Entwurf VOB/A Haus §§

Zeitlich nach der Zustimmung des Bundesrats vom 28.06.2019 zur Einführung der neuen VOB/A – und damit einhergehend widerstreitender Entschließungsanträge zweier Ausschüsse zur zukünftigen Vereinheitlichung des Vergaberechts – haben die kommunalen Spitzenverbände eine Stellungnahme zur Vereinheitlichung des Vergaberechts veröffentlicht und plädieren erneut dafür, die bislang in der VOB/A geregelten Vorgaben für den Bau (unter ausdrücklicher Beibehaltung der VOB/B und der VOB/C) in eine einheitliche Vergabeverordnung zu integrieren.

Tatsächliche Besonderheiten, die eigenständige Sonderregelungen für Bauvergaben erfordern, können nach Ansicht der Verbände in einem gesonderten Abschnitt der Vergabeverordnung (VgV) bzw. der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) Berücksichtigung finden.

In der in Bezug auf die von der Bundesregierung einberufenen Arbeitsgruppe zur Vereinheitlichung des Vergaberechts (zur Einrichtung der Arbeitsgruppe vgl. unseren Beitrag) abgegebenen Stellungnahme wird neben der Frage zu erforderlichen Angleichungen der VOB/A (an die Regelungen der VgV bzw. der UVgO) auch der Frage nachgegangen, welche Änderungen bei den Abstimmungsprozessen innerhalb des Deutschen Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen (DVA) für erforderlich gehalten werden.

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Demokratisierung des Vergaberechts

Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände spricht sich angesichts der intransparenten und demokratisch nicht legitimierten Abstimmungsprozesse des DVA nachdrücklich für Anpassungen aus: Die Regelungen der VOB werden seit langem vom paritätisch von Auftraggebern und Auftragnehmern besetzten DVA, der als privater Verein (e.V.) agiert und insoweit als „quasi-Gesetzgeber“ fungiert, verabschiedet.

Daher müsse die Stellung der öffentlichen Hand (Bund, Länder, Kommunen) mit Blick auf Abstimmungen innerhalb des DVA deutlich gestärkt werden. Der Bauwirtschaft dürfe künftig keine Verhinderungsmacht mehr zukommen. Wenn Bund, Länder und Kommunen einhellig für Verfahrensänderungen eintreten, müssen diese durchsetzbar sein.

Im Hinblick auf die Arbeit des DVA konkret gefordert werden:

  • Die Aufnahme des Deutschen Landkreistages in den DVA mit Stimmrecht im Vorstand und Hauptausschuss.
  • Mit Blick auf zukünftige Abstimmungsprozesse innerhalb des DVA sollen Enthaltungen nicht mehr als Nein-Stimmen gewertet werden.
  • Bei Beschlussfassungen ist festzulegen, dass Beschlüsse nicht mehr mit 3/4-Mehrheit der anwesenden ordentlichen Mitglieder gefasst werden müssen, sondern zukünftig mit einer 1/3-Mehrheit.

Erforderliche Anpassungen der VOB/A an VgV und UVgO

In inhaltlicher Hinsicht werden aus Sicht der kommunalen Spitzenverbände folgende Angleichungen der VOB/A für erforderlich gehalten:

1. Nachfordern von Unterlagen

Die Regelung zum Nachfordern von Unterlagen, welche die VOB/A in § 16a EU weiterhin verpflichtend vorgibt, steht in direktem Widerspruch zu den EU-Vergaberichtlinien, die dem öffentlichen Auftraggeber insoweit ein Ermessen einräumen. Durch die abweichende Regelung in der VOB/A können sich Bieter bei Bauvorgaben immer auf eine Nachforderung verlassen und werden – zum Nachteil der öffentlichen Hand – nicht zu einer sorgfältigen Angebotserstellung angehalten. Sie können Angebote sogar aus taktischen Gründen unvollständig abgeben, um die Bindefrist ihrer Angebote später unterlaufen zu können. Mit Blick auf die „Kann-Regelung“ in der VgV bzw. der UVgO wird eine Anpassung für dringend erforderlich gehalten.

2. Zulassung von Nebenangeboten

Die Voraussetzungen zur Wertung von Nebenangeboten sind in § 8 Abs. 2 VOB/A sowie in § 25 Abs. 1 UVgO unverändert unterschiedlich geregelt. Während Auftraggeber bei Verfahren nach Maßgabe der UVgO Nebenangebote zulassen können, sieht die Regelung in der VOB/A vor, dass der Aufraggeber angeben muss, ob er Nebenangebote nicht zulässt bzw. ob er Nebenangebote ausnahmsweise nur in Verbindung mit einem Hauptangebot zulässt.

Werden folglich bei Bauvergaben in der Bekanntmachung oder in der Aufforderung zur Angebotsabgabe keine Aussagen zu Nebenangeboten getroffen, ist von deren Zulässigkeit auszugehen. Fehlt hingegen nach der UVgO eine entsprechende Angabe in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen, sind keine Nebenangebote zugelassen.

3. E-Vergabe

Die Vorgaben zur Einführung der elektronischen Auftragsvergabe sind im Liefer- und Dienstleistungsbereich auf der einen Seite sowie im Baubereich auf der anderen Seite unterschiedlich geregelt. Daher fordern die kommunalen Spitzenverbände, dass die VOB/A kurzfristig dahingehend weiterentwickelt werden soll, dass elektronische Angebote (auch) angenommen werden müssen und die Textform wie in der UVgO als Regelfall vorzusehen ist (§ 13 Abs. 1 VOB/A).

4. Eignungsprüfung

Während bei der Eignungsprüfung im Liefer- und Dienstleistungsbereich ein Ermessen des Auftraggebers besteht, weichen die §§ 6a VOB/A und 6a VSVgV von diesem Grundsatz ab. Auch hier sei eine Vereinheitlichung mit den Regelungen der VgV bzw. der UVgO dringend geboten.

5. Unterauftragsvergabe

Über den Einsatz, die Benennung, die Eignung und Ablehnung von Unterauftragnehmern finden sich in der VOB/A nach Ansicht der kommunalen Spitzenverbände keine hinreichenden Regelungen. Eine Anpassung an die Vorschriften der §§ 36 VgV bzw. 26 UVgO sei daher erforderlich.

Keine kurzfristige Abschaffung der VOB/A in Sicht

Die VOB/A steht sowohl im Hinblick auf die Einheitlichkeit des Vergaberechts, als auch aufgrund ihres Zustandekommens bzw. des DVA nicht nur durch Interessensverbände (vgl. jüngst auch die Kritik von Transparency International) in der Kritik, wie der (im Ergebnis aber erfolglose) Entschließungsantrag des Wirtschaftsausschusses anlässlich der Einführung der VOB/A 2019 deutlich macht.

Die Fragen selbst (wie etwa die Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände für die nach der Sommerpause erneut tagende Arbeitsgruppe zur Vereinheitlichung des Vergaberechts) zeigen allerdings auch, dass Anpassungen in den Strukturen des DVA sowie einzelne Angleichungen wohl in Erwägung gezogen werden. Mit einer Abschaffung der VOB/A noch in dieser Legislaturperiode darf hingegen eher nicht gerechnet werden.

Weitere Informationen

Die Stellungnahme der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände finden Sie auf den Seiten des Deutschen Städte- und Gemeindebundes unter diesem Link.

Bildquelle: rcx– Fotolia.com