Im Rahmen dieses Blogs wurde mehrfach über die unterschiedlichen Beschlüsse zu der Frage der Zulässigkeit der Verlinkung auf Eignungskriterien berichtet. Nunmehr hat das OLG Dresden in seinem Beschluss vom 15.02.2019 (Verg 5/18) eine weitere Fallkonstellation beleuchtet und ist dabei auch auf die wesentlichen bislang ergangenen Entscheidungen eingegangen. Nachdem sich die richterliche Spruchpraxis und Rechtsfortbildung zu diesem Punkt verstetigt, lohnt ein vorläufiges Resümee anhand der wichtigsten Fallgruppen, an dessen Ende allerdings neue Fragen stehen.

Der Autor

Norbert Dippel ist Syndikus der cosinex sowie Rechtsanwalt für Vergaberecht und öffentliches Wirtschaftsrecht. Der Autor und Mitherausgeber diverser vergaberechtlicher Kommentare und Publikationen war viele Jahre als Leiter Recht und Vergabe sowie Prokurist eines Bundesunternehmens tätig.

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Wesentliche bisherige Entscheidungen im Überblick

Unzulässigkeit der Verlinkung auf eine Vergabeplattform

Die VK Südbayern (Beschluss vom 20.04.2018, Z 3-3-3194-1-59-12/17) hatte entschieden, dass es für eine wirksame Bekanntmachung der Eignungskriterien und Nachweise unzureichend sei, wenn lediglich auf die Startseite einer Vergabeplattform (bspw. www.auftraege.bayern.de) verwiesen werde. Denn dort müsste sich der Bieter die entsprechenden Unterlagen aus hunderten von dort gespeicherten Vergabeverfahren heraussuchen. Es bestehe die Verpflichtung des Auftraggebers, die geforderten Eignungskriterien und Nachweise in der Bekanntmachung zur Verfügung zu stellen und es sei nicht Aufgabe des Bieters, diese aus den zahlreichen Vergabeverfahren auf einer Vergabeplattform herauszufiltern.

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Unzulässigkeit der Verlinkung auf die Vergabeunterlagen

Nach Ansicht des Vergabesenats bei dem OLG Düsseldorf (Beschluss vom 11.07.2018, Verg 24/18) könne ein in der Auftragsbekanntmachung enthaltener Link, mit dem auf die Auftragsunterlagen insgesamt verwiesen werde, die Mitteilung der Eignungskriterien und der geforderten Nachweise in der Auftragsbekanntmachung nicht ersetzen.

Gleichermaßen unzureichend sei ein Link, der zwar zu den aufgestellten Eignungsanforderungen und Nachweisen führe, sich jedoch an einer Stelle der Auftragsbekanntmachung befinde, an der er von den interessierten Unternehmen übersehen werden könne. Ausreichend für die Bekanntmachung der Eignungsanforderungen sei die Verlinkung an der richtigen Stelle der Vergabebekanntmachung auf ein Dokument, aus dem sich ohne weitere Sichtung die Eignungsanforderungen und die zu erbringenden Nachweise erschlössen. Ausdrücklich verwies der Vergabesenat darauf, dass in der mündlichen Verhandlung über technische Schwierigkeiten bei der Einrichtung eines sog. Deep-Links diskutiert wurde. Letztlich sei er nicht von der Unmöglichkeit der technischen Umsetzung eines solchen Links überzeugt. Hierauf käme es jedoch nicht an, da eine kurze textliche Beschreibung der Kriterien nicht an technischen Problemen scheitern würde. Diese könnten dann in den Vergabeunterlagen erläutert werden.

Ebenso hielt die VK Südbayern (im o.g. Beschluss vom 20.04.2018, Z 3-3-3194-1-59-12/17) es für unzulässig, wenn hinsichtlich der Eignungskriterien in der Bekanntmachung lediglich auf die Vergabeunterlagen verwiesen wird, die unmittelbar online zugänglich sind. Sinn und Zweck von Regelungen wie § 122 Abs. 4 Satz 2 GWB und § 12 EU Abs. 3 Nr. 2 VOB/A i.V. mit Anhang V Teil C Nr. 11 lit. c) der Richtlinie 2014/24/EU bestehe darin, dass jedes in- und ausländische Unternehmen auf einen Blick erkennen könne, ob es als potentiell geeigneter Wettbewerbsteilnehmer in Betracht komme oder ob es sich die Befassung mit den Vergabeunterlagen von vornherein ersparen könne. Bei der Verlinkung auf die Vergabeunterlagen als solches sei nicht gewährleistet, dass der Bieter über den Link aus dem Bekanntmachungstext ohne Weiteres die geforderten Eignungskriterien und Nachweise öffnen und ausdrucken kann. Der Bieter kann nicht auf einen Blick erkennen, ob er als potentiell geeigneter Wettbewerbsteilnehmer in Betracht kommt.

