Die Regelungen für besondere Wertgrenzen bei der Vergabe von Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen durch öffentliche Auftraggeber werden in Niedersachsen aufgrund der Corona-Pandemie verlängert und weiterentwickelt. Die ursprünglich bis zum 31. März 2021 befristeten Werte sind damit bis zum 30. September 2021 anwendbar. Ab dem 1. Oktober 2021 schließen sich weiterhin erhöhte Wertgrenzen an. Unverzüglich nach Bekanntgabe der Wertgrenzen wird bereits erste Kritik von Verbänden laut.
Bis zum 30. September 2021 gelten die bisher anwendbaren besonderen Wertgrenzen fort:
- Bauleistungen bis 3 Millionen Euro: Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb
- Bauleistungen bis 1 Million Euro: Freihändige Vergabe
- Dienst- und Lieferleistungen unterhalb der EU-Schwellenwerte: Freie Verfahrenswahl
- Besonders dringliche Dienst- und Lieferleistungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie unterhalb von 214.000 Euro: Direktauftrag
Im Anschluss daran sind die besonderen Wertgrenzen bis zum 31. März 2022 auf folgende Beträge festgelegt:
- Bauleistungen bis 1 Million Euro: Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb
- Bauleistungen bis 200.000 Euro: Freihändige Vergabe
- Dienst- und Lieferleistungen bis 100.000 Euro: Freie Verfahrenswahl
- Besonders dringliche Dienst- und Lieferleistungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie unterhalb von 214.000 Euro: Direktauftrag
Wirtschaftsminister Dr. Bernd Althusmann:
„Angesichts der andauernden Pandemielage und den damit verbundenen Unsicherheiten ist es wichtig, die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise weiterhin durch eine schnelle und leichte Erteilung öffentlicher Aufträge abzumildern. Die vergaberechtlichen Vereinfachungen sollen dabei helfen. Mir ist bewusst, dass die fortgeltenden Erleichterungen den Wettbewerb um öffentliche Aufträge und die Transparenz der Verfahren verringern können. Wir haben dies intensiv abgewogen. Aufgrund der gegenwärtig schwierigen wirtschaftlichen Lage sollen jedoch auch zukünftig öffentliche Aufträge schnell an Unternehmen vergeben werden können. Dies sorgt für eine bessere Umsatzentwicklung und sichert Beschäftigung. Ich bin überzeugt, dass die Vergabestellen auch in den kommenden Monaten verantwortungsbewusst mit der Situation umgehen und öffentliche Aufträge unter Beachtung der vergaberechtlichen Grundsätze wirtschaftlich vergeben werden.“
Kritik von den Verbänden
Zu dieser Entscheidung kam die erste Kritik unverzüglich. So kritisierte der Bauindustrieverband Niedersachsen-Bremen die Entscheidung zu den erhöhten Wertgrenzen.
Die Wertgrenzen, bei deren Unterschreitung von dem sonst im Vergaberecht geltenden Vorrang der öffentlichen Ausschreibung ohne weitere Begründung abgewichen werden kann, waren zu Beginn der Pandemie drastisch erhöht worden. So wurde die Wertgrenze für die Zulässigkeit von Freihändigen Vergaben um den Faktor 40 von 25.000 Euro auf eine Million Euro angehoben. Begründet wird diese exorbitante Anhebung vom Niedersächsischen Wirtschaftsministerium weiterhin mit dem Argument, öffentliche Aufträge sollten so schneller an Unternehmen vergeben werden können.
„Uns liegen aber keine Erkenntnisse darüber vor, dass es durch die Erhöhung der Wertgrenzen zu einer Beschleunigung oder gar zu einer Ausweitung öffentlicher Bauaufträge gekommen wäre“, so der Präsident des Bauindustrieverbandes Niedersachsen-Bremen, Thomas Echterhoff. „Was wir allerdings in der Praxis wahrnehmen und was auch schon zu deutlicher Kritik seitens unserer Mitgliedsunternehmen geführt hat, ist ein ganz erheblicher Verlust von Transparenz durch die Vergabe öffentlicher Bauaufträge im Wege der Freihändigen Vergaben und Beschränkten Ausschreibungen ohne Teilnahmewettbewerb.“
Als Instrument des „Bürokratieabbaus“ seien die erhöhten Wertgrenzen auch nicht geeignet. Bürokratische Hemmnisse in Vergabeverfahren resultierten häufig daraus, dass Vergaben nach der VOB/A durch unreflektierte Übernahme von Formularen und Vergaberegeln, die der Bund in seinen Vergabehandbüchern festgelegt hat, verkompliziert werden. Im Vergleich zu der Zeit, die die politische Willensbildung und Entscheidung sowie die Planung und Genehmigung von öffentlichen Baumaßnahmen erfordere, fielen Beschleunigungseffekte durch Freihändige Vergaben ohnehin nicht ins Gewicht, so Echterhoff.
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Quelle: Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung, Bauindustrie Nord und eigene Redaktion
Bildquellen: Niedersächsische Staatskanzlei und CDU in Niedersachsen / Tobias Koch