Wappenzeichen Hessen

Das Land Hessen plant die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) einzuführen, die schon im Bund und den meisten Bundesländern gilt (wenn auch mit individuellen Ausprägungen). Damit soll das nationale Vergaberecht im sog. Unterschwellenbereich vereinheitlicht werden. Um Widersprüche zwischen dem aktuellen Hessischen Vergabe- und Tariftreuegesetz (HVTG) und der UVgO aufzulösen, ist eine Novellierung desselben notwendig.

In der Plenarsitzung vom 18. März 2021 wurde der entsprechende Gesetzesentwurf in der ersten Lesung im Landtag diskutiert. Mit der Novelle des HVTG sollen öffentliche Aufträge in Hessen künftig schneller und einfacher vergeben werden. Zugleich sollen die Anwendung der bereits geltenden ökologischen und sozialen Standards bei öffentlichen Aufträgen verbessert und neue Nachweis- und Kontrollinstrumente in Bezug auf Mindestlohn und Tariftreue eingeführt werden. Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir lobt die Novelle als deutliche Verbesserung:

„Die Anwendung wird vereinfacht, die Kontrollmöglichkeiten gegen Schwarzarbeit und Mindestlohnverstöße werden gestärkt, und Nachhaltigkeit wird sehr viel umfassender gedacht und zum maßgeblichen Kriterium.“

Update 19.8.21: Die Novellierung des HVTG ist beschlossen, ebenso ein Vergabeerlass zur Einführung der Unterschwellenvergabeordnung. Mehr erfahren.

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Daneben enthält die Novelle des HVTG noch weitere Neuerungen: Regelungen, wie das Interessenbekundungsverfahren, fallen ersatzlos weg, die Vergabe von freiberuflichen Leistungen muss nicht mehr im förmlichen Vergabeverfahren erfolgen, die Mindestanzahl der einzuholenden Angebote wird von fünf auf drei Angebote reduziert. Auch bei den Vergabeverfahren selbst gibt es wesentliche Neuerungen. So wird die Beschränkte Ausschreibung mit der Öffentlichen Ausschreibung gleichgesetzt und mit der Anhebung der Schwellenwerte soll mehr Flexibilität und Spielraum für die Vergabestellen erreicht werden. Neu ist vor allem eine weitere Kategorie der Bauleistungen. Künftig werden Leistungen rund um den Wohnungsbau bis zu einer Million Euro durch eine Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb möglich, was die Wohnraumschaffung beschleunigen soll.

Ebenfalls neu ist die Einrichtung sowie der Kompetenzzuschnitt sogenannter Vergabekompetenzstellen bei Hessen Mobil, der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main und den Regierungspräsidien. Zum einen sollen sie öffentliche Auftraggeber sowie Zuwendungsempfänger in Fragen der Vergabe von Bau-, Liefer- und Dienstleistungen beraten. Zum anderen sind sie für die Prüfung von behaupteten Vergabeverstößen durch Bewerber und Bieter zuständig (Bauvergaben ab 500.000 250.000 Euro1; Liefer- und Dienstleistungsaufträge ab 50.000 Euro). Bislang gab es lediglich einen nicht näher geregelten Rechtsschutz nur für Bauaufträge im Unterschwellenbereich bei den sogenannten VOB-Stellen. Durch deren Umbenennung in Vergabekompetenzstellen soll der erweiterte Aufgabenbereich zum Ausdruck kommen.

Mit der Einführung der UVgO würde Hessen eine Art Paradigmenwechsel vollziehen. Wird die Novelle des Hessischen HVTG verabschiedet, steht die Einführung der UVgO nur noch in drei Bundesländern aus. Während Sachsen und Sachsen-Anhalt planen, vor der Einführung noch das Landesvergabegesetz zu ändern, muss in Rheinland-Pfalz die Verwaltungsvorschrift „Öffentliches Auftragswesen in Rheinland-Pfalz“ geändert werden.

Den vollständigen Gesetzesentwurf finden Sie unter diesem Link.

Fussnoten

  1. Die Summe hat sich im Gesetzgebungsverfahren geändert; zu unserem Bericht