Die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien bei Öffentlichen Aufträgen steht seit einer Dekade auf der Agenda der EU.
Mit der Novelle des Vergaberechts wurden auch im deutschen Vergaberecht über die bestehenden landesrechtlichen Regelungen hinaus die Vorgaben der EU zur umweltfreundlichen und sozial verträglichen Beschaffung umgesetzt und zum Teil bereits bestehende Regelungen verschärft.
Auch wenn es politisch sinnvoll ist, haben die neuen und erweiterten Vorgaben das Leben öffentlicher Beschaffer jedenfalls nicht vereinfacht. Mit diesem Beitrag möchten wir – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – einige aus unserer Sicht hilfreiche Informationsangebote und kostenfreie Datenbanken für öffentliche Beschaffer vorstellen.
Verfolgt wird das erklärte Ziel, die erheblichen Beschaffungsvolumina öffentlicher Auftraggeber und damit auch deren Marktmacht zu nutzen, um die Bewerber (und mittelbar ggf. auch die Produzenten) zu einem nachhaltigeren Wirtschaften zu motivieren. Gleichwohl sollen unverändert die Gesetze des Marktes gelten: Belohnt werden die Markteilnehmer, die das nachhaltigste Angebot abgeben. Dadurch wird der Angebotspreis als Zuschlagskriterium zwar nicht abgeschafft, aber relativiert, denn Umwelt- und Sozialaspekte können als Eignungs- und Leistungskriterien ebenso eine Rolle spielen, wie die Lebenszykluskosten, die – neben den reinen Anschaffungskosten – auch die Betriebskosten und den Aufwand für die Verwertung oder Entsorgung des Produkts am Ende des Lebenszyklus umfassen. Was einige versöhnlich stimmen dürfte: Nachhaltig muss nicht unwirtschaftlich sein.
Die nachhaltige Beschaffung ist damit ein sehr komplexes Thema und für viele Vergabestellen eine Herausforderung. Wohl auch aus diesem Grund gibt es eine Vielzahl von Informationsangeboten im Internet.
Arbeitshilfen des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit sowie des Bundesumweltamts
Das Umweltbundesamt hat in einer Datenbank Umweltzeichen, Leitfäden und Empfehlungen zur umweltfreundlichen Beschaffung für über 60 Produktgruppen zusammengestellt. Zu den Produktgruppen werden relevante Umweltzeichen, Leitfäden und Empfehlungen sowie teilweise Kriterienkataloge zur Einbindung in Vergabeunterlagen angeboten.
Daneben bietet das Portal eine Reihe von Arbeitshilfen beispielsweise zur Berechnung von Lebenszykluskosten sowie Praxisbeispiele aus konkreten Vergabeverfahren an.
Das Informationsportal Nachhaltiges Bauen ist eine Internetplattform des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, auf der breit gefächert Informationen zum nachhaltigen Bauen zur Verfügung gestellt werden. Zu den angebotenen Informationen zählen neben allgemeinen Erläuterungen und Hinweisen insbesondere die Leitfäden und Arbeitshilfen des Bundes, Angaben zum Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen sowie umfangreiche Datengrundlagen zur Nachhaltigkeitsbewertung.
Green Public Procurement (GPP)
Unter diesem Stichwort veröffentlicht die EU Schulungsunterlagen und Leitfäden zur Beschaffung umweltfreundlicher Produkte, die regelmäßig aktualisiert werden. Bisher wurden Kriterien für 21 Produkt- und Dienstleistungsgruppen ausgearbeitet, die für die Durchführung des umweltorientierten Beschaffungswesens als besonders geeignet betrachtet wurden. Die Kriterien basieren auf bestehenden europäischen und nationalen Kriterien für Umweltzeichen sowie auf Informationen der Interessenvertreter aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft.
Eine Expertengruppe aus Vertretern der Mitgliedstaaten, die auf dem Gebiet der umweltorientierten Beschaffung tätig ist, arbeitet bei der Aufstellung der Kriterien eng mit den Dienststellen der EU zusammen. Auf diese Weise wird die dynamische Weiterentwicklung der Kriterien bei gleichzeitiger inhaltlicher Harmonisierung erreicht. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich die GPP-Kriterien in zahlreichen Vergabegrundlagen europäischer und nationaler Umweltzeichen wiederfinden – und vice versa.
Die Kriterienkataloge wurden mit dem Anspruch entwickelt, praxistaugliche, rechtssichere und verifizierbare Formulierungsvorschläge für Ausschreibungsunterlagen bereitzustellen. Dabei wird zwischen Kernkriterien und erweiterten Kriterien unterschieden, sodass Vergabestellen das Anspruchsniveau der Umweltkriterien variieren können.
Wie der Name der Initiative bereits andeutet, werden nur Umweltaspekte in den Kriterien berücksichtigt. Soziale Nachhaltigkeitskriterien finden hierbei keine Beachtung.
Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung
Dem Beschaffungsamt des Bundes ist die Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung angegliedert. Ihre Aufgabe besteht unter anderem in der Erstellung und dem Betrieb einer Informationsplattform, die sich als das zentrale Portal für die nachhaltige Beschaffung öffentlicher Auftraggeber versteht und Gesetze, Regelungen, Leitfäden und Beispiele aus Bund, Ländern und Kommunen enthält. Die Unterlagen werden erstmals gemeinsam von Bundesressorts, Ländern und Kommunen auf einem Portal zur Verfügung gestellt.
Das Portal entwickelt sich zur umfangreichsten Informationssammlung zur nachhaltigen Öffentlichen Beschaffung im deutschsprachigen Raum.
Kompass Nachhaltigkeit
Um Praktiker bei der Umsetzung einer nachhaltigeren Beschaffung zu unterstützen, wurde im Jahr 2010 der Kompass Nachhaltigkeit ins Leben gerufen. Die Informationsplattform soll Beschaffungsverantwortliche unterstützen und motivieren, soziale und ökologische Belange stärker in ihrem Einkauf zu berücksichtigen.
Im Rahmen einer Überarbeitung im Jahr 2014 wurde die Seite um einen kommunalen Service, den „Kommunalen Kompass“, ergänzt. Dieser orientiert sich an den besonderen Bedarfen kommunaler Beschaffer und Beschafferinnen und stellt bundeslandspezifische Informationen und Praxisbeispiele bereit. Ferner bietet der Kommunale Kompass eine Produktsuche nach CPV-Systematik für fünf Produktbereiche an:
- Bekleidung und Textilien
- Papier
- Computer
- Lebensmittel
- Holz und Holzprodukte
Dargestellt werden jeweils die relevanten Nachhaltigkeitsaspekte im Lebenszyklus des Produkts, die wesentlichen Umweltsiegel sowie Formulierungsvorschläge, die in den einzelnen Phasen des Beschaffungsprozesses verwendet werden können.
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