerinnerungen und entsprechende Wiedervorlagen zu verwalten.

Im System lassen sich zudem verschiedene Vorlagen und Listen anlegen. Bei wiederkehrenden Ausschreibungen können so beispielsweise vorher angelegte Leistungsverzeichnisse genutzt und auch auf Textbausteine zurückgegriffen werden. In einer eigenen Unternehmensdatenbank können bekannte Unternehmen angelegt und einfach zur Teilnahme an Ausschreibungen aufgefordert werden.

Sowohl die E-Vergabeplattformen auf Basis des cosinex Vergabemarktplatz, als auch das cosinex Vergabemanagementsystem verfügen über ein Berichtsmodul, das Auswertungen der verschiedenen Vergabeverfahren durchführen kann. Im Vergabemanagementsystem haben die Nutzer hier bereits deswegen deutlich umfangreichere Auswertungsmöglichkeiten, da beim Einsatz der E-Vergabeakte wesentlich mehr Daten je Vergabeverfahren strukturiert erfasst und damit auswertbar vorhanden sind. Dies betrifft nicht nur die Angaben zu den Verfahren selbst, sondern beispielsweise auch Angaben zu Angeboten, Auftragswert und Vergleich zum Schätzwert, die durch die Erfassung der postalischen Angebote für die Prüfung und Wertung möglich werden. Alle Daten eines Verfahrens sind revisionssicher dokumentiert.

Eine zentrale Aufgabe im Vergabeverfahren ist die Angebotsprüfung und -wertung. Auch in diesem Schritt bietet das VMS – im Gegensatz zu einem E-Vergabeportal – umfassende Unterstützung. Die formale Prüfung und die Eignungsprüfung nach Angebotseingang lassen sich im VMS ebenso abbilden wie die Wertung der Angebote hinsichtlich des Preises und weiterer Kriterien, die beim Anlegen der Vergabeakte festgelegt wurden. Bei voraussichtlich ungewöhnlich niedrigen Angeboten weist das VMS beispielsweise den Anwender automatisch auf auffällig starke Preisabweichung hin, sodass dieser nach eigenem Ermessen um Aufklärung gemäß § 60 VgV bitten kann. Auch beim Vorliegen mehrerer Hauptangebote des gleichen Bieters macht das System den Nutzer auf diesen (voraussichtlichen) Ausschlussgrund aufmerksam.

Über eine Schnittstelle zu Destatis können sowohl im VMP, als auch im VMS die Pflichtmeldungen zur Vergabestatistikverordnung erfüllt werden. Mit der Vergabestatistikverordnung werden öffentliche Auftraggeber verpflichtet, Daten zu Vergabeverfahren an Destatis zu melden. Dies gilt für alle Verfahren mit Zuschlag ab dem 1. Oktober 2020 und z. B. einem Auftragswert über 25.000 Euro (o. USt.). Eine Meldung zur Vergabestatistik kann aus beiden Systemen heraus getätigt werden. Im Vergabemanagementsystem ist ein Großteil der Pflichtangaben, die an Destatis gemeldet werden müssen, bereits mit Angaben aus dem Vergabeverfahren vorbefüllt. Nutzer können die Meldung so schnell und komfortabel durchführen.

Eine Liste der Funktionen unseres VMS gegenüber einer E-Vergabeplattform auf Basis des cosinex Vergabemarktplatz finden Sie am Ende dieses Beitrags.

Fazit

Ob der Einsatz eines Vergabemanagementsystems sinnvoll ist, muss jede Vergabestelle im Einzelfall entscheiden. Unabhängig vom allgemeinen Trend zur Digitalisierung möglichst aller Verwaltungsprozesse überzeugen solche Lösungen immer mehr öffentliche Auftraggeber im Hinblick auf ein Mehr an Rechtssicherheit und Verfahrenseffizienz, aber letztlich auch aufgrund des schlicht besseren Überblicks über anstehende, laufende und abgeschlossene Vergabeverfahren.

Liste der Funktionen des VMS

  • Abbildung des vollständigen Vergabeprozesses innerhalb einer Lösung
  • Umfassende vergaberechtliche Unterstützung im Prozess durch zahlreiche Assistenzfunktionen und Plausibilitätsprüfungen
  • Ausprägung der Lösung an die individuellen Prozesse und Vorgaben
  • Anders als im VMP ist eine Unterstützung der internen Mitzeichnungs- und Genehmigungsworkflows im VMS möglich
  • Anbindbarkeit vor- und nachgelagerter Systeme wie ERP- oder HKR-Lösungen über Standardschnittstellen
  • Komplementäre Module für die integrierte Abbildung der vorgelagerten Bedarfserfassung und Genehmigung sowie für das der Vergabe nachgelagerte Vertragsmanagement
  • E-Vergabeakte: Revisionssichere Dokumentation der Vergabeverfahren in einer elektronischen Vergabeakte sowie Generierung eines Gesamtvermerks über die Vergabe und wahlweise die Ausgabe der Informationen in verschiedenste Vergabehandbücher und Formulare
  • Strukturierte Erarbeitung von Leistungsverzeichnissen und Kriterienkatalogen inkl. Excel-Import und Vorlagenverwaltung
  • Abbildung der Prozesse im Rahmen der Angebotsprüfung und -wertung
  • Schnittstellen zu diversen Dokumentenmanagement- und Archivsystemen zur Übergabe der E-Vergabeakten
  • Automatische Berechnung von Fristenketten und Definition von vergaberechtlichen und eigenen Ausnahmetatbeständen sowie Erinnerungsfunktion für Fristen
  • Über den VMP hinausgehende Vorbefüllungen der Meldungen nach VergStatVO
  • Zentrale Vorlagen- und Dokumentenverwaltung
  • Eigene Bewerberdatenbank mit Dokumentationsmöglichkeit für unternehmensspezifische Erklärungen und Überwachung des Ablaufs der Erklärungen (für die Auswahl von Unternehmen bei beschränkten Ausschreibungen u. a.)
  • Differenziertes Berichtsmodul
  • Vergabeaktenbezogene Dokumentationsmöglichkeit von Nachträgen