Beleg mit Umsatzsteuer

Erst vor wenigen Tagen haben wir uns im Rahmen eines Beitrags in diesem Blog mit ersten Hinweisen zur neuen Umsatzsteuerregelung bei öffentlichen Aufträgen befasst. Nun haben die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen und die Senatsverwaltung für Wirtschaft des Landes Berlin in einem aktuellen Rundschreiben weitere Hinweise rund um die Umsatzsteuer bei öffentlichen Aufträgen gegeben.

Ein Aspekt betrifft hierbei den Umgang mit der Umsatzsteuer bei neuen Vergabeverfahren, ein anderer die Ermittlung des korrekten Steuersatzes.

Umgang mit Umsatzsteuer bei neuen Vergabeverfahren

Soweit von Bietern bei der Angebotsabgabe unterschiedliche Umsatzsteuersätze angegeben werden, ist nach Ansicht der Senatsverwaltungen darauf zu achten, die Angebote für die Wertung gleichzustellen. Dabei sei vertraglich sicherzustellen, dass maßgebend für die Anwendung des Umsatzsteuersatzes der Zeitpunkt der Ausführung der Leistung (Vollendung / Abnahme) ist.

Soweit sich durch die Gleichstellung von Umsatzsteuersätzen eine Verschiebung der Bieterreihenfolge ergibt, ist dem Bieter, der dadurch vom ersten auf einen nachfolgenden Rang zurückfällt, mit dem Absageschreiben eine Erläuterung zu geben.

In dem Schreiben bleibt allerdings der Fall unerwähnt, bei dem sich ein tatsächlicher Unterschied für den Auftraggeber ergibt, etwa wenn Bieter A aufgrund anzugebender, verbindlicher Lieferfristen eine Lieferung bis zum 31.12.2020 zusagen kann (16%), Bieter B aber erst im Februar 2021 (19%). Spontan könnte man an eine mögliche Parallele denken zu dem Fall, bei dem bei ausländischen Angeboten mit 0% Umsatzsteuer für die Wertung der Umsatzsteuerregelsatz hinzuzurechnen ist (vgl. auch VK Bund, Beschluss vom 28.09.2017 (VK 2 – 94 / 17) und den Beitrag in unserem Blog). Bei näherer Betrachtung liegt dieser Fall aber anders, da aufgrund des sogenannten Reverse-Charge-Verfahrens die Umsatzsteuer nur als Steuerschuld des Leistungsempfängers anfällt, sodass sich in diesen Fällen eben kein tatsächlicher Kostenunterschied für den öffentlichen Auftraggeber ergibt.

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Zur Ermittlung des korrekten Steuersatzes

Das Rundschreiben weist darauf hin, dass die Ermittlung des korrekten Steuersatzes primär Aufgabe des Steuerschuldners sei, in der Regel also des Leistungserbringers.

Als Leistungsempfänger kann – hier konkret – das Land Berlin dennoch ein Interesse an der korrekten Ermittlung und Angabe des Steuersatzes haben, zum Beispiel, wenn

  • ein Nettoentgelt zzgl. gesetzlicher Umsatzsteuer vereinbart ist bzw. sich aus den zugrundeliegenden Rechtsnormen (z.B. RVG, HOAI, etc.) ergibt oder gem. § 29 Abs. 2 UStG die Ersparnis durch Senkung der Umsatzsteuer an das Land Berlin weiter zu reichen ist;
  • das Land Berlin Vorsteueransprüche geltend machen kann; oder
  • das Land Berlin ausnahmsweise als Leistungsempfänger der Steuerschuldner ist. (In diesem Fall besteht nicht nur ein Interesse an der korrekten Steuersatzermittlung, sondern sogar eine gesetzliche Pflicht.)

Jedenfalls der erste Aspekt ist nicht nur auf Bundesländer übertragbar.

Für die Anwendung des korrekten Steuersatzes ist gem. § 27 Abs. 1 UStG stets der Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes maßgebend. Es kommt darauf an, wann eine Leistung umsatzsteuerrechtlich als endgültig ausgeführt angesehen wird. Der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, der Rechnungsstellung oder der Zahlung sind für die Anwendung des Steuersatzes unerheblich.

Der Zeitpunkt, an dem die Leistung als vollendet angesehen wird, unterscheidet sich je nach Art der Leistung. Eine umfassende Darstellung der aus Sicht der Finanzämter maßgeblichen Zeitpunkte für verschiedene Leistungsarten finden Sie in Abschnitt 13.1 bis 13.4 des UStAE. Grundsätzlich gilt:

Bei unbewegten Lieferungen (auch Werklieferungen) ist maßgebend der Zeitpunkt, an dem der Leistungsempfänger die Verfügungsmacht über den Gegenstand erworben hat (Abschn. 13.1 Abs. 2 Satz 1 UStAE).

  • Bei bewegten Lieferungen (auch Werklieferungen) im Sinne des § 3 Abs. 6 UStG ist der Zeitpunkt des Beginns der Beförderung (Abschnitt 13.1 Abs. 2 Satz 2 UStAE) entscheidend.
  • Bei sonstigen Leistungen (u.a. Dienstleistungen und Werkleistungen) kommt es darauf an, wann die Leistung erbracht (vollendet) wird (Abschn. 13.1 Abs. 3 Satz 1 UStAE).
  • Bei Werkleistungen (z.B. Bauleistungen, Handwerkerleistungen), bei denen üblicherweise eine Abnahme vereinbart wird und im konkreten Fall wurde, ist der Zeitpunkt der Vollendung in der Regel das Datum der Abnahme (Abschn. 13.2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UStAE; EuGH C224/18 („Budimex“)). d.h.
    • Vollendung bzw. Abnahme bis 30.06.2020 ⇒ 19%
    • Vollendung bzw. Abnahme ab 01.07.2020 ⇒ 16%
    • Vollendung bzw. Abnahme bis 31.12.2020 ⇒ 16 %
    • Vollendung bzw. Abnahme ab 01.01.2021 ⇒ 19%

Weiter Ausführungen enthält das Rundschreiben zu Besonderheiten bei Architekten- und Ingenieursleistungen, Teilleistungen sowie Abschlagszahlungen und Pauschalhonoraren.

Das Rundschreiben finden Sie unter diesem Link. Alle Rundschreiben zur öffentlichen Auftragsvergabe in Berlin finden Sie im sog. Vergabeservice-Portal des Landes Berlin.

Bildquelle: nmann77 – stock.adobe.com