Der Vergabesenat des OLG München (Beschluss vom 25.02.2019, Verg 11/18) hat festgestellt, dass es an einer wirksamen Bekanntmachung der geforderten Eignungskriterien fehlt, wenn in der Auftragsbekanntmachung lediglich pauschal auf die Auftragsunterlagen verwiesen wird. Die Zulassung eines sogenannten Deep-Links stelle eine Erweiterung der Möglichkeiten der Bekanntmachung durch die Rechtsprechung dar. In dem konkreten Fall könne aber dahingestellt bleiben, ob eine Linksetzung dem gesetzlichen Erfordernis „in der Auftragsbekanntmachung aufzuführen“ überhaupt gerecht werden könne, denn durch die vorgenommene Linksetzung konnte im vorliegenden Fall nicht (einmal) direkt auf die Vergabeunterlagen zugegriffen werden. Der angegebene Link führte den Bewerber zunächst auf eine Vergabeplattform, auf der mehrere laufende Vergabeverfahren im Kontext „EDV“ aufgeführt waren. Der Bieter bzw. Bewerber hätte dann zunächst das maßgebliche Vergabeverfahren finden, im Weiteren dann die Vergabeunterlagen öffnen und aus den einzeln aufgeführten Vergabeunterlagen die Eignungskriterien suchen müssen und erst hiernach die Unterlagen als „ZIP-Datei“ mit den darin enthaltenen Eignungskriterien herunterladen können. Dies stelle einen umständlichen Weg dar, der weder dem Wortlaut, noch dem Sinn und Zweck der Vorschriften entspreche. Eine derartige Linksetzung sei mit der Vorgabe „Aufführen der Kriterien in der Auftragsbekanntmachung“ nicht mehr vereinbar; auch sei eine schnelle Information durch diese Form der Verlinkung der Antragsgegnerin nicht möglich.

Zulässigkeit eines Direktlinks auf Formblatt-pdf

Die Vergabekammer Nordbayern (Beschluss vom 09.04.2018, RMF-SG 21-3194-3-5) vertrat die Auffassung, dass ein Direktlink unter I.3) der Auftragsbekanntmachung genügt, die Eignungskriterien wirksam bekanntzumachen. Entscheidend sei, dass ein Bieter, der die Bekanntmachung durchsieht, ohne Mitwirkung der Vergabestelle sowohl Kenntnis von den Eignungskriterien als auch von den vorzulegenden Unterlagen, mit denen die Eignung zu belegen ist, nehmen könne (unter Verweis auf die schon zur früheren Rechtslage ergangenen Entscheidungen der VK Südbayern, Beschluss vom 10.09.2013, Z3 3-3194-1-22-08/13 u. Vergabekammer Südbayern, Beschluss vom 15. September 2017 – Z3-3-3194-1-30-06/17).

Öffnete im konkreten Vergabeverfahren ein interessierter Wirtschaftsteilnehmer den Link unter I.3 der Auftragsbekanntmachung, zeigte sich unter anderem sofort sichtbar ein PDF-Symbol mit der Bezeichnung „124 Bekanntmachung zur Eignung …“. Bei diesem PDF-Dokument handelt es sich um das Formblatt 124 (Eigenerklärung zur Eignung für nicht präqualifizierte Unternehmen) des Vergabehandbuchs Bayern (VHB). Es war somit in dem entschiedenen Fall gewährleistet, dass der Bieter ohne weiteres an das Formblatt 124 VHB mit den geforderten Eignungskriterien und Nachweisen gelangte. Jeder Bieter konnte auf einen Blick erkennen, ob er als potentiell geeigneter Wettbewerbsteilnehmer in Betracht komme.

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Bekanntmachung durch Link auch nach mehreren Klicks zulässig?

In einer kürzlich veröffentlichten, aber zeitlich vor dem o.g. Beschluss des OLG München liegenden Entscheidung hat sich der Vergabesenat bei dem OLG Dresden in dem eingangs zitierten Beschluss ebenfalls mit der Frage der Verlinkung von Eignungskriterien befasst. Im Kern hat er entschieden:

  • Eignungskriterien sind ordnungsgemäß bekannt gemacht, wenn die Auftragsbekanntmachung einen konkreten Link enthält, mit dem am Auftrag interessierte Unternehmen durch bloßes Anklicken zu einem Formblatt gelangen, aus dem sich die Eignungsanforderungen ergeben.
  • Dabei ist es nicht entscheidend, ob der Zugang einen Klick oder mehrere erfordert, auch die notwendige Anmeldung eines interessierten Unternehmens auf einer Internetplattform stellt kein vergaberechtliche relevantes Hindernis dar.

Im Einzelnen führte der Senat aus: Eignungskriterien seien gemäß § 122 Abs. 4 Satz 2 GWB in der Auftragsbekanntmachung, der Vorinformation oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung aufzuführen. Das schließe es aus, Bieter zur Kenntnisnahme der Eignungsanforderungen auf die Vergabe- oder Auftragsunterlagen als Ganzes zu verweisen; dabei sei unerheblich, ob diese Unterlagen in Papierform zur Verfügung stehen oder über einen Link nur elektronisch zugänglich seien. Denn der potenzielle Bieter solle nicht erst die gesamten Vergabeunterlagen sichten müssen, um sich die Eignungsanforderungen und die zu erbringenden Nachweise zu erschließen.

