Das Thüringer Landeskabinett hat die Novellierung des Thüringer Vergabegesetzes (ThürVgG) beschlossen. Mit der für Frühsommer 2019 geplanten Gesetzesänderung erhält die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) Einzug ins Landesrecht des Freistaats. Wie bereits bei der Einführung der UVgO in Mecklenburg-Vorpommern geht auch die Landesregierung in Erfurt über den Rahmen der UVgO hinaus und setzt auf eine stärkere Berücksichtigung ökologischer und sozialer Ziele im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe.

In Zukunft sollen auch der Anteil sozialversicherungspflichtig beschäftigter Arbeitnehmer, die Einbeziehung von Auszubildenden, die ökologische und soziale Verträglichkeit der verwendeten Produkte einschließlich ihrer Herkunft und Produktion sowie Gleichberechtigungsaspekte noch größere Bedeutung erlangen, wenn sie in sachlichem Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen und bei der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen veröffentlicht worden sind.

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Ihre Berücksichtigung wirkt sich auf alle relevanten Phasen des Vergabeverfahrens aus, d.h. sowohl bei der Definition des Auftragsgegenstandes (nach § 5 ThürVgG), etwaigen technischen Spezifikationen (i.S. des § 6 ThürVgG) als auch bei der Auswahl der Bieter und Zuschlagserteilung (§§ 7 und 8 ThürVgG) sowie der Angabe der Bedingungen für die Auftragsausführung (§ 9 ThürVgG).

Ausbau der Bonusregelung für ökologische und soziale Kriterien

Neben dem Ausbau der Berücksichtigung ökologischer und sozialer Kriterien ist vorgesehen, die bisherige Bonusregelung des § 13 ThürVgG, nach der bei wirtschaftlicher Gleichwertigkeit mehrerer Angebote dem Angebot der Zuschlag erteilt werden darf, das bessere Ausprägungen hinsichtlich bestimmter sozialer Kriterien aufweist, in eine verpflichtend anzuwendende Vorgabe umzuwandeln.

Ein Novum ist, dass die hierfür heranziehbaren Kriterien nunmehr nicht nur solche sein können, die auftragsbezogen sind, sondern auch solche sein sollen, die rein unternehmensbezogen sind bzw. in der Betriebsstruktur des Bieters liegen. Derartige Maßnahmen können insbesondere sein:

  1. die bestehende Tarifbindung,
  2. der Anteil sozialversicherungspflichtig beschäftigter Arbeitnehmer,
  3. Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern im Beruf und zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf,
  4. die Beteiligung an der beruflichen Erstausbildung,
  5. die Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen oder schwerbehinderten Menschen,
  6. Maßnahmen zur Förderung der Energieeffizienz oder anderer ökologischer Ziele.

Einzelne oder mehrere der vorgenannten Maßnahmen sind in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen anzugeben.

Weitere Neuerungen

Des Weiteren hat das Kabinett mit dem vom Wirtschaftsministerium vorgelegten Referentenentwurf auch Maßnahmen zum Bürokratieabbau, zur Vereinfachung von Ausschreibungsverfahren sowie Maßnahmen zur Verbesserung des Arbeitnehmer- und Bieterrechtsschutzes auf den Weg gebracht:

Für Bieter soll die Teilnahme an Vergabeverfahren insbesondere dadurch erleichtert werden, dass auf eine Vorlage der Eignungsnachweise verzichtet wird, wenn der Bieter diese innerhalb des letzten Jahres bereits einmal vorgelegt hat. Nachweise nach §§ 10-12, 15, 17, 18 ThürVgG sind dann nur noch vom bezuschlagten Bieter zu erbringen (Bestbieterprinzip). Zudem ist geplant, dass im Zuge der Einführung der UVgO die E-Vergabe ab dem 01.01.2020 auch im Unterschwellenbereich zur Anwendung kommt, was die Kommunikation zwischen Auftraggebern und Bietern weiter erleichtert. Durch die Übernahme der Regelung des § 14 UVgO erhöht sich die Wertgrenze für den Direktkauf bei Leistungen (außer Bau) von 500 auf 1.000 Euro. Im Hinblick auf Veröffentlichungspflichten ist vorgesehen, Vergabestellen zudem durch die Abschaffung der Pflicht zur Veröffentlichung der Bekanntmachungen im Thüringer Staatsanzeiger zu entlasten.

In Bezug auf den Arbeitnehmerschutz ist gemäß Entwurf sicherzustellen, dass der bezuschlagte Bieter seinen Arbeitnehmern einen Mindestlohn i.H.v. 9,54 Euro brutto zahlt oder entsprechende tarifvertragliche Entgelte vorliegen, sodass in jedem Fall ein paritätisch ausgehandeltes Entgelt gezahlt wird, welches überdies auch auf ggf. beschäftigte Leiharbeiter sowie auf beauftragte nachgelagerte Unternehmen anzuwenden ist.

Verschärfung des Unterschwellenrechtsschutzes

Die ohnehin bestehende Sonderstellung des ThürVgG im Hinblick auf den Rechtsschutz für den Bereich der Unterschwellenvergaben nach Maßgabe des § 19 ThürVgG soll noch weiter verschärft werden.

So soll nunmehr ausdrücklich vorgesehen werden, dass ein öffentlicher Auftrag von Anfang an unwirksam ist, wenn der Auftraggeber gegen die Pflicht zur Information unterlegener Bieter verstößt oder den Zuschlag vor Ablauf der Entscheidungsfrist der Vergabekammer erteilt.