Bild zu statistischen Auswertungen

Abweichend vom bundesweiten Mindestlohn regeln die meisten Länder für öffentliche Aufträge eigene Vergabemindestlöhne. Da die Anzahl der Beschäftigten, die nach Tarif bezahlt werden, in den letzten Jahren weiter gesunken ist und in Ostdeutschland mittlerweile bei unter 50 % liegt, sollen nun in Brandenburg und Sachsen neue Vergabemindestlöhne beschlossen werden, um nur solchen Unternehmen, die ihre Arbeiter auch in ausreichendem Maße vergüten, den Zugang zu öffentlichen Aufträgen zu ermöglichen.

Nicht immer ist die Bezeichnung AT (außertariflich) ein Synonym für ein überdurchschnittliches Gehalt. Tarifverträge ermöglichen es, einer breiten Arbeitnehmerschicht angemessene und mit bestimmten Gehaltsanpassungen verbundene Saläre zu beziehen. Umso bedenklicher ist es, dass die Quote der Arbeitnehmer, die nach einem Tarifvertrag bezahlt werden, in den letzten Jahren stark gesunken ist und in den ostdeutschen Bundesländern mittlerweile bei unter 50 % liegt.

Eigene Grafik: Anteil der Beschäftigen in Deutschland von 2000 bis 2018, die nach Tarif vergütet werden.

Einige Bundesländer schreiben daher für die Vergabe öffentlicher Aufträge sowohl auf landes- als auch auf kommunaler Ebene bereits einen Vergabe-Mindestlohn vor, der von diesen Ländern selbst festgelegt wird und mitunter über dem gesetzlichen Mindestlohn liegt.

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Vergabe-Mindestlohn nach Brandenburgischen Vergabegesetz

In Brandenburg ist dieser Vergabe-Mindestlohn nun zum 01.01.2021 von bisher 10,68 Euro auf 10,85 EUR angehoben worden. Allerdings gilt der Vergabemindestlohn nur für Vergaben ab 3.000 Euro. Gemäß dem Brandenburgischen Vergabegesetz (BbgVergG) wird der Vergabemindestlohn ab diesem Jahr jeweils um den Prozentsatz angehoben, um den sich auch der allgemeine Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz des Bundes (MiLoG) erhöht.

Am 15. Dezember 2020 hat das brandenburgische Kabinett zudem grünes Licht für eine weitere Erhöhung des Vergabemindestlohns auf 13 EUR gegeben. Der Gesetzentwurf soll zeitnah in den Landtag eingebracht werden. Sobald der Landtag der Änderung des geltenden Vergabegesetzes zugestimmt hat, soll die geplante Erhöhung des Mindestlohns auf 13 Euro in Kraft treten. Die Erhöhung zum 1. Januar 2021 sei nach Angabe der brandenburgischen Staatskanzlei damit nur ein Zwischenschritt.

Der Mindestlohn auf Bundesebene beträgt aktuell 9,50 EUR und soll ab Juli 2021 auf 9,60 EUR und ab Januar 2022 auf 9,82 EUR erhöht werden. In anderthalb Jahren, ab dem 1. Juli 2022, soll eine weitere Erhöhung auf 10,45 EUR erfolgen.
Mit 13 EUR läge der Brandenburgische Vergabemindestlohn damit mehr als 30 % (!) über dem aktuell in Deutschland vorgeschriebenen. Wenngleich die Hoffnung besteht, dass sich hierdurch die oben skizzierte Entwicklung teilweise wieder umkehrt und mehr Unternehmen ihre Angestellten nach Tarifregelungen bzw. mit einem entsprechend höheren und sich anpassenden Lohnentgelt bezahlen, kritisieren Wirtschaftsvertreter die Erhöhungen auch vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Belastungen durch die andauernde Corona-Pandemie.

Neue Vorgaben für den Freistaat Sachsen

Auch im Freistaat Sachsen hatte man sich bereits im Koalitionsvertrag von 2019 darauf verständigt, ein Vergabegesetz zu verabschieden, das Vergabemindestlöhne oberhalb der gesetzlich geltenden Mindestlöhne vorsieht, zumal Sachsen neben Sachsen-Anhalt und Bayern als eines von wenigen Bundesländern noch keinen Vergabemindestlohn fordert. Die Anpassung auf einen gesetzlich festgelegten Vergabemindestlohn verzögert sich hier Angaben von Markus Schlimbach (Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Sachsen) zufolge ebenfalls aufgrund von Corona. Mit der Anpassung, dass auch Unternehmen aus Sachsen entweder nach Tarifvertrag bezahlen oder sich an den gesetzlich geregelten Vergabe-Mindestlohn i.H. von aktuell 11,93 EUR halten sollen, ist aber wohl trotzdem im Laufe dieses Jahres zu rechnen.

Abzuwarten bleibt, ob die Vorstöße in Sachen Vergabemindestlohn tatsächlich dazu führen, dass ostdeutsche Unternehmen ihre Gehälter auf z.T. 30 % über den Mindestlohn anheben oder eher die Situation eintritt, dass sich weniger bzw. die finanzstärkeren Bieter um die ausgeschriebenen Aufträge bewerben. Denkbar wäre auch die sicherlich nicht beabsichtige Konstellation, in der ein Bieter nur einen Teil seines für öffentliche Aufträge abgestellten Personals tariflich vergütet und für den anderen Teil seiner Aufträge (d.h. nicht durch die öffentliche Hand vergebene Aufträge) auf nicht tariflich vergütete Subunternehmer zurückgreift.

Quelle: Handwerksblatt und eigene Redaktion
Bildquelle: Adobe Stock, stockpics