Pünktlich zum Jahresbeginn möchten wir Ihnen einen Ausblick auf das „Vergabejahr 2019“ geben. Wie bereits in unserem Weihnachtsgruß angesprochen, sind wir sicher, dass im kommenden Jahr der Trend zur Digitalisierung in der öffentlichen Hand weiter an Fahrt gewinnen wird. Für das öffentliche Auftragswesen bzw. öffentliche Auftraggeber ergeben sich hieraus neue Herausforderungen, wie etwa im Hinblick auf die E-Rechnung sowie die Umsetzung des Online-Zugangsgesetzes, die sich unmittelbar auf die E-Vergabe und für öffentliche Auftraggeber auswirken werden. Daher haben wir unseren diesjährigen Jahresausblick für Vergabestellen thematisch etwas weiter gefasst.
Vorab wünsche ich allen Lesern unseres Blogs, auch im Namen unserer Teams, ein frohes, gesundes und erfolgreiches Jahr 2019!
Ihr
Carsten Klipstein
01.01. – E-Vergabe in der Unterschwelle, neuer Mindestlohn, Einführung der UVgO in Brandenburg u.v.m.
Pflicht zur E-Vergabe im Unterschwellenbereich
Für Auftraggeber des Bundes sowie alle Vergabestellen, die die UVgO ohne entsprechende (z.B. landesspezifische) Ausnahmeregelungen anwenden, gilt gem. § 38 Abs. 2 UVgO, dass ab dem 01. Januar 2019 die Einreichung von Teilnahmeanträgen und Angeboten in Textform nach § 126b des Bürgerlichen Gesetzbuchs mithilfe elektronischer Mittel gemäß § 7 UVgO zugelassen werden muss. Dasselbe gilt auch für die sonstige Kommunikation nach § 7 UVgO.
Mindestlohn steigt zum 01. Januar auf 9,19 EUR
Gemäß Mindestlohngesetz (MiLoG) ist der Entgeltsatz alle zwei Jahre neu festzulegen. Nachdem die Bundesregierung einem Vorschlag der Mindestlohn-Kommission gefolgt ist und das Bundeskabinett die Erhöhung beschlossen hat, wird der Mindestlohn in zwei Stufen ansteigen. Von zunächst 8,84 Euro erfolgt ab Januar 2019 ein Anstieg um ca. 3,9% auf 9,19 Euro. Ein Jahr später, zum 01. Januar 2020, ist ein weiterer Anstieg um ca. 1,7% auf 9,35 Euro vorgesehen.
Der Mindestlohn gilt, soweit nicht aufgrund spezialgesetzlicher Vorgaben (wie etwa Landesvergabegesetzen) höhere Mindestlöhne vorgegeben sind.
Einführung der UVgO für Landesbehörden in Brandenburg
Nachdem mit der Änderung der Kommunalen Haushalts- und Kassenverordnung (KomHKV) die UVgO für die Kommunen in Brandenburg bereits zum 01. Mai 2018 in Kraft getreten ist, hat das Land die UVgO für Landesbehörden mit der Neufassung der Verwaltungsvorschriften zu § 55 LHO zum 01. Januar in Kraft gesetzt. Einen Überblick über die Änderungen finden Sie in folgendem Beitrag unseres Blogs.
Einführung der UVgO in Mecklenburg-Vorpommern
Durch die Anpassung des Vergabegesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern traten einige Änderungen bereits Ende Juli 2018 in Kraft. Die UVgO wird am 01.01.2019 eingeführt. Gemäß der Übergangsregelung in § 2 VgV M-V ist die UVgO ab dem 01. Januar anzuwenden. Die Regelung gilt für Land und Kommunen sowie sonstige juristische Personen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes oder des Landrates als untere staatliche Verwaltungsbehörde unterstehen.
Neue Veröffentlichungstermine des Amtsblatt S der EU
Zwar sind die im Rahmen des Amtsblatt S der EU veröffentlichten Bekanntmachungen inzwischen ausschließlich elektronisch über die Datenbank TED recherchierbar, die Veröffentlichung erfolgt aber noch immer gebündelt in Form von (elektronischen) „Ausgaben“. Erschienen die Ausgaben bislang täglich zwischen Dienstag und Samstag, werden sie ab dem 01. Januar montags bis freitags jeweils um 9 Uhr auf TED veröffentlicht.