Ausdrücklich hat sich der Vergabesenat dabei auf den oben zitierten Beschluss des OLG Düsseldorf (Beschluss vom 11.07.2018) bezogen, wonach es Bietern nicht zumutbar sei, gegebenenfalls umfangreiche Unterlagen durcharbeiten zu müssen, um festzustellen, ob das in Rede stehende Beschaffungsvorhaben dem eigenen Eignungsprofil entspreche.

Das schließe aber eine konkrete Verlinkung auf ein elektronisch ohne Weiteres zugängliches Dokument, aus dem sich die Eignungsanforderungen ergeben, nicht von vornherein aus; gerade aus der vorgenannten Entscheidung des OLG Düsseldorf ergebe sich vielmehr das Gegenteil. Denn dort werde ausdrücklich am Ergebnis eines früheren Beschlusses (OLG Düsseldorf vom 16.11.2011, VII-Verg 60/11) festgestellt, dass die Verlinkung eines Formblatts zulässig sei (zustimmend u.a. Opitz in: Beckscher Vergaberechtskommentar, 3. Aufl. 2017, § 122 GWB Rdn. 98). Auch das OLG München (Beschluss vom 27.07.2018, Verg 02/18, Vergaberecht 2019, 70, 77) schließe eine Verlinkung, zumindest wenn sie unmittelbar zu den Eignungskriterien und den in diesem Zusammenhang vorzulegenden Unterlagen führe, nicht von vornherein aus. Die Bekanntgabe der Eignungskriterien müsse gleichwohl transparent sein; letztere dürfen sich nicht an versteckten oder missverständlich bezeichneten Stellen befinden.

Der Senat sah sich an dieser Beurteilung nicht durch divergierende Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte oder des Bundesgerichtshofs gehindert, die Anlass zu einer Vorlage gemäß § 179 Abs. 2 GWB an den Bundesgerichtshof geben müssten.

Nach Ansicht des Vergabesenats Dresden scheide der o.g. Beschluss des OLG München in diesem Zusammenhang von vornherein aus, weil dort die Frage der Verlinkung von Eignungskriterien offen gelassen wurde; immerhin habe auch das OLG München die Möglichkeit einer zu einem konkreten Dokument führenden Verlinkung in Betracht gezogen.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der o.g. Rechtsprechung des OLG Düsseldorf. Auch dort werde nicht jedwede Verlinkung für unzulässig erklärt, sondern lediglich der pauschale Verweis auf die elektronisch zugänglichen Vergabe- oder Auftragsunterlagen als Ganzes. Einen konkreten Link, mit dem am Auftrag interessierte Unternehmen durch bloßes Anklicken zu einem Formblatt gelangen konnten, aus dem sich die (alle) Eignungsanforderungen ergaben, habe das OLG Düsseldorf hingegen als Mittel der ordnungsgemäßen Bekanntmachung für ausreichend erachtet. Dabei hielt es der Senat nicht für entscheidend, ob der Zugang zu dem konkreten Dokument mit den Eignungsanforderungen einen Klick oder deren mehrere erfordere; auch die notwendige Anmeldung des Interessenten auf einer Internetplattform mittels Benutzernamen und Passwort stelle kein vergaberechtlich relevantes Hindernis dar, solange nur der Text gemäß § 122 Abs. 4 Satz 2 GWB selbst das elektronische Dokument konkret bezeichne, das die bekannt zu machenden Informationen enthalte.

Quintessenz

Nach dem OLG Düsseldorf hat nunmehr auch das OLG Dresden festgestellt, dass eine bloße Verlinkung hinsichtlich der Eignungskriterien zulässig ist. Allerdings ist zu fordern, dass der Link direkt zu dem jeweiligen Dokument führt.

Dass es nach Ansicht des OLG Dresden allerdings unerheblich sein soll, ob dies einen oder mehrere Klicks erfordern dürfe, erscheint fraglich. Schließlich erfordert jeder Klick eine Auswahl des entsprechenden Feldes und zeugt mithin von einem verzweigten Weg hin zu dem Dokument. Dies mag bei einer Verlinkung auf die Vergabeunterlagen noch tolerabel sein, wenn dort eine Datei „Eignungskriterien“ hinterlegt ist, die entsprechend angeklickt werden muss. Weitere Zwischenschritte scheinen sich von der gesetzlich geforderten Bekanntmachung immer weiter zu entfernen. Noch kritischer ist zu sehen, wenn vorab eine Registrierung und Anmeldung auf einer Vergabeplattform erforderlich wird. Jedenfalls bei Verfahren mit öffentlicher Bekanntmachung scheint dies mit Blick auf § 41 Abs. 1 VgV fast evident unzulässig.

Es bleibt abzuwarten, wie andere Gerichte die Frage der Mehrfachklicks bewerten.

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