Februar/März 2019 – Neues Vergabegesetz Schleswig-Holstein und Einführung der UVgO
Nachdem bereits im März letzten Jahres die Landesregierung Schleswig-Holstein einen Entwurf für das neue Vergabegesetz Schleswig-Holstein (VGSH) und damit auch die Einführung der UVgO vorgelegt hat, nehmen die Beratungen im Landtag Fahrt auf. Das Gesetz soll das Tariftreue- und Vergabegesetz Schleswig-Holstein vom 31. Mai 2013 ersetzen.
Mit einem Inkrafttreten wird aktuell für Februar/März gerechnet.
April 2019 – Abschaltung des eEEE-Dienstes der EU-Kommission
Die Europäische Kommission stellt für Beschaffer und Bieter, die eine Einheitliche Europäische Eigenerklärung (EEE) elektronisch ausfüllen möchten, einen kostenfreien Dienst zur Verfügung. Laut eigenen Angaben der Kommission wurde dieser Übergangsdienst zur Erleichterung der Einführung der EEE eingerichtet und sollte die EU-Mitgliedstaaten bis zum Aufbau ihrer eigenen EEE-Dienste unterstützen. Der Dienst der Kommission soll nun im April 2019 abgeschaltet werden.
In diesem Zusammenhang hat die Generaldirektion Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU (DG GROW) die Weiterentwicklung der technischen EEE-Spezifikation an das Amt für Veröffentlichungen der EU übergeben.
Da bis heute noch keine etablierte und praxistaugliche deutsche Lösung besteht, die den Dienst ersetzen könnte, bleibt abzuwarten, ob bzw. inwieweit sich die bislang eher schleppende Nutzung in der deutschen Vergabepraxis kurz- und mittelfristig entwickelt. Da sich die EEE in anderen EU-Mitgliedstaaten bereits durchgesetzt hat und dort zum Teil auch im Unterschwellenbereich zum Einsatz kommt, wird zumindest langfristig auch mit einer verstärkten Nutzung in Deutschland zu rechnen sein.
Juni 2019 – EU-Formulare: Neuer Schnittstellen-Standard und neue Formulare
Für Juni ist der Beginn der Übergangsphase zur verpflichtenden Nutzung der neuen Schnittstellen-Standards der EU angekündigt. Was mehr als ein Hinweis an die Lösungsanbieter im Bereich der E-Vergabe klingt, wird auch Auswirkungen auf die Vergabestellen haben, nicht nur, weil zudem auch neue Formulare angekündigt wurden.
Einmal im Jahr lädt das Amt für Veröffentlichungen der EU Lösungsanbieter aus ganz Europa, die über eine zertifizierte Schnittstelle zu SIMAP verfügen, zum sog. „eSenderMeeting“ ein. Während kleinere Änderungen an den Vorgaben für die Schnittstelle laufend vorgegeben werden, wurde auf dem letzten Treffen im November 2018 für Juni ein sogenanntes „Major Release“ der technischen EU-Schemata (TED XML Schemata) und somit der EU-Schnittstelle angekündigt. Avisiert wurde dieses – ursprünglich bereits für 2018 geplante – Update nun für Juni 2019. Vorgesehen ist eine relativ kurze Übergangsphase, in der von der EU sowohl noch die alten, als auch bereits die neuen Formate entgegengenommen werden.
Viele der angekündigten Neuerungen betreffen technische Erweiterungen zur Abbildung und Übermittlung von Bekanntmachungsinformationen über die EU-Schnittstelle. Einige Änderungen werden sich allerdings auch bis in das „Frontend“ von Vergabemarkplatz bzw. Vergabemanagementsystem – und damit bis zur Eingabe von Daten durch die Vergabestellen – auswirken. So ist beispielsweise absehbar, dass sich insb. für die noch nach den alten Strukturen aufgebauten Formulare im Bereich Verteidigung und Sicherheit (VSVgV) wesentliche Änderungen ergeben werden.
Die anstehenden Änderungen werden wir Ihnen in den kommenden Wochen in einem gesonderten Beitrag in unserem Blog vorstellen.
Juni/Juli 2019 – Einführung der UVgO in Thüringen
Nachdem im Herbst das Landeskabinett des Freistaats die Novellierung des Thüringer Vergabegesetzes (ThürVgG) beschlossen hat, wird mit einem Inkrafttreten und damit auch der Einführung der UVgO für Land und Kommunen im Frühsommer gerechnet.
Einen Überblick über die Eckpunkte des Gesetzesentwurfes finden Sie hier.
23.09.2019 – Frist für Barrierefreiheit von Web-Angeboten öffentlicher Auftraggeber
Die 2016 veröffentlichte EU-Richtlinie über den barrierefreien Zugang zu Webangeboten öffentlicher Stellen – für den Bund bereits seit Juli im Rahmen eines Artikel-Gesetzes 1 postuliert – schreibt der öffentlichen Hand nicht nur die barrierefreie Ausgestaltung ihrer Internet-Angebote, sondern auch etwaiger Apps für mobile Endgeräte vor.
Für öffentliche Auftraggeber sind diese Vorgaben deshalb so wichtig, da sich die Verpflichtungen nicht nur an Bund, Länder und Kommunen richten, sondern an alle öffentlichen Auftraggeber im Sinne der klassischen EU-Vergaberichtlinie. Webauftritte, die ab dem 23. September 2018 veröffentlicht wurden, müssen spätestens zum 23. September 2019 im Sinne der Barrierefreiheit nach Maßgabe der EU-Richtlinie zugänglich gestaltet sein. Gleiches gilt für Intranet- und Extranet-Angebote öffentlicher Auftraggeber.
31.10.2019 – Reformationstag nicht vergessen!
Nachdem im Lutherjahr 2017 der Reformationstag in ganz Deutschland Feiertag war, haben die norddeutschen Bundesländer Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein den 31.10. bereits 2018 zum gesetzlichen Feiertag gemacht. Gerade mit Blick auf die langfristige Ermittlung von Fristabläufen sollte in den betroffenen Bundesländern der neue Feiertag im Hinterkopf behalten werden.
27.11.2019 – Pflicht zur Entgegennahme von E-Rechnungen
Nachdem von Bundesbehörden gemäß den Vorgaben der E-Rechnungsrichtlinie (2014/55/EU) sowie deren Umsetzung in das deutsche E-Government-Gesetz (EGovG) des Bundes bereits seit dem 27. November 2018 elektronische Rechnungen entgegengenommen werden müssen, tritt die Verpflichtung zur Anwendung des § 4a EGovG für subzentrale öffentliche Auftraggeber, für Sektorenauftraggeber sowie für Konzessionsgeber des Bundes erst ab dem 27. November 2019 in Kraft. Konkretisiert wurde die Vorgabe durch die E-Rechnungs-Verordnung (E-Rech-VO).
Die Pflicht zur ausschließlich elektronischen Übermittlung bzw. Annahme und Verwendung elektronischer Rechnungen tritt erst ein Jahr später, am 27. November 2020, in Kraft (§ 11 Abs. 3 Rech-VO).
Für die Bundesländer und Kommunen kann es zu abweichenden Fristvorgaben für die verpflichtende Entgegennahme elektronischer Rechnungen kommen. Aus der EU-Richtlinie selbst ergibt sich für die Umsetzung – nunmehr noch durch die Bundesländer – dass die Vorgaben zur Verpflichtung für den Empfang und die Verarbeitung elektronischer Rechnungen gem. Art. 7 der Richtlinie (2014/55/EU) erst (spätestens) 30 Monate nach Veröffentlichung der Fundstelle der europäischen Norm im Amtsblatt der Europäischen Union anzuwenden sind. Fristbeginn ist damit nicht wie üblich der Zeitpunkt der Veröffentlichung der Richtlinie, sondern der Norm. Diese europäische Norm selbst ist seit Ende Juni 2017 veröffentlicht. Die für den Fristbeginn allerdings maßgebliche Veröffentlichung der Fundstelle im Amtsblatt der EU erfolgte am 17.10.2017. Nähere Informationen zur E-Rechnungsverordnung des Bundes finden Sie unter diesem Link.
2019/202? Vergabestatistikverordnung
Mit Blick darauf, dass die Vergabestatistikverordnung (VergStatVO) vor Inkrafttreten der neuen Meldepflichten für Vergabestellen dem Vernehmen nach noch geändert werden soll und bislang auch den Anbietern noch kein Entwurf einer Schnittstellenbeschreibung vorliegt, scheint aus heutiger Sicht unwahrscheinlich, dass mit einem Start und einer ersten Datenübermittlung nach Maßgabe der VergStatVO noch in diesem Jahr zu rechnen ist.